Irgendwie Top
Chancen, dass Mark seine Mutter überzeugen würde, ihn aus dem Sklavendienst im Garten zu entlassen, waren gleich Null, wenn er sich nicht selbst zur Verfügung stellte.
„Mum!“, protestierte Tim schwach. „Ich beeile mich auch und komme ganz früh wieder heim.“
„Nein, Timothy, das wäre unfair Mark gegenüber und es wird dich nicht umbringen, wenn du mal eine Nacht in deinem eigenen Bett verbringst und vielleicht die Bügelwäsche einsortierst, die ich dir vorgestern schon hingelegt habe.“ Sie würgte jeden weiteren Protest gekonnt ab. Tim biss sich zerknirscht auf die Lippen und senkte den Blick.
Wie früher. Oft genug hatte er mit diesen hängenden Schultern dagestanden, verloren und einsam gewirkt. Mark öffnete den Mund, verschloss ihn jedoch als Markus vage den Kopf schüttelte. Keine Chance, wenn Mum einmal etwas beschlossen hat, dann bringt sie keiner mehr davon ab. Was für ein Glück, dass sie ihn selbst nicht mehr für solche Arbeiten einplante. Das lag zum Teil daran, dass Markus eben nicht mehr zuhause wohnte und zum anderen daran, dass er besser mit der menschlichen Anatomie umgehen konnte, als mit pflanzlicher. Er hatte rasch herausgefunden, dass es von Vorteil war, nicht zu wissen, mit welchem Ende man etwas in die Erde steckte, denn das hatte ihn vor weiteren Einsätzen im Garten bewahrt.
„Vielleicht kann Markus dir ja diesmal helfen?“, wagte Tim einen letzten, für seine Verhältnisse erstaunlich mutigen Vorstoß gegen die mütterliche Willkür. Maria wandte sich ihm zu und er senkte sofort schuldbewusst den Blick, kaute auf seiner Unterlippe herum. Markus brummte hingegen nur und vernahm zu deutlich das tiefe Seufzen seiner Mutter, lächelte siegessicher, denn er wusste, was folgen würde.
„Timothy, du weißt genau, dass Markus Gartenarbeit einfach nicht liegt“, erklärte sie diplomatisch. „Ich möchte hinterher noch etwas von meinen Pflanzen und vor allem meinem Garten wiedererkennen.“ Tim seufzte ergeben und funkelte seinen Bruder unter seinen Stirnfransen böse an.
Pech gehabt, Struppi. Markus grinste. Zähneknirschend fügte Tim sich in sein Schicksal. Mark schien entsprechend nicht besonders begeistert, wagte es aber natürlich nicht, bei Mum Dawson Ansprüche auf Tim geltend zu machen. Stattdessen wandte er sich an Alex, der nun mit Stewart in den Flur trat.
„Das ist ja dann eine gute Gelegenheit! Ich fahre dich nachhause und wir können in Ruhe reden.“ Das letzte Wort betonte er besonders. Alex starrte ihn einen Moment lang ausdruckslos an, nickte schließlich, ohne Markus dabei anzusehen. Dabei musste ihm dessen überraschter Blick aufgefallen sein.
Markus' Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er war eigentlich davon ausgegangen, Alex nachhause zu fahren und … Nun ja, er hatte keine konkreten Pläne gehabt, dennoch irgendwie schon daran gedacht, diesen Abend weitaus erotischer und aufregender als Tims zu erwartenden Abend vor dem Fernseher zu gestalten.
Doch er sagte keinen Ton. Was da wohl heute im Büro gewesen war? Was Alex Mark wohl gefragt hatte? Markus war neugierig, doch wenn Alex sauer auf ihn war, dann war es vielleicht ganz gut so, dass er ihn nicht nachhause fuhr. Und ganz offensichtlich hatten Mark und Alex noch was Wichtiges untereinander zu klären.
Markus wusste, dass er der Konfrontation mit Alex nur zu gerne noch ein bisschen auswich. Er fürchtete den kalten Ausdruck der braunen Augen, den er bei Alex schon mal gesehen hatte. Nicht ihm gegenüber. Bislang nicht. Alex ließ leider auch in keiner Weise einen Hinweis fallen, weder in seiner Mimik noch seinem Tun. Freundlich verabschiedete er sich von Markus' Eltern, versprach Maria, das nächste Mal gewiss dabei zu sein, wenn sie wieder einen so leckeren Kuchen backen würde und Stewart, dass er ihm Karten für ein besonderes Konzert besorgen konnte.
Tim warf Mark theatralisch die Arme um den Hals und küsste ihn, als ob man sie für Jahre voneinander trennen würde. Vielleicht wollte er seiner Mutter auch ein schlechtes Gewissen machen, die zwar gerührt zusah, sich jedoch auch von seinem letzten, verzweifelten Blick nicht von ihren Plänen für die morgige Gartenarbeit abbringen ließ. Seufzend ließ Tim Mark los.
Alex wählte einen viel weniger dramatischen Weg, küsste Markus zum Abschied nur flüchtig auf den Mund. Kaum mehr als eine Show für Maria, dachte Markus wehmütig. Beinahe hätte er die leise geflüsterten Worte überhört: „Ich ruf dich an.“ Im nächsten Moment
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