Iron Witch
unergründlichen, schwarzen Augen der Königin verengten sich zu gemeinen Schlitzen. »Wo willst du hin?«, schrie sie, und die Angst zwang Donna beinahe in die Knie. Sie würde sich nicht davon überwältigen lassen – sie biss sich auf die Innenseite der Wange und versuchte, den pochenden Schmerz in ihrem Kopf zu ignorieren.
Donna wedelte mit dem Fläschchen. »Hier, holt es Euch.«
Auf ein Zeichen der Waldkönigin hin schlurfte einer der Elfen auf sie zu, seine alten Augen starr auf sie gerichtet. Er bewegte sich wie eine Krabbe und lief in einem Halbkreis um sie herum. Sie musste sich nach ihm drehen, damit sie ihn im Auge behalten konnte. Langsam streckte Donna den Arm aus und hielt der Kreatur das Fläschchen vors Gesicht. Sie hoffte inständig, wenigstens noch für einen winzigen Moment würde niemand bemerken, wie die wertvolle Flüssigkeit durch den Sprung im Glas tropfte.
Als der Elf plötzlich näher kam, holte Donna tief Luft und warf das Fläschchen so weit sie konnte über die Lichtung. Das Fläschchen trudelte unter dem mondhellen Himmel durch die Luft und fiel dann ins dichte Gestrüpp. Schmerzhaft wurde ihr bewusst, dass sie soeben das Werk ganzer Generationen in der Forschung weggeschmissen hatte. Der Elf jagte sofort dem Fläschchen hinterher. Donna nutzte die Gelegenheit und hetzte den mit Bäumen gesäumten Gang entlang hinunter. Sie rang nach Luft, weil sie über eine Baumwurzel stolperte und beinahe gestürzt wäre, sich aber im letzten Moment noch abfangen konnte. Um sie herum war es fast völlig dunkel, doch Donna lief unbeirrt weiter. Es war ihr egal, dass sie ihre Mütze verlor, sie rannte weiter ohne anzuhalten. Vertrocknete Blätter und Zweige stoben auf, während sie auf dem Alten Pfad um ihr Leben rannte. Sie rannte schneller als sie es jemals für möglich gehalten hätte – kalte Luft brannte in ihrer Kehle, und sie war bald völlig außer Atem. Egal wie das hier ausging, sie nahm sich vor, von jetzt an regelmäßig zu trainieren. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, was hinter ihr passierte oder ob ihr jemand folgte.
Am Ende des Tunnels verlangsamte sie ihre Geschwindigkeit und entdeckte Xan, der darauf wartete, sie durch das Tor zu begleiten. Die anderen hatte er bereits sicher auf die andere Seite gebracht.
»Sind sie hinter dir her?«, fragte er und starrte mit weit aufgerissenen Augen an ihr vorbei. Selbst im Halbdunkel war deren glühendes Leuchten zu sehen und sein Atem bildete kleine Wölkchen vor seinem Gesicht.
»Ich glaube nicht«, antwortete sie nach Luft ringend.
Xan trat einen Schritt zurück, um ihr Platz zu machen. Dann zog er sie zu sich heran, um sicherzugehen, dass sie gemeinsam das Tor passierten. Er hielt noch immer das Bündel aus Erde und Zweigen, toten Blättern und Moos in seiner Hand, worauf sie ihren mitternachtsblauen Handschuh legte. Dann wartete sie auf das schwindelerregend wallende Gefühl, sich von hier fortzubewegen – und zugleich innezuhalten.
Sie rannten aus der kleinen Lichtung heraus und stürzten sich ins Unterholz, während Donna den unsichtbaren Durchgang im Auge behielt. Dass Xan das Tor geschlossen und die Erde und Blätter verstreut hatte, hieß noch lange nicht, dass die Elfen es nicht von ihrer Seite aus öffnen konnten.
Während sie sich durch das Gestrüpp kämpften und Donna die Dornen, die ihr Gesicht zerkratzten, verfluchte, kam ihr der Gedanke, dass sie vielleicht tatsächlich entkommen waren. Vielleicht waren sie in Sicherheit und könnten einfach alle in Xans Auto einsteigen, nach Ironbridge zurückfahren und in ihr normales Leben zurückkehren (was immer das für jeden von ihnen bedeuten mochte). Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was passieren würde, wenn die Waldkönigin das zerbrochene Fläschchen fand.
Sie weigerte sich heftig, über die Folgen ihres Handelns nachzudenken, für das sie zweifellos dem Orden Rede und Antwort würde stehen müssen.
Xan nahm ihre Hand und zog sie auf den Hauptweg. Sie liefen unter Farnen und Zweigen hindurch, die so dicht gewachsen waren, dass sie nicht einmal mehr den Mond sehen konnten. Donna stieß sich den Zeh an einer knorrigen Wurzel. Sie zog an Xans Hand, um ihm zu signalisieren, dass er anhalten sollte, und blieb dann einen Augenblick lang stehen.
»Alles okay?«, fragte er besorgt. »Wir müssen weiter – Navin und Maker warten ein Stück weiter unten. Es ist nicht mehr weit.«
Dankbar für die Verschnaufpause bückte sich Donna, um ihren Turnschuh zu
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