Iron Man - Von Black Sabbath bis Heaven & Hell
Strohhalm, denn wir hatten das Studio schon gebucht, ohne einen einzigen Song geschrieben zu haben. Trotzdem probten wie ein paar Mal mit Dave und schrieben drei Stücke mit ihm. Das sprach sich schnell herum. Wir gaben ein Interview bei einem Lokalsender in Birmingham, doch ein gutes Bandgefühl wollte sich einfach nicht einstellen. Letztendlich entschuldigte sich Ozzy und wollte zurückkommen. Wir erklärten das Dave und er stieg nach dem kurzen Intermezzo wieder aus. Allerdings ließ Ozzy sich Zeit und tauchte erst wenige Tage vor den Aufnahmen in Toronto auf. Die Band hatte einen hohen Vorschuss gezahlt und hätte ohne finanzielle Verluste nicht von den Sessions zurücktreten können. Und immer noch standen wir mit den drei kümmerlichen Stücken da, die Ozzy nicht singen wollte oder konnte.
In Kanada herrschte Eiszeit. Wir quartierten uns in der Nähe der Sounds Interchange Studios ein und buchten für die Proben und das Songwriting ein Kino mit Bühne. In dem eiskalten Saal probten wir ab neun Uhr morgens und gingen abends zu den Aufnahmen ins Studio. Das war für Black Sabbath ein total falscher Ansatz, denn früher haben wir eine Nummer geschrieben und ihr Zeit zum Reifen gelassen. Für einige Musiker ist es wichtig, sich an Stücke zu gewöhnen, sie zu verinnerlichen. Mögen wir sie überhaupt? Soll dieser oder jener Part vielleicht geändert werden?
In Toronto durften wir uns so einen Luxus nicht erlauben. Deshalb werde ich mit Never Say Die! bis zum heutigen Tag nicht warm. Ich mag einige der Tracks, doch ich kann mich wegen der negativen Begleitumstände nicht komplett auf die Scheibe einlassen. Eine schlimme Zeit – passend zum frostigen Wetter.
Ein Unglück kommt selten allein, und so stellte sich auch noch das Studio als Fehlgriff heraus. Es war mein Fehler gewesen, denn ich war für die Buchung verantwortlich. Ich hatte die Wahl anhand der Liste von Bands getroffen, die dort bereits aufgenommen hatten, obwohl mich zuerst der Preis abgeschreckt hatte. Der Aufnahmeraum klang unglaublich stumpf und hatte keine eigene Akustik. Der Tontechniker versuchte mit mir, den Teppich rauszureißen, damit der Sound in dieser dumpfen Bude wenigstens etwas wie live klang. Als der Studiobesitzer das hörte, kam er angerannt: „Was ist hier los?“
Ich antwortete: „Wir kriegen keinen guten Sound hin. Der Raum klingt tot.“
„Aber ihr dürft doch nicht den Teppich entfernen!“
„Haben wir schon. Er liegt zusammengerollt in der Ecke.“
Ein wahrer Alptraum. Die Rolling Stones hatten das Studio benutzt. Ich vermute, dass sie dort höchstens einige Overdubs eingespielt haben. Ich schnappte mir einen Radiorekorder zu, den angeblich Keith Richards vergessen hatte, denn ich wollte auf meinem Zimmer ein wenig Musik hören. Auf den seitlich angebrachten Lautsprechern fand ich noch dicke Kratzer, die vermutlich vom Schneiden des Marihuanas stammten. Aber wir waren ja auch keine Unschuldsengel und kifften verdammt viel. An einem Tag war ich so breit, dass ich mich aufs Zimmer zurückziehen musste. Mein Apartment lag im dritten Stock. Ich erklomm die Stufen, weil ich niemanden im Aufzug treffen wollte, schloss die Tür auf und machte das Licht an. Verdammt – irgendwie sah alles recht merkwürdig aus. Die Tapete wirkte so edel und farbig, und das Zimmer hatte man geschmackvoll dekoriert.
Warum mich das nicht stutzig machte, kann ich mir heute nicht mehr erklären. Hundemüde latschte ich ins Schlafzimmer. Und was sah ich dort? Ein Typ und seine Frau schossen aus dem Bett hoch und stießen einen gellenden Schrei aus, in den ich einstimmte – „Aaaaah“! Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich entschuldigte mich hastig, es müsse wohl das falsche Apartment sein, und flüchtete schnell.
Offensichtlich hatte ich mich beim Treppensteigen im Stockwerk verzählt und war auf der vierten Etage gelandet. Ich fand es verwunderlich, dass ich die Tür mit meinem Schlüssel öffnen konnte. Der Hoteldirektor suchte mich am nächsten Tag auf, weil sich das Pärchen beschwert hatte. Lapidar antwortete ich: „Mein Schlüssel dürfte gar nicht in das andere Schloss passen.“
Ich erzählte ihm die ganze Geschichte – bis auf die Tatsache, dass ich breit war.
Trotz der Kälte und des Dopes nahmen wir tatsächlich eine Platte auf. Bei „A Hard Road“ sang ich zum ersten Mal, allerdings nur die Begleitstimme. Es sollte auch das letzte Mal sein, denn meine werten Kollegen konnten sich ihr hämisches Grinsen nicht
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