Irgendwas geht immer (German Edition)
sind. Tarnkappenbomben, die sich unter dem Deckmantel der Langjährigkeit einschleichen und einen innerlich auslöschen. Dazu noch die Gelegenheit und das Verlangen, die beiden wichtigsten Faktoren für einen Betrug, und schon ist die große Katastrophe unaufhaltsam.
Ich weiß, dass es falsch ist und allen nur Schmerz zufügen wird. Ich weiß es, und trotzdem steuere ich geradewegs auf das Chaos zu. Ich will es so sehr, dass ich entschlossen bin, meinem Verlangen keinen Einhalt zu gebieten. Stattdessen habe ich beschlossen, mich einfach treiben zu lassen, wohin auch immer und was auch immer mich dort erwarten mag. Deshalb werde ich lügen, damit ich mit Noel zusammen sein kann. Bisher habe ich es noch nicht getan, aber ich bin drauf und dran. Ich spüre es genau.
Immerhin laufe ich in einem pflaumenblauen BH mit dazupassendem Höschen herum.
ACHTUNDSECHZIG
DORA
Dora Battle ist achtzehn! Ich kann kaum glauben, dass dieser Tag tatsächlich gekommen ist. Mum hat mir sogar einen Schokoladenkuchen gebacken. Er ist zwar nicht so lecker wie der von Oma Pamela, aber gut ist er trotzdem, mit Zuckerstreuseln drauf. Und alle saßen bei mir auf dem Bett und tranken ein Glas Sekt dazu. Nur Mum nicht. Sie hatte sich für die Arbeit tierisch in Schale geworfen und wollte nicht, dass ihre Sachen Flecken kriegen.
Dad hat mir das Geld gegeben, das wir ja jetzt doch nicht für die Miete dieses Raums über dem Pub ausgeben. Ich werde es auf mein Sparbuch einzahlen. Aber vielleicht hebe ich es am Samstag auch schon wieder ab, weil ich im Top Shop ein Paar supercoole Schuhe gesehen habe, die ich unbedingt haben muss. Mum meinte, ich soll das Geld lieber für etwas »von dauerhaftem Wert« ausgeben. Oh Mann! Klar. Was sind Schuhe deiner Meinung nach, du blöde Kuh? Es war echt superschräg, weil Mum nett zu mir sein musste, weil es immerhin mein Geburtstag ist und so, aber wir beide wissen genau, dass wir uns in Wahrheit überhaupt nicht verstehen, deshalb fühlt es sich auch total verlogen an.
Trotzdem werde ich mir nicht von ihr den Tag kaputtmachen lassen. Dafür habe ich viel zu lange darauf gewartet. Achtzehn! Achtzehn Jahre bin ich jetzt schon auf der Welt. Dad hatte sogar Tränen in den Augen und erzählte mir irgendwelche Geschichten über den Tag meiner Geburt und darüber, wie er ganz cool gewesen sei, obwohl er sich vor Angst schier in die Hose gemacht hätte. So hätte er Mum noch nie gesehen. Offenbar hat sie gebrüllt wie ein wildes Tier und so. Und er hatte eine dieser Picknick-Kühltaschen dabei, um Mum diese Kühldinger draufzulegen, falls ihr zu heiß würde. Allerdings hatte er heimlich eine Dose Guinness reingetan, die er trinken wollte, wenn ich erst mal auf der Welt wäre, und als Mum fluchte und ihn anschrie: »Gib mir gefälligst sofort irgendwas Kaltes, das ich mir verdammte Scheiße noch mal auf die Stirn legen kann, bevor mir der Schädel platzt, du beschissener Idiot. Und außerdem ist sowieso alles nur deine Schuld«, zog er versehentlich die Bierdose heraus und drückte sie ihr in die Hand. Daraufhin mussten sie so lachen, dass Mum das mit der Atmung und dem Pressen nicht mehr hinbekam, und die Hebamme sagte: »Ich sehe schon das Köpfchen! Nein, es ist wieder weg! Da, da kommt das Köpfchen! Nein, ist wieder weg!«
Und so kam ich offenbar zur Welt, indem ich es mir wieder und wieder anders überlegte, mitten in ihre Schreie und ihr Gelächter hinein. Und genauso ist es bis heute geblieben, zumindest laut Mum. Dad faselte weiter über die Zustände auf der Welt im Jahr meiner Geburt. Etwas über Jugoslawien, die Olympischen Spiele und einen Brand in Schloss Windsor, nach dem die Queen im Fernsehen eine Ansprache hielt und irgendetwas in der Art sagte, wie sie leide an einem Anus horribilis oder so was. Dann lästerten Mum und Dad über einen Premierminister, der wie eine Milchflasche aussah und ständig nur Erbsen aß.
Irgendwann musste ich dazwischengehen. »Entschuldigung, aber heute ist der Tag der Prinzessin. Wenn ich also bitten dürfte …«
Peter schenkte mir ein Bettelarmband mit einem »D« dran. »D« für »Dame«, meinte er. Wie süß. Dann bekam ich mein Hauptgeschenk von Mum und Dad – ich bin jetzt stolze Besitzerin eines iPhone. Mit einem 50-Pfund-Guthaben. Wie lange habe ich mir das gewünscht! Ich habe den ganzen Vormittag damit zugebracht, alle Nummern einzuspeichern. Aber die von Lottie und Sam kommen nicht rein. Obwohl es sich immer noch total komisch anfühlt, Lotties Nummer
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