Irgendwas geht immer (German Edition)
Silvestergala im Fernsehen bestand. Ein rundum gelungener Abend, der seinesgleichen sucht. Ich freue mich auf ein weiteres Jahrzehnt voll skandalöser Ereignisse und gelobe hoch und heilig, bis zum Ende meiner Tage der einzigartige Oscar zu bleiben.
SIEBEN
DORA
Oh. Mein. Gott. Mum ist wie eines dieser Dauergeräusche im Ohr. Sie wiederholt alles, was sie sagt, so lange, bis ich sie irgendwann schon gar nicht mehr höre. Meistens schaffe ich es wenigstens ungefähr mitzukriegen, wovon sie gerade faselt. Heute geht es um das Anschreiben für die Studienvergabestelle, das ich noch mal überarbeiten soll. Stöhn. Ich weiß selbst, dass ich das dringend machen muss, okay? Deshalb habe ich es auch in der Schule schon zur Hälfte geschrieben, du taube Nuss. Aber wenn ich es ihr zeige, nimmt sie es ja sowieso nur wieder auseinander und lässt es mich noch mal schreiben. Weshalb sollte ich das also tun?
Ich wünschte, sie könnte sich selbst sehen, wenn sie mal wieder vor Wut kocht. Es ist göttlich. Dann quellen ihr jedes Mal die Augen fast aus dem Kopf, ihr Hals läuft ganz dunkelrot an, sie schlägt sich ununterbrochen mit der Hand gegen die Stirn und sagt völlig übertriebene Sachen. Sie sieht dann wie ein zorniger Pavian aus. Alles superdramatisch, und sie kriegt beinahe einen hysterischen Schreianfall. Dabei kann sie noch nicht mal anständig fluchen. Und diese Art, sich ständig die allerallerschlimmsten Sachen auszumalen. Heute hat sie an meine Tür gehämmert und gebrüllt:
»Dora! Mach sofort die Tür auf! Seit einer Dreiviertelstunde rede ich mir jetzt schon den Mund fusselig! Wenn du nicht endlich aufwachst und merkst, dass dir mit jeder elenden Minute, in der du dieses Anschreiben nicht zu Papier bringst, deine verdammte Zukunft zwischen den Fingern zerrinnt, kannst du dich darauf gefasst machen, dass du dein nutzloses Leben damit zubringst, auf der Oxford Street herumzulaufen und ein Schild hochzuhalten, auf dem steht, wie man zum nächsten Ausverkauf für Golfklamotten kommt. Ja, genau, das ist nämlich deine Zukunft!«
Ja klar, sonst habe ich ja auch keine Alternativen!
Dabei weiß sie noch nicht mal, wie dieses Anschreiben überhaupt aussehen soll. Das letzte Mal, dass sie so was schreiben musste, war, als sie sich selbst um einen Studienplatz beworben hat. Und das war irgendwann im letzten Jahrhundert, verdammt noch mal. Vor hundertsiebenundzwanzig Jahren oder so. Wahrscheinlich hat sie nur geschrieben: »Ich, Maureen … keine Ahnung, wie sie hieß, bevor sie Dad geheiratet hat … werde diese Universität besuchen und gewissenhaft lernen, damit ich später einmal alles weiß, was ich brauche, um ein verfluchter Seelenklempner zu werden, damit ich endlich allen vorschreiben kann, wie sie ihr Leben zu leben haben, und ihnen einreden kann, dass ich schlauer bin als sie, und damit ich ihnen ein verdammtes Vermögen abknöpfen kann und sie mir nie sagen können, dass ich komplett danebenliege, weil die Methode, die ich praktiziere, ja noch nicht einmal wissenschaftlich anerkannt ist und keiner nachprüfen kann, ob ich überhaupt weiß, wie man diesen Job richtig macht. Meine Hobbys sind: Quasseln, Schreien, Brüllen, Herumkommandieren, besserwisserisches Verhalten und Einen-fetten-Arsch-Kriegen. Ich hoffe, Sie werden meine Bewerbung berücksichtigen, weil ich unbedingt jeden aus beruflichen Gründen herumkommandieren will, und wenn Sie mich nicht nehmen, stampfe ich vor Wut mit dem Fuß auf und schreie alle um mich herum an. Also bitte nehmen Sie mich. Ich verspreche auch, mich nach Kräften zu verstellen, damit meine Eltern glauben, ich sei ein superschlaues, ganz ruhiges Mädchen, das über alles besser Bescheid weiß als sie.«
Ja, genau, Mum, du bist mir wirklich eine große Hilfe, und ich brauche dringend deinen Rat – auf gar keinen Fall.
Und dann hat sie sich eine halbe Ewigkeit über meinen Facebook-Account aufgeregt. Dabei hat sie doch sowieso keinen blassen Schimmer, wie Facebook funktioniert. Aber sie behauptet, ich hätte hier pornographische Fotos von mir und würde Nachrichten in »völlig unangemessener Sprache« bekommen und verschicken. Woher will sie denn das überhaupt wissen? Sie hat die Posts doch noch nicht mal gelesen. Und was diese Fotos angeht – Lottie und ich haben uns gegenseitig fotografiert, und was ich darauf anhabe, ist ein ganz normaler, sündhaft teurer BH , herzlichen Dank.
Sie meint, jeder dahergelaufene alte Perversling könnte Kontakt zu mir aufnehmen,
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