Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
bemerkbar machen, die Tür würde von drüben her geöffnet werden, und er würde über sich selbst und seine irrationale Reaktion lachen. Und sich schämen, dass der B aron ihn auslachte.
„Hallo!“
Er klopfte an die Tür.
„Hallooo!“
Seine Stimme klang erregt, und der leicht zittrige Klang der latenten Panik verstärkte das bewusste Unwohlsein.
Das ist absurd. Mach dich nicht lächerlich. Selbst wenn diese Tür schalldicht war, würde der Baron sie öffnen, denn das würde sein erster Gedanke sein, wenn er eintrat und ihn nicht vo rfand. Man würde ihn suchen und finden. Keine Panik.
Es half nichts. Die Finsternis war stärker als der Verstand. Ohne sich dessen bewusst zu sein, tastete er um den Türstock herum an der Wand entlang auf der Suche nach einem Lichtscha lter. Die Unschlüssigkeit, ob er den Kerzenleuchter auf den Boden stellen sollte, um die Hände freizubekommen, oder ob er ihn als Waffe behalten sollte, machte ihn schier verrückt. Der eiskalte Luftzug umwehte ihn immer noch, obwohl die Tür nun geschlossen war. Der modrige Hauch schien aus dem Nichts zu kommen.
„Hallooooo!“
Auf einmal – da war es wieder! Das Gefühl, nicht allein im Raum zu sein. Doch diesmal konnte er sich nicht um die eigene Achse drehen, seine Augen benutzen, um sich zu versichern, dass seine Sinne ihm einen Streich spielten. Rings um ihn, von allen Seiten her konnte es sein, dass er beobachtet wurde. Das war keine Einbildung. Irgendetwas war da. Er spürte es mit Haut und Haaren bei geschlossenen Augen.
Auf einmal war das vielstimmige Wispern wieder da.
Er drehte sich von der Tür weg und in den Raum hinein. Sein Sichtfeld blieb schwarz, aber es war ihm wohler, die Wand als Schutz im Rücken zu haben.
Er begann, Dinge zu sehen. Was für Dinge? Gestaltlose Schemen, schwarze Schatten vor schwarzem Hintergrund, Schlieren, die durcheinander waberten. Ganz ruhig, meine Augen spielen mir einen Streich.
Das sind nicht die Augen. Ich bin nicht allein!
Er versuchte, langsamer und flacher zu atmen, sich darauf zu besi nnen, was es war, das ihm so Angst machte, um die Angst zu rationalisieren und ihr den Nährboden zu nehmen. Die Angst vor Isolation, das war es. Das hatte nichts mit etwas Unheimlichem zu tun. Es war die fest in den Genen steckende Angst des Urmenschen, im Dunkeln von einem Raubtier belauert zu werden. Es war die Angst, von der Horde abgeschnitten und völlig allein auf der Welt zu sein. Allein in einer fremden Welt. Keine Rückkehr in die vertraute Welt möglich.
Siehst du: irrational. Es gibt hier keine Horde, von der du abgeschnitten bist, und es gibt keine Raubtiere. Dir kann nichts passieren. Alles, was du tun musst, ist ganz ruhig zu warten, bis der Baron die Tür öffnet und dich hier herauslässt.
Falsch, er konnte sogar noch mehr tun. Er konnte sich durch den Raum tasten auf der Suche nach anderen Türen.
War das vernünftig?
Wie eine Welle, als hätte jemand einen Schalter in ihm gedrückt, wurde die Angst plötzlich übermächtig. Ganz deutlich sah er vor sich einen hellen Schemen aufleuchten, eine menschliche Gestalt sich aus der Dunkelheit lösen, eine Frauengestalt, die ihm zugewandt war. Es war das bleiche Mädchen mit dem langen Hals, das er von seinem Computerausdruck kannte. Das Mädchen mit den hohlen Augen, den üppigen schwarzen Haaren, dem bleichen Nachtgewand. Sie schwebte in der Luft, starrte ihn an und schien sich in seine Richtung zu bewegen.
Ausgeschlossen, das ist Einbildung. Reines Nervenflattern.
Oder?
Was soll überhaupt die Angst? Bist du nicht hier, um genau sie zu finden? Sei ehrlich, du hast gar nicht damit gerechnet, dass es sie gibt. Warum aber bist du dann hier?
Etwas war anders. Im Gegensatz zu dem Screenshot war diese Gestalt ihm nur zugewandt, aber starrte ihn nicht an. Sie schwebte nur in seine Richtung, aber nicht wirklich auf ihn zu. Er drückte sich von ihr davon an der Wand entlang, und sie merkte es nicht. Sie schien auf etwas fixiert, das neben der Tür lag. Konnte auch die Tür selbst sein. In dieser verfluchten Schwärze gab es nichts Gegenständliches, nicht mal ihn selbst – nur die Geisterfrau. Und obwohl von ihr ein mattes Leuchten auszugehen schien, wurde der Raum davon nicht erleuchtet.
„Bitte, lasst mich nicht sterben.“
Ganz deutlich war ihre wispernde Stimme zu hören. Sie drang aus ihrem Mund, echote leise durch den Raum, brach sich und schien von überall zu kommen.
Sie war hier eingesperrt, und man ließ sie verhungern. Aber
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