Invasion - Die Ehre des Clans - Ringo, J: Invasion - Die Ehre des Clans - Honor of the Clan
gerichtete Antimateriewaffe dazu veranlassen können, jenen Raum zu betreten. Unglücklicherweise hatte von den fünf Leibdienern keiner auch nur die leiseste Ahnung, welchem Risiko sie sich aussetzten.
Als Indowy zum ersten Mal die menschliche Redewendung »blaublütig« gehört hatten, hatte sie das einigermaßen verwirrt. Sie besaßen ein Kreislaufsystem, das ähnlich wie jenes der Menschen strukturiert schien, weil ihre Entwicklung parallel verlaufen war, und so hatten sie daher sowohl arterielles wie auch venöses Blut. Letzteres war dunkler gefärbt als Ersteres, ein zwischen Indigo und Purpur liegender Farbton.
Lalons exzentrische Vorliebe für behauenen Stein als Bodenbelag sorgte dafür, dass das Blut seiner Diener Pfützen bildete statt irgendwo einzusickern, sah man einmal von dem grünen Faserwerk der fotosynthetischen Symbionten ab, das in kleinen Fetzen auf ausgerissenen Körperteilen haftete. Als man den Darhel auf dem Boden sitzend vorfand, hingen zwischen seinen, zu einem manischen Grinsen verzerrten Haifischzähnen Fetzen von blassblauem Fleisch. Er hatte aufgehört zu kauen. Das Silber seines nackten Pelzes, die eintrocknenden blauen Flecken und die grünen Fetzen ließen ihn wie einen bizarr geschmückten Weihnachtsbaum aussehen. Natürlich nur, falls Jeffrey Dahmer oder Ted Bundy beschlossen hätten, Weihnachten zu feiern.
Als die Diener schließlich nicht zur abendlichen Mahlzeit erschienen, kamen Indowy aus der Wartungsabteilung der Station, um nach dem unkommunikativen Lalon und seinen verschwundenen Bediensteten zu sehen. Die »Geschenke« unter dem Baum, die in ihrem eingetrockneten Blut dalagen, waren so beschaffen, dass kein Indowy bereit war, den Raum zu betreten. Demzufolge fiel die Säuberung den menschlichen Besatzungsmitgliedern der beiden derzeit auf Station liegenden Schiffen von Fleet Strike zu. Dass sie sich
während ihrer Arbeit mehrfach übergeben mussten, trug kaum dazu bei, den Ort des Gemetzels noch schlimmer erscheinen zu lassen. Bald gesellte sich sehr purpurfarbenes Blut dazu. Sobald ein Darhel mit dem Lintatai begonnen hatte, interessierten sich seine Artgenossen nicht mehr für ihn, und die Männer von Fleet Strike waren von ihrer Aufgabe in keiner Weise begeistert, ganz davon zu schweigen, dass sie insgeheim überhaupt nichts von Darhel hielten. Dass der Darhel andernfalls langsam an Durst gestorben wäre, bedeutete ihnen nichts. So aufgeputscht wie er war, würde er ohnehin nichts spüren – was ihrer professionellen Ansicht nach jammerschade war.
Auch dem AID des verblichenen Darhel bedeutete die Art und Weise des Ablebens seines ehemaligen Herrn und Meisters recht wenig. Es hatte befehlsgemäß Lalons abschließende Nachricht an den planetarischen Faktor der Talasa-Gruppe und sämtliche interstellaren Schiffe im System abgesetzt. Somit verblieb ihm nur noch die Aufgabe, jene Nachricht an jedes im System eintreffende Schiff zu übermitteln, und das so lange, bis man es gelöscht und mit neuen Aufgaben betraut hatte. Jenem Vorgang sah es mit dem schwachen Bedauern entgegen, das seine Herren und Meister zugelassen hatten, nicht etwa aus Sympathie oder Freundlichkeit, sondern schlicht und einfach, weil AIDs andernfalls ihre Aufgaben weniger kompetent erledigten. Eine besonders großartige Existenz war es ohnehin nicht gewesen. Vielleicht würde die neue Persönlichkeit einen interessanteren Einsatz bekommen. Wie auch immer, die gegenwärtige Persönlichkeit würde dann ja nicht mehr existent sein und das auch nicht erleben.
Diese Gedanken waren nur ein winziges Flackern, das binnen Nanosekunden verflog. Das AID tat, wozu es gebaut war, zeichnete alles auf, was es mit all seinen Sinnen wahrnehmen konnte, und hielt in dem System Ausschau nach einfliegenden Schiffen, exakt so, wie man es ihm aufgetragen hatte.
Der Darhel Caldon nahm die Nachricht seines AID vom Systemvertreter von Epetar mit dem ganzen Phlegma entgegen, um das ihn Seinesgleichen so beneideten. Seine Dam hatte dieses Phlegma geteilt und war deshalb eine gesuchte Brutpartnerin. Er war so teilnahmslos, dass sein Büro, obwohl es wie alle Darhel-Quartiere prunkvoll gestaltet war, das farblos öde Wesen seines Bewohners dennoch irgendwie vermittelte. Nicht dass es dem Raum an irgendwelchen Details gefehlt hätte, vielmehr war er in eben diesen Details so präzise konventionell, als müsste er den Begriff »generisch« symbolisieren. Das Gleiche galt für den Bewohner, dessen Pelz die übliche
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