Irische Küsse
verkünden. Lady Honora hat Sir Ademar of Dolwyth zu ihrem künftigen Gemahl erwählt.“
Sir Ademar blickte fassungslos in die Richtung des Barons. Offenbar hatte Honora ihm nichts von ihrer Entscheidung gesagt, wobei der Ritter nicht den Eindruck erweckte, als wolle er Einwände dagegen erheben.
Ewan biss die Zähne aufeinander, glaubte beinahe, seinen Ohren nicht trauen zu können. Honora hatte wiederholte Male und mit Nachdruck versichert, sie wolle nicht wieder heiraten. Hatte sie ihre Meinung nach den Vorfällen dieses Nachmittags geändert?
Er wollte ihr Augenmerk auf sich lenken, aber Honora weigerte sich, auch nur in seine Richtung zu blicken. Sie griff nach der Hand ihrer Schwester und drückte sie. Katherine lächelte strahlend und ließ den Blick über die Gäste schweifen.
Und plötzlich begriff er. Honora hatte Katherine zuliebe in die Verlobung eingewilligt. Sie schenkte Ademar ein Lächeln, der sich der Hochtafel näherte, aber in diesem Lächeln lag keine Wärme.
Würde sie ihn tatsächlich heiraten? Der Ritter wäre gewiss eine vortreffliche Partie für sie. Tatsache war aber auch, dass Ewan nicht wünschte, dass sie einen anderen ehelichte.
Der Baron war mit seiner Rede noch nicht zu Ende. Er ergriff Katherines Hand und hob seinen Becher, um einen Trinkspruch auszubringen. „Meine jüngere Tochter hat sich Ewan MacEgan zum Gemahl auserkoren.“
Ewan hörte die Glückwünsche kaum, die seine Mitbewerber ihm darbrachten. Die Worte blieben ihm im Hals stecken, während er sich von seinem Platz erhob.
Nun blickte Honora ihm mit einem beinahe unmerklichen Nicken direkt ins Gesicht. In ihren Augen las er Wehmut und Verzicht. Sie glaubte, ihm damit einen Gefallen zu erweisen. Nachdem er an diesem Nachmittag seinen Schwur gebrochen hatte, sie nie wieder anzufassen, hatte sie es auf sich genommen, ihm Katherine zuzuführen.
Er begegnete Honoras Blick und las die Trauer hinter ihrem starren Lächeln.
Ewan wusste nicht, wie er die Hochtafel erreichen sollte, denn mit jedem Schritt war ihm, als ziehe eine Schlinge sich fester um seinen Hals.
Und als Katherine ihm in die Arme flog, sah er nur den Tränenschleier in Honoras Augen.
Später in dieser Nacht, in der Abgeschiedenheit ihrer Schlafkammer, flüsterte Katherine: „Ewan hat kein Wort mit mir gesprochen, Honora. Habe ich einen Fehler gemacht, ihn zu wählen?“
„Natürlich nicht“, log sie. „Er war wohl nur verblüfft. Vermutlich hätte er es vorgezogen, vorher mit unserem Vater zu sprechen.“
Honoras Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken, was sie getan hatte. Der bestürzte Ausdruck in Ewans Blick hatte ihr die Tränen in die Augen getrieben. In ihrer Ratlosigkeit hatte sie mit ihrem Vater gesprochen, im Wissen, dass Ewan zu ehrenhaft war, um das Angebot auszuschlagen. Er würde Katherine zur Braut nehmen und damit das Land gewinnen, das er sich so sehr wünschte.
Sie hingegen würde sich heimlich aus dem Staub machen, bevor ihre eigene Hochzeit stattfinden konnte. Die Vorstellung, den gutmütigen Sir Ademar zu verletzen, schmerzte sie zwar, aber ihr blieb keine andere Wahl.
„Er hat nicht mit mir gesprochen“, wiederholte Katherine traurig. „Und er sah so wütend aus.“
„Er war nicht wütend auf dich. Er war lediglich überrascht, dass Vater die Verlobung auf diese Weise verkündete.“
„Und du wirst Sir Ademar heiraten.“ Katherines Wangen überzogen sich rosig vor Aufregung. „Ich halte ihn für einen rechtschaffenen Mann.“
„Das ist er.“ Ein gütiger, bescheidener Mann, der es nicht verdiente, auf diese schändliche Weise benutzt zu werden. Honora zog die Bettdecke über den Kopf und wünschte, sie wäre unsichtbar.
Ob sie Sir Ademar ins Vertrauen ziehen sollte? Sollte sie ihn überreden, sich an dem falschen Spiel zu beteiligen, um Katherines Eheschließung nicht zu gefährden? Vielleicht sollte sie ihm eine Entschädigung anbieten, einen Teil ihrer Pachteinnahmen.
Aber nein. Der Ritter war zu stolz, um auf diesen schnöden Handel einzugehen.
Die Nacht zog sich endlos dahin, und Honora konnte keinen Schlaf finden. Als sie den regelmäßigen Atemzügen ihrer Schwester lauschte, stand sie leise auf, legte den Umhang um die Schultern und huschte auf Zehenspitzen aus der Kammer. Ohne bestimmtes Ziel, ohne Plan eilte sie die Wendeltreppe nach unten.
Alle Bewohner schliefen bereits. Sie begegnete keiner Menschenseele, nur den Wachen, die ihre Runden machten. Vom schwachen Kerzenschein in
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