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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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viel entspannender. Warum fragst du?«
    »Ach, nur so. Ich dachte nur, wo Diatrymas jetzt schon in Salisbury auftauchen, ist alles möglich. Die Leute sagen, das alte Spec-Ops-Personal wird wieder einberufen.«
    »Zwei Meter große fleischfressende Vögel aus dem späten Paläozän – wenn es sie tatsächlich gibt – fallen in die Zuständigkeit von SO–13«, sagte ich. »Ich war bei SO–27, bei den Literatur-Agenten. Wenn alte Damen in dunklen Gassen von finsteren Gestalten aus Tristram Shandy erschreckt werden, könnte es vielleicht sein, dass ich um Rat gefragt werde. Aber heutzutage liest ja niemand mehr Bücher, ich werde also kaum noch gebraucht.«
    »Da hast du leider recht«, sagte Landen. »Schriftsteller zu werden war vermutlich keine so schlaue Idee.«
    »Dann schreibst du dein Opus magnum eben für mich«, sagte ich zärtlich zu ihm. »Ich bin dein Publikum, Eheweib, Fanclub, Kritiker und Betthäschen – alles in einer Person. Heute muss ich Tuesday abholen, nicht wahr?«
    »Genau.«
    »Und du holst Jenny ab?«
    »Ich werde es nicht vergessen. Was soll ich denn machen, wenn Pickwick wieder so schrecklich zittert und friert?«
    »Steck sie einfach in den Trockenraum. Ich werde versuchen, den Pullover in der Arbeit fertig zu stricken.«
    »Dann habt ihr wohl doch nicht so viel zu tun, was?«
    Ich gab ihm noch einen Kuss und rannte davon.

2.
    Mum, Polly und Mycroft
    Das wichtigste Lebensziel meiner Mutter bestand darin, den Weg von der Wiege bis zur Bahre mit einem Minimum an Ärger und Aufwand und einem Maximum an Tee und Battenberg zurückzulegen. Ganz nebenbei zog sie noch drei Kinder groß, besuchte jede Menge Treffen des Frauenvereins und schaffte es obendrein immer wieder, das Essen ordentlich anbrennen zu lassen. Erst als ich sechs Jahre alt war, brachte ich in Erfahrung, dass Kuchen nicht zu 87 Prozent aus Kohle besteht und Hühnchen tatsächlich nach etwas schmeckt. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen liebten wir sie sehr.
    Meine Mutter wohnte weniger als eine Meile von uns entfernt. Und weil ihr Haus an meinem Weg ins Büro lag, schaute ich fast täglich bei ihr vorbei, um mich davon zu überzeugen, dass es ihr gut ging und dass sie nicht gerade mal wieder irgendwelche verrückten Pläne verfolgte. Vor ein paar Jahren hatte sie mal Dosenbirnen gehortet. Sie war der Ansicht, wenn sie alle aufgekauft hätte, könne sie »die Preise diktieren« – ein flagrantes Missverständnis der Regeln von Angebot und Nachfrage, das den Erzeugern von Obstkonserven nicht weiter geschadet, uns und unsere gesamte Verwandtschaft aber dazu verdammt hat, drei Jahre lang zu jeder Mahlzeit eingekochte Birnen zu essen.
    Meine Mum gehörte zu den Müttern, bei denen man sich freut, dass sie so nahe wohnen. Vor allem deshalb, weil sie dann nie über Nacht bleiben. Ich liebte sie innig, aber nur fein dosiert. Eine Tasse Tee hier, ein Abendessen dort – und natürlich so viel Babysitten, wie ich aus ihr herausquetschen konnte. Die Geschichte mit der SMS, die ich Landen erzählt hatte, war übrigens nur ein Vorwand gewesen. In Wirklichkeit musste ich etwas aus Mycrofts Werkstatt abholen.
    »Hallo, mein Schatz!«, sagte Mum, als sie mir die Tür öffnete. »Hast du meine SMS gekriegt?«
    »Ja. Aber du solltest wirklich lernen, wie man mit der Rücktaste und der Löschfunktion umgeht. Es war wieder mal völliger Unsinn.«
    »KL&KsamSNT&zAbrt??«, wiederholte sie und zeigte mir das Display ihres Handys. »Wieso verstehst du das nicht? Ist doch ganz einfach: Kommen Landen und die Kinder am Sonntag zum Abendbrot? Wirklich, manchmal frage ich mich, wie du überhaupt mit deinen Kindern kommunizierst.«
    »Das war doch keine echte Kurzschrift«, sagte ich misstrauisch. »Das hast du eben erst erfunden.«
    »Hör mal, ich bin gerade mal zweiundachtzig«, sagte sie wütend. »Deine Abwrackprämie kannst du behalten! Als ob ich es nötig hätte, eine SMS zu erfinden! Willst du zum Mittagessen vorbeischauen?« Sie hatte kaum Atem geholt. »Ein paar Freundinnen kommen, und wenn wir festgestellt haben, wer die schlimmsten Krankheitssymptome hat und was man gegen die allgemeine Staatskrise tun kann, spielen wir vielleicht Cribbage.«
    »Hallo, Tante«, sagte ich, als Polly aus dem Wohnzimmer kam. Sie brauchte jetzt einen Krückstock. »Wenn ich dir KL&KsamSNT&zAbrt?? simsen würde, was würdest du dir dann denken?«
    Polly runzelte die Stirn, bis sie wie ein gerefftes Segel an einem Viermaster aussah. Sie war jetzt über neunzig

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