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Irgendwann passiert alles von allein

Irgendwann passiert alles von allein

Titel: Irgendwann passiert alles von allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Mattheis
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alle folgen ihm.«
    |130| Ich rollte rauf, ich rollte runter. Ich mochte das sanft surrende Geräusch der Rollen auf dem Beton.
    »Schenz, er hat’s nicht so gemeint. Nimm’s ihm nicht übel. Er muss immer übertreiben. Ich glaube, man darf ihn manchmal nicht so ernst nehmen.«
    »Warum fahren wir nicht nach München ins Terminal? Ich muss Geld loswerden«, sagte er.
    »Weil sie uns da nicht reinlassen. Und wenn doch, müssen wir unsere Ausweise abgeben und um zwölf wieder raus.«
    »Wir können die Türsteher bestechen. Wir drücken denen einen Schein in die Hand und dann sind wir drinnen. Wir können uns LSD besorgen oder Koks. Ich glaube, Koks könnte gut zu mir passen.«

|131| Dreizehn
    Seit wir im Taxi saßen, versuchte Sam zwischen den vorbeifliegenden Leitplanken einen Punkt zu fixieren. Seine Augen bewegten sich von links nach rechts und sprangen dann wieder zum Ausgangspunkt zurück, als lese er Zeile für Zeile in einem Buch, geschrieben nur für ihn allein. Jetzt begann er, eine Melodie zu summen. Es war ›Somewhere over the Rainbow‹ und er summte es so laut, dass es trotz des Motorengeräuschs noch gut hörbar war.
    Ich lugte zwischen den beiden Vordersitzen hindurch, in der Hoffnung, einen Blick auf das Taxameter zu erhaschen. Der Preis war ja egal, aber mich faszinierte die Tatsache, eine früher unbezahlbare Summe bezahlen zu können. Ich konnte nichts erkennen, die Hand des Fahrers lag auf der Gangschaltung und verdeckte die Ziffern. Der Wagen bremste, die Autobahn endete. Vor uns stand dieses Hochhaus, von dem ich nicht wusste, für was es gut war. Aber für mich fing genau bei diesem Hochhaus die Stadt an. Seine beiden Seitenwände waren beige, auf der Frontfassade wechselten sich schwarze Fenstergläser mit weißer Wand ab, sodass das Gebäude aussah wie ein überdimensionales |132| Klavier, das jemand hochkant in den Boden gerammt hatte. Der Fahrer hielt sich rechts und bog in die Prinzregentenstraße ein.
    »Wo finden wir ihn eigentlich?«
    »Im E-Garten .«
    »Sam, der Englische Garten ist riesig! Habt ihr keinen Treffpunkt ausgemacht? Ihr habt doch telefoniert. Das   …«
    » L-Leo hat gesagt, am Monopol oder so.«
    »Was soll das   …«, ich sah die Augen des Fahrers im Rückspiegel und senkte meine Stimme, »…   was soll das sein, das ›Monopol oder so‹?«
    »Ist ein Berg oder so. Ich weiß auch nicht mehr genau, w-was er gesagt hat, aber es klang nach Mo-Mo-Monopol oder Monopolus, so was Lateinisches halt.« Er machte eine abfällige Handbewegung und sagte: »W-w-was weiß denn ich?«
    Wir fuhren am Friedensengel vorbei. Unter uns lag die Isar und spiegelte den Himmel und die Kastanienbäume auf ihrer sich permanent verändernden Oberfläche. Für einen Moment gefiel mir die Vorstellung, in den Fluss zu springen und mich treiben zu lassen, von der Isar in die Donau bis ins Meer. Mit dem Geld könnten wir locker ein oder zwei Jahre überleben – überall auf der Welt! Wir könnten uns ein Haus kaufen, zum Beispiel in der Karibik oder in Asien oder so, und dort zusammen leben. Leo könnte sein Business aufbauen und wir alle für ihn arbeiten. Später könnten wir mit dem Geld an der Börse spekulieren und schließlich Millionen machen. Sam wippte jetzt mit dem Kopf, so als |133| ob er zum Takt eines Lieds nicken würde. Aber im Auto war es still und Kopfhörer hatte Sam auch nicht auf. Nur sein New-York-Cap war wie immer tief in sein Gesicht gezogen.
    »Warum nickst du die ganze Zeit?«
    Er reagierte nicht.
    »Sam? Warum nickst du mit dem Kopf?«
    »W-was?«
    »Warum du mit dem Kopf nickst?«
    »Keine Ahnung.«
    Sam sah wieder aus dem Fenster.
    Das Taxi bog rechts in die Ludwigstraße ab und dann links in die Veterinärstraße. Es hielt am Eingang zum Englischen Garten.
    »Macht 92   Mark 30.«
    Ich zog einen Schein aus der Tasche, reichte ihn durch die Sitze nach vorne und sagte, er solle das Wechselgeld behalten.
    Wir nahmen unsere Boards, von denen ich nicht so genau wusste, warum wir sie überhaupt mitgenommen hatten, und stiegen aus. Bevor das Taxi wegfuhr, fragte ich den Fahrer: »Entschuldigung, kennen Sie das Monopolus?«
    Er schüttelte den Kopf und fuhr davon.
    Sam ging zielstrebig auf den Kiosk zu, der am schattigen Eingang des Parks lag. Dort kaufte er acht Bierflaschen, von denen er drei mir in die Hand drückte, vier in seinem Eastpak-Rucksack verstaute und eine sofort öffnete. Die Sonne drängelte sich durch die Blätter der Bäume, es war heiß, aber Sam

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