Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
Notebook strahlend entgegen.
„Wie ist es mit Recherchen?“
„Sie können sich frei auf dem Gelände bewegen und sich alles anschauen. Fragen können wir dann gebündelt beim Essenfassen abhandeln. Alles klar?“
„Alles klar.“
Es machte „Pling!“, als eine neue SMS von Cora eintraf.
Kapitel 7
„Was macht Dein Gemach?“
Völlig geschafft lag Benno kurz vor Mitternacht auf seinem Bett, einer Art Pritsche mit zerlöcherter Schaumgummi-Matratze, und hatte die kratzige, unbezogene Wolldecke um sich geschlungen. Neben ihm auf einem Hocker brannte eine weiße Wachskerze. Er hatte beschlossen, die Kerze brennen zu lassen, bis er einschlief. Kindisch eigentlich und nicht besonders sinnvoll. Denn wenn er irgendwann in der Nacht auf dem Gang nach dem Klo suchen müsste, dann brauchte er eine Kerze, die man noch anzünden konnte, und keinen heruntergebrannten Stummel.
Aber der Gedanke an die uralten Mauern rings um ihn, tonnenweise Ma uern und kilometerweise Gänge und Gewölbe mit Hunderten von abzweigenden Kammern, Sälen, Hallen und Verliesen, bereitete ihm Unbehagen. Er war ganz allein hier oben, auch Maurice wohnte in Trieffendorf. Er brauchte einfach das Kerzenlicht und die Verbindung mit Cora, um nicht von dem Gedanken übermannt zu werden, dass irgend etwas um seine Kammer schleichen, durch die Wände treten und ihn belauern würde, sobald er das Licht löschte und mit aufgerissenen Augen in die Finsternis starrte.
„Was macht Dein Gemach?“
Zum fünften Mal las er Coras SMS, ohne den Sinn des kurzen Satzes zu begreifen und antworten zu können. Er verstand sich selbst nicht mehr, wie er hier oben hatte einziehen können. Gegen dieses Dreckloch war sein Souterrain-Wohnklo zu Hause der reinste Palast. Daheim, in seinem Mietshaus, waren Menschen um ihn. Die ganze Nacht war Leben auf der Straße. Jederzeit konnte er vor die Tür gehen und mit jemandem reden.
Hier oben war er eingemauert, und jenseits der Mauern umringte ihn Wald, über drei Kilometer pechschwarze Wildnis, die ihn von jeglichem menschlichem Leben abschnitt. Jeder, der tag süber hier war, ging bei Feierabend und übernachtete unten in Trieffendorf. Und das hatte wohl seine Gründe.
Vor wenigen Stunden noch, bei Tageslicht, war er über das Ang ebot des Barons begeistert gewesen. Wohnen am Arbeitsplatz. Keine lästigen Wege, keine unnötigen Ausgaben.
Jetzt wünschte er sich weit weg.
„Was macht Dein Gemach?“
„Mein Gemach unterscheidet sich nur dadurch von einer Gefän gniszelle, dass die Tür nicht versperrt ist. Ansonsten: kein Fenster, keine Heizung, kein Komfort. Klo und Waschbecken 50 Meter über den zugigen Flur. Aber was mir wirklich fehlt, bist Du.“
Senden.
Benno schielte auf die Kerze. Brennen lassen oder nicht? Auf jeden Fall brennen lassen! Wenn er jetzt, vor dem Einschlafen, noch mal auf die Toilette ginge, dann würde er durchschlafen, hoffentlich, und die Kerze konnte ruhig niederbrennen.
Er gab sich einen Ruck, schälte sich aus der Decke, war froh, seine Klamotten anbehalten zu haben, als das kleine Wärmepo lster zwischen Decke und Körper sich in der feuchten Kälte des Gewölbes verflüchtigte, und angelte nach seinen Schuhen. Kaum zu glauben, wie kalt es hier selbst mitten im Sommer war.
Er knickte die Kerze von dem Untersetzer, auf dem sie mit Wachs verklebt gewesen war. Das Handy wollte er auch mitnehmen, besann sich, legte es auf die Pritsche, ging zur Tür, kehrte wieder um, nahm es doch und steckte es in die Hosent asche. Albern. Zum Klo waren es ein paar Schritte den Gang runter. Aber das Handy war seine einzige Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt. Konnte zumindest nicht schaden, es immer bei sich zu haben.
Mit einem Ruck zog er die Tür zum Gang auf. Zum Glück brannten in diesem Bereich die kleinen Kinosaal-Lämpchen am Boden. Aber die Köpfe der Ahnengalerie-Gemälde wirkten durch das schwache, von unten kommende Licht wie plastisch aus der Leinwand hervortr etend. Totengesichter mit lebenden Augen.
Das Unheimliche hier draußen war nicht das Stückchen Flur um ihn herum in Sichtweite, sondern der viel größere Teil, der im Dunkeln hinter der Biegung des Ganges lag. Selbst die kleine Gewölbekammer, in der Benno gerade noch gewesen war, erschien ihm jetzt wie unb ekanntes, feindliches Land. Jeder andere Raum in diesem gewaltigen Gemäuer war eine finstere Höhle, in der etwas lauern konnte. Ein Raubtier. Oder ein Gespenst. Oder Schlimmeres.
„Morgen ziehe ich wieder runter nach
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