Irgendwie Top
weiter, fiel einfach in sich zusammen.
Markus zögerte kurz. Der Macho früherer Tage hätte dies nie auch nur in Erwägung gezogen, aber er folgte einfach seinem Instinkt. Er kniete sich über Alex, krallte seine Finger ins Haar und fixierte den Kopf. Den Bruchteil eines Augenblicks verharrte er Millimeter über Alex' verblüfftem Gesicht. Erschrocken holte der Luft und hielt den Atem an, bewegte sich jedoch nicht. Markus rahmte ihn ein, fixierte ihn, ließ ihm keinen Spielraum, keine Möglichkeit auszuweichen. Mit großen, extrem unsicheren Augen schaute ihn Alex von unten an.
Der hat echt Angst, erkannte Markus. Vor der Wahrheit, vor seiner Verletzbarkeit, davor, mehr von sich preiszugeben. Scheiße Mann, die habe ich selbst ja auch!
„Du Idiot hast gar nichts kapiert!“, stieß Markus grimmig hervor. „Gar nichts!“ Braucht Alex wirklich noch eine Antwort, muss ich es ihm so deutlich sagen? Verdammt, ein Kuss sollte doch Antwort genug sein, oder?
Markus berührte Alex' volle Lippen, leckte darüber und fand den Mund rasch willig geöffnet. Seine Hände lösten den festen Griff, die Finger schoben sich sanfter durch Alex' Haare. Dessen linke Hand lag auf seinem Unterarm, umschloss ihn, während sie sich küssten. Lange, intensiv und zärtlich, als wollten sie hinter jeden Kuss, jede Aussage ein klares Ausrufezeichen setzen. Diese Sprache verstanden sie beide, darin konnte schlicht keine Fehlinterpretation liegen.
Widerstrebend löste sich Markus schließlich, das Herz noch immer wild klopfend. Rückwirkend war er über den Mut, diese so unmissverständliche Geste seiner Zuneigung ziemlich erschrocken. Alex blickte ihn mit Unglauben, gepaart mit einem sich ausbreitenden Lächeln an.
„War das endlich deutlich genug?“, murmelte Markus kaum vernehmbar und spürte die Wangen prickeln. Hastig wandte er den Blick ab. Verflucht, das ist einfach nicht mein Ding, dieser ganze Gefühlskram. Da fühle ich mich einfach unwohl und unsicher.
„Denke ja“, flüsterte Alex, seine Hand malte derweil feine Linien auf Markus' Unterarm. Leise seufzte er: „Sollte sogar ich kapiert haben.“
Ruckartig stand Markus auf, vermied es, Alex anzusehen. „Wo hast du das verdammte Aspirin versteckt?“, stieß er unwirsch hervor, fühlte sich seltsam entblößt und überführt. Was hatte ihn nur getrieben? Er würde jetzt dafür sorgen, dass Alex von den Dingern nahm, einschlief und dann würde er ganz schnell von hier verschwinden, bevor er noch andere dumme Dinge tat oder sagte.
„Im Badezimmer, in dem Schrank auf der linken Seite, zweites Fach von oben.“ Alex richtete sich auf und entledigte sich selbst seines Hemdes. Auch er vermied es, Markus anzusehen.
„Gut.“ Markus ging eiligen Schrittes zur Tür. Im Hinausgehen warf er Alex über die Schulter zu: „Werde dir noch einen heißen Tee machen. Das hilft bestimmt. Willst du vielleicht noch was essen? Dann mache ich dir noch was, und dann kurierst du diese Scheiße einfach gründlich aus.“
„Ja, Mama!“, kam es in gewohnt spöttischem Tonfall zurück. Er salutierte zackig und zwinkerte Markus zu. Will der Kerl mich veralbern? Ihre Blicke trafen sich, sie bemühten sich um ihre gewohnten Masken, doch sie waren viel zu durchscheinend geworden, um etwas von ihrem wahren Innern zu verdecken.
„Ich habe keine Ahnung, ob noch was Genießbares da ist“, meinte Alex achselzuckend. „Aber am Kühlschrank kleben ein paar Bestelldinger für Pizza.“
„Idiot!“ Markus verdrehte die Augen. „Ich habe doch für dich eingekauft. Du hast genügend zu essen da.“ Alex' Mund öffnete sich verblüfft und er schloss ihn eilig wieder.
„Du hast eingekauft?“ Markus nickte heftig.
„Schon vergessen? Hatte ich dir doch versprochen.“ Alex machte ein Gesicht, als ob Markus ihm erklärt hätte, er würde als Mönch nach China gehen. „Also ich mache jetzt ein paar Sandwichs und du kannst ja dann sehen, ob du was davon essen willst.“ Markus flüchtete aus dem Schlafzimmer, noch ehe Alex antworten konnte. Hat der echt gedacht, ich sage das mit dem Einkaufen nur so daher? Mann, Alex hat echt einen an der Klatsche. Da ist doch nun echt nichts dabei. Ein Freundschaftsdienst eben.
Seine Gedanken kreisten immer wieder um Alex' perplexen Gesichtsausdruck und unweigerlich kam ihm die letzte Szene des Films „Faceman“ ins Bewusstsein. Was wusste er denn schon von Alex? Auf jeden Fall schien er wirklich keinen zu haben, der sich um ihn
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