Irgendwas geht immer (German Edition)
erlege mit bloßen Händen einen Säbelzahntiger und schleppe ihn nach Hause, damit wir ihn über dem Feuer rösten können. Ich werde riesige Felsbrocken meilenweit herbeirollen, damit wir sie zu einem Schutzwall um unsere Höhle errichten können, um andere Höhlenmenschen und wilde Tiere abzuwehren. Uga, uga. Deshalb muss ich mein Müsli essen, damit ich fit und gesund bleibe.«
Rein körperlich ist er längst auf dem absteigenden Ast, dabei war er früher ausgesprochen fit. Was bei seiner Rugby-Leidenschaft auch gar nicht anders möglich gewesen wäre. Ich glaube, Rugbyspieler müssen sogar besonders durchtrainiert sein, weil sie ihre Wahnsinnskörper nach jedem einzelnen Match, egal ob gewonnen oder verloren, auf eine ausgiebige Guinness-Probe stellen. Diese Typen müssen in erstklassiger körperlicher Verfassung sein, sonst könnten sie die Folgen später unmöglich kompensieren. Das hat er über viele Jahre erfolgreich betrieben, doch leider hat er seine Aktivitäten mittlerweile auf den Teil mit dem Guinness heruntergefahren. Was sich am Bauch, an seinen Pausbäckchen und an seinen Oberschenkeln bemerkbar macht. Hinzu kommt sein typischer Rugby-Look – die gebrochene Nase, der Stiernacken und der Verbrecherbart, der nie gänzlich verschwindet, auch wenn er frisch rasiert aus dem Bad kommt, stets unter der Oberfläche lauernd und bereit, sie gnadenlos zu durchbrechen, angetrieben von der gewaltigen Menge Testosteron, die durch seinen Körper strömt.
Im Gegensatz zu vielen seiner grobschlächtigen Geschlechtsgenossen erfreut sich mein reizender Ehemann nach wie vor einer beeindruckenden Haarpracht, was an ein Wunder grenzt. Dickes, drahtiges Pfeffer-und-Salz-Haar, das notfalls auch herhalten könnte, um die Essensreste aus der Pfanne zu kratzen. Es ist das Haar eines Kriegers, eines Spartaners, und wird erst sterben, nachdem es erbittert gekämpft und zahllose Feinde getötet hat.
Das Seltsame ist, dass mein reizender Ehemann trotz seiner Ex-Rugbyspieler-Statur und dem Fünf-Uhr-Bartschatten nicht imposanter wirkt. Auch ihn scheint das triste Alltagsgrau verschluckt zu haben, und ebenso wie ich selbst ist er weder auffallend attraktiv noch unattraktiv – sondern einfach nur in den mittleren Jahren. Die Zeit hat ihm die Markantheit seiner Züge zuerst geraubt und sie ihm dann in abgeschwächter Form wieder zurückgegeben, wie nach zu vielen Wäschen in der Spülmaschine. Zwar kann ich immer noch den Mann von einst unter der gereiften Fassade erkennen, doch wirkt er irgendwie verwaschener und farbloser.
Oscar bevorzugt Coco Pops oder sonstige bunte Kinderfrühstücksflocken zum Frühstück, gefolgt von einer Wagenladung getoastetem Brot mit viel Butter und Marmelade – wobei die Marmelade jedoch mit einem zierlichen Silberlöffelchen aus dem Glase genommen werden muss. Dora war fünf ganze Jahre erklärter Pop-Tarts-Junkie und weigerte sich, irgendetwas anderes zum Frühstück zu essen, doch seit dem Beginn ihrer »Ich esse nur weiße Lebensmittel«-Phase stopft auch sie sich mit Weißbrot voll. Der Hund hat den Tag mit einer Schüssel voll Croissant mit Marmeladenbrotresten und Coco Pops zum Dessert begonnen. Ich wünschte, meine Familie würde endlich kapieren, dass Poo ein Hund und kein Müllschlucker ist.
Jedenfalls fuhr ich, nachdem ich mir mein gewohntes Frühstück, bestehend aus einer Banane, einverleibt hatte, zur Arbeit. Meine Arbeit wird mir nie langweilig, ganz im Gegenteil, aber manchmal geht mir all diese Routine in meinem Leben – jeden Tag das Frühstück, die ständigen Kabbeleien, dieselben Gesichter am Tisch, dieselbe Fahrt zur Arbeit, hier links abbiegen, dort rechts, vorbei an denselben Läden, der Schule, dem Kricketfeld, dem Kriegerdenkmal – unglaublich auf die Nerven.
Ich hatte gehofft, die Arbeit an meinem Buch würde mich aus meinem Trott reißen, aber selbst hier scheine ich nichts anderes zu tun, als lediglich die Informationen, die ich seit Jahren gesammelt habe, zusammenzuschustern und in Sätze zu packen. Aber schätzungsweise sind wir alle von Zeit zu Zeit unseres Daseins überdrüssig, oder?
Deshalb war es zumindest eine kleine Abwechslung, als George mir eröffnete, dass er eine Überraschung geplant hätte. Wir hatten für den Nachmittag ein Meeting anberaumt, bei dem wir uns über unsere Fälle austauschen und sie diskutieren wollten. Keiner hatte einen Patienten eingetragen, deshalb hatte George beschlossen, dass wir unser Meeting an den Fluss verlegen und
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