Irische Küsse
zurück.“
Sie setzte sich ins Gras. Im aufkommenden Wind fröstelte sie in ihrem nassen Gewand. Ewan wirkte plötzlich wie ausgewechselt, kalt, schroff und abweisend, als könne er es kaum erwarten, sie loszuwerden. Sein Stimmungsumschwung kränkte sie in einer Weise, die sie nicht erwartet hätte. Nachdem sie ihre Schuhe angezogen hatte, half er ihr in den Sattel.
Nach einer Weile brachte sie ihren Zelter neben seinen Wallach. Sie konnte sich nicht erklären, was ihn so unvermutet gegen sie aufgebracht hatte. „Ewan, was ist los?“
„Es ist besser, wenn du dich von mir fernhältst, Honora.“ Sein scharfer Unterton klang bedrohlich.
„Und aus welchem Grund?“
Ohne Vorwarnung beugte er sich aus dem Sattel, umfing ihre Taille und schwang sie zu sich aufs Pferd. Sein Mund nahm den ihren in entfesselter Leidenschaft in Besitz. Sie war zu keinem Widerstand fähig, wie gelähmt ließ sie ihn gewähren. Als seine Zunge sich zwischen ihre Lippen drängte, loderte ihr Verlangen hoch, und sie erwiderte seinen Kuss in aufwallender Begierde.
Die Sinne drohten ihr zu schwinden, sie hatte Mühe, sich an ihm festzuhalten, während ihre Zungen einander in einem berauschenden Tanz umschlangen, ein Tanz, der sämtliche Empfindungen in ihr offen legte, die sie mit aller Macht zu unterdrücken versucht hatte. Erschrocken löste sie den Kuss und wandte das Gesicht zur Seite.
Er war so lange ihr Freund gewesen. Er war es, der sie getröstet hatte, wenn sie im Schwertfechten unterlag. Er hatte ihre Wunden versorgt, und er hatte sie nie verraten, was ihr Versteckspiel gegenüber ihrem Vater und dem Earl of Longford betraf.
Und sie wollte ihn nicht verlieren. Auch nicht an ihre Schwester.
Voller Furcht legte sie ihre Hand an seine Wange, dabei spürte sie seine keuchenden Atemzüge. Ihr Mund näherte sich ihm wieder, es war unmöglich, ihn nicht zu küssen. Sehr zart und beinahe scheu schenkte sie ihm einen Teil von sich. Und er erwiderte ihren Kuss ebenso sanft. Dabei unterdrückte er seine brennende Lust, hielt den Sturm seiner Leidenschaft in Zaum und überließ ihr die Führung.
Mit der Zunge strich sie die Konturen seiner Lippen entlang, und seine Augen verdunkelten sich vor Verlangen. Er begehrte sie, und sie begehrte ihn mehr als alles auf der Welt.
Nach diesem heutigen Tag blieb ihr keine andere Wahl, als ihn für immer zu verlassen. Sie musste tun, was nötig war, um ihn Katherine zuzuführen.
Aber jetzt, nur noch diesen kurzen Augenblick, gehörte er ihr. Sein Mund wanderte über ihre Wange zu ihrer Kehle. Und als Ewan den Kuss beendete, las sie Bestürzung in seinen Augen.
Die Bestürzung eines Mannes, der sich dafür hasste, was er soeben getan hatte.
Den Rest des Tages ging Ewan den beiden Schwestern aus dem Weg. Sein schlechtes Gewissen bedrückte ihn, und er zerbrach sich den Kopf darüber, wie er sich richtig verhalten sollte. Er durfte nicht länger bleiben. Und er durfte Katherine of Ardennes nicht heiraten. Die leidenschaftlichen Küsse, die er mit Honora getauscht hatte, waren ihm der letzte Beweis seiner Unehrenhaftigkeit.
Er musste Ardennes den Rücken kehren und neue Pläne schmieden. Es gab andere Töchter mit einer stattlichen Mitgift, und es gab andere Methoden, um sich Land anzueignen. Vielleicht war es ihm bestimmt, allein zu bleiben, nichts anderes hatte er verdient.
Er betrat die Halle und setzte sich zu den anderen Bewerbern an den langen Tisch, direkt neben Sir Ademar, der mit grimmiger Miene und geballten Fäusten auf seinem Platz saß.
„Ist Euch eine Laus über die Leber gelaufen?“, fragte Ewan.
„Lady Katherine h…hat sich entschieden. Heute Abend soll ihre Verlobung bekannt gegeben werden. Die V…Verlobung wird heute Abend verkündet.“
Ewan nahm die unerwartete Neuigkeit verblüfft zur Kenntnis. Hatte sie einen anderen Kandidaten gewählt? Er ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. Gerald of Beaulais war nicht unter den Rittern.
„Wo ist Beaulais?“, fragte er Sir Ademar.
„Abgereist. Nachdem ihm zu Ohren kam, d…dass Lady Katherine ihn verschmäht hat.“
Ewan trauerte dem hitzköpfigen Normannen nicht nach. Aber die aufgebrachte Miene von Sir Ademar beunruhigte ihn. „Wisst Ihr, auf wen ihre Wahl fiel?“
Bevor der Ritter antworten konnte, erhob der Baron of Ardennes sich von seinem Lehnstuhl an der Hochtafel.
„Meine Töchter haben ihre Wahl unter den Bewerbern getroffen“, begann er und strich sich den Bart. „Ich freue mich, die Verlobungen zu
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