Iron Man - Von Black Sabbath bis Heaven & Hell
„Freunden“ abschirmte. Doch schon bei einem der ersten Gigs verschwand Glenn nach Atlanta. Doug brachte ihn noch rechtzeitig zur Show zurück. Wir standen am Bühnenrand und Glenn wimmerte: „Ich kann da nicht rauf, ich kann nicht!“
Ich schubste ihn praktisch auf die Bühne: „Raus da!“
Ich hasste es, mich so aufzuführen, aber es ging nicht anders.
Im Laufe der nächsten Tage musste sich Doug alle möglichen Tricks einfallen lassen, damit sein Schützling sich nicht aus dem Staub machte. In den Hotels buchten wir für die beiden zwei nebeneinander liegende Zimmer. Doug band sich eine Schnur an den dicken Zeh und befestigte sie an Glenns Tür, damit er jeden Fluchtversuch sofort bemerken würde. Es war ein übler Alptraum. Doch Glenn entwickelte eine ganz schöne Raffinesse und ließ die Dealer unbemerkt zu sich kommen.
Den nächsten Zwischenfall habe ich selbst nicht beobachtet. Ich erfuhr, dass unser Bühnenmanager John Downing am Tag der ersten Show Glenn einen Schlag ins Gesicht verpasste. John war ein taffer und sehr kräftiger Typ, dem man nichts vormachen konnte. Er hatte in der Vergangenheit für Jimi Hendrix und The Move gearbeitet und war gut in seinem Job. John erzählte, dass er Glenn nicht unter Kontrolle bringen konnte und ihm eine klatschen musste, damit er zur Besinnung kam. Da er leider verstorben ist, kann ich ihn nicht mehr nach Einzelheiten fragen. Er ist ertrunken. Wie berichtet wird, hatte er sich während einer Europa-Tournee mit Bootleggern angelegt. Als John mit der Fähre nach Großbritannien zurückreiste, haben sie ihn angeblich in einem unbeobachteten Moment über die Reling geworfen. Sein Körper wurde Tage später an der Küste angespült.
Na ja, auf jeden Fall brach John Glenns Nase. Don Arden hatte John gesagt: „Er muss auf die Bühne – da hilft jetzt nur ein Schlag auf den Hinterkopf.“
Typisch!
Glenn behauptete felsenfest, dass sich durch den Schlag ein Blutklumpen im Hals gebildet hatte. Mit dem Koks hatte das natürlich nichts zu tun. Durch den Kokainkonsum trocknen der Hals und die Stimmbänder manchmal aus. Dadurch verschlechtert sich die Stimme hörbar. Glenn ist ein unglaublicher und großartiger Sänger, doch er war nicht in der Lage, die Tour zu überstehen. Darüber hinaus litt er zunehmend unter Verfolgungswahn. Ich unterhielt mich mit Don über das Problem.
„Wir müssen die Konzerte abblasen.“
„Das ist nicht drin. Man wird uns verklagen.“
„Oh … Scheiße!“
Dem Risiko einer Schadensersatzklage durfte ich mich nicht aussetzen. Mir blieb keine andere Wahl, als einen geeigneten Ersatz zu suchen und ihn kurzfristig einzuarbeiten. Er sollte sich einige Shows ansehen, bevor er den Job übernahm. Beim Soundcheck konnten wir mit ihm üben, damit er sich nahtlos in die Rolle einfügte. Wenn Glenn also weiteren Mist baute, würde zumindest die Tour nicht gefährdet.
Dave Spitz kannte einen jungen Sänger namens Ray Gillen von einer New Yorker Band. Er sah gut aus und hatte eine tolle Stimme. Die Mädchen liebten ihn, und während der gemeinsamen Auftritte stieg die Frauenquote in ungeahnte Höhen. Die Band probte mit Ray heimlich schon vor dem dritten Konzert. Wir spielten die Songs durch, und Glenn wunderte sich: „Wer ist denn der Typ, den ich hier dauernd sehe?“
Ich empfand das alles als sehr unangenehm, doch es gab einfach keine andere Möglichkeit. Entweder wir arbeiteten mit einem Ersatzsänger, oder wir hätten die Shows wegen des Unsicherheitsfaktors Glenn absagen müssen. Glenn zählte zu meinen besten Freunden, und ich hinterging ihn. Ich habe mich mit ihm seit damals schon oft darüber unterhalten. Er versteht mein Verhalten. Glenn hatte alle Chancen dieser Welt und vermasselte sie.
Das dritte Konzert lief gut, doch unser Sänger war mal wieder so neben der Spur, dass ein handfester Streit zwischen uns ausbrach. Ich wurde stinksauer, weil er alle hängen ließ und nicht zuletzt sich selbst schadete. Er bekam fast keinen Ton heraus, sodass Geoff einige Passagen übernehmen musste. Natürlich klang das anders, aber irgendwie mussten wir die Stücke ja beenden.
Oft werden die Schwierigkeiten unterschätzt, mit denen sich ein Bandleader herumschlagen muss. Dauernd ist man das Arschloch. Außenstehende wissen nicht, mit was für internen Problemen man sich rumplagen muss und warum ein Musiker gefeuert wird. Es gibt immer nachvollziehbare Gründe für einen Split. Entweder verlässt ein Musiker eine Band aus freien Stücken, oder er
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