Irische Küsse
die Strömung wie der Bug eines Schiffes. Sein gebräunter Rücken ragte nass und glänzend aus dem Wasser.
Honora saß an der Uferböschung und beobachtete ihn gebannt. Statt keusch die Augen niederzuschlagen, konnte sie den Blick nicht von ihm wenden.
Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte gnadenlos auf sie hernieder. Sie fühlte sich erhitzt, das Haar klebte ihr feucht im Nacken. Ihr wollenes Gewand beengte sie, und das Wasser sah sehr einladend aus.
Und wenn sie bis zu den Knien hineinwatete? Im seichten Wasser bestand kaum Gefahr zu ertrinken. Und sollte ein Fisch sich ihr nähern, konnte sie eilig wieder ans Ufer waten. Es war völlig absurd, sich vor einem solchen Schuppentier zu fürchten, aber der Gedanke, von etwas Kaltem, Glitschigem berührt oder gar angeknabbert zu werden, jagte ihr Schauder über den Rücken.
„Willst du dich erfrischen?“, fragte Ewan und strich sich das nasse Haar aus der Stirn. Wassertropfen glitzerten an seiner behaarten Brust. „Es ist gar nicht so kalt wie es aussieht.“
„Ich könnte mir die Füße nass machen“, antwortete sie. „Aber mehr nicht.“
„Nur zu. Das kann nicht schaden.“
Sie blinzelte mit zusammengekniffenen Augen zu ihm hinüber, als wolle sie prüfen, ob er die Wahrheit sagte. Das Wasser sah sehr erfrischend aus. Sie streifte die Schuhe ab und stellte sie ans Ufer.
„Hast du etwa Angst?“, fragte er scheinheilig.
„Nein“, log sie. Vorsichtig tauchte sie einen Fuß ein, und dann den zweiten. Der sandige Grund fühlte sich an wie ein zartes Streicheln. Und das Wasser war herrlich kühl. Sie raffte die Röcke und wagte noch einige Schritte, bis die Wellen ihr bis an die Knie schwappten.
Ewan watete ihr entgegen, und als er seichtes Wasser erreichte, das ihm nur noch bis zu den Hüften reichte, hob sie abwehrend die Hände. „Bleib, wo du bist.“ Sie konnte beinahe seine Hüftknochen sehen, und Gott bewahre, sie wusste bereits, was sich darunter verbarg.
Er breitete Arme und Hände aus, als wolle er sich ergeben. „Zu Befehl, Mylady.“ Dann fragte er zweifelnd: „Kannst du etwa immer noch nicht schwimmen?“
„Ich kann schwimmen“, verteidigte sie sich, „allerdings nicht besonders gut.“
„Ich trage dich, wenn du dich abkühlen willst.“ Er wich wieder ins tiefere Wasser zurück. Als seine Schultern unter dem gekräuselten Wasserspiegel verschwanden, fügte er hinzu: „Aber es ist zu befürchten, dass du nass wirst.“
Seine tiefe, weiche Stimme berührte sie wie eine Liebkosung. Unwillkürlich reckten sich ihre Brustknospen. Ihr Körper reagierte auf ihn, als bringe er eine Saite in ihr zum Klingen.
Ewan tauchte unter, und Honora starrte auf die Stelle, wo soeben noch sein Kopf zu sehen war.
Was hatte er vor? Als er nicht wieder auftauchte, wurde sie unruhig. Wegen der Strömung konnte sie nicht bis auf den Grund sehen.
Sie wagte sich noch ein paar Schritte weiter und hielt Ausschau nach ihm.
„MacEgan, hör auf mit dem Unsinn! Komm aus dem Wasser!“
Nichts. Honora beugte sich vor und spähte in die Tiefe. Gütiger Himmel. Er blieb zu lange untergetaucht. Drohte er zu ertrinken?
Etwas streifte ihre Knie, sie schrie auf und schlug mit den Händen ins Wasser.
Kurz darauf schnappte Ewan nach Luft auf und umfing ihre Taille. Er stieß einen wilden Kampfschrei aus und hob sie hoch, während er tiefer ins Wasser watete. Kreischend klammerte sie sich an seinen Schultern fest.
„Zum Teufel, Ewan. Lass mich nicht los!“
Er hielt sie mit sicherem Griff und ging weiter.
„W…was hast du vor?“
„Ich halte dich fest, damit du nicht ertrinkst.“ Die untere Hälfte ihres Rockes war bereits durchnässt, der schwere Stoff zog an ihr.
„Bring mich ans Ufer. Mir gefällt das nicht.“ Sie umklammerte seine Schultern und versuchte, sich aus dem Wasser zu stemmen.
„Gleich“, versprach er. Seine grünen Augen hatten sich gefährlich verdunkelt. Sie müsste nur das Kinn ein wenig heben, um ihn zu küssen. Seine Haut war kühl, während in ihr ein Feuer loderte.
Er strich ihr eine nasse Haarsträhne von der Wange, und seine Berührung schien sie zu versengen.
„Ewan“, flüsterte sie. Ihr Verlangen nach ihm war so stark, dass es schmerzte. Mit zitternden Fingern strich sie über seine markante Kinnpartie.
Ohne ein weiteres Wort machte er kehrt und trug sie ans Ufer. Danach begab er sich zu seinen Kleidern. Erst als er angezogen war, wandte er sich ihr wieder zu.
„Zieh deine Schuhe an, wir reiten
Weitere Kostenlose Bücher