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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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passte, und er brauchte diesen Umweg, um Worte auszusprechen, die ihm so schwer über die Lippen kamen wie Stacheldrahtfetzen.
    Unauffällig tauschte ich über den Rand der Okulare hinweg einen Blick mit Allison und las dasselbe in ihren Augen: eine Mischung aus Beunruhigung und mühsam im Zaum gehaltenen Spott.
    »Sie erinnern sich an gestern, als ich den Magneten ausprobiert habe?«, fragte Nikola.
    Ich sah ihn nur wortlos an, konnte meine Hand aber nicht daran hindern, nach dem Verband an meinem Hals zu greifen. Nikola nahm das als Antwort und forderte mich mit einer entsprechenden Geste auf, wieder durch das Mikroskop zu sehen.
    »Was Sie dort erblicken, Quinn, ist das, was der Magnet aus ihrem Blut gezogen hat. Beziehungsweise das, was davon übrig ist.«
    Ich drehte behutsam an dem Rädchen des Mikroskops, und das Bild wurde noch einmal um eine Winzigkeit schärfer. »Das sind … Maschinen«, murmelte ich. »Winzig kleine Maschinen.«
    »Mikroskopisch kleine Maschinen, um genau zu sein«, bestätigte Nikola. »Und nicht nur das.«
    »Was denn sonst noch?«, fragte ich. Meine Stimme klang beunruhigter, als ich zugeben wollte.
    »Ich weiß, es klingt verrückt, aber die einzige Erklärung für das, was wir alle gesehen haben, ist die, dass es Von-Neumann-Maschinen sind.«
    »Aber das ist ja ganz entsetzlich!«, stieß Allison hervor und machte auch das dazu passende Gesicht. Dann zog sie die Stirn kraus. »Und was sind das für Maschinen?«
    »Winzig kleine«, antwortete Watson, bevor Nikola es konnte. »Oder auch gigantisch große. Aber vor allem kann es sie gar nicht geben.«
    »Dann schauen Sie durch das Mikroskop, und Sie können mit eigenen Augen sehen, was es gar nicht geben kann!«, giftete Nikola. Ich bezweifelte, dass die beiden in absehbarer Zeit Freunde werden würden.
    Watson zog nur verächtlich die Brauen hoch und schwieg, aber Allison fragte besorgt: »Und diese … Dinger haben wir nun in uns?« Ihre Hand strich über den Verband an ihrem Hals, der mir plötzlich gar nicht mehr so kleidsam erschien.
    »Ich fürchte«, sagte Watson. Er wich ihrem Blick aus.
    »Dann schneiden Sie es heraus«, verlangte Allison. »Ganz egal, wie weh es tut und wie schmerzhaft es vielleicht …«
    »Das ist unmöglich«, unterbrach ich sie. Anders als Allison hatte ich gesehen, was dieses Zeug im Inneren eines Körpers anrichtete. Watson sagte nichts, aber er nickte sehr ernst.
    »Aber es gibt vielleicht eine andere Möglichkeit«, meinte Nikola. Er deutete auf mich. »Wir haben es schon ausprobiert, wenn auch eher unabsichtlich.«
    »Kommen Sie bloß nicht auf dumme Ideen«, warnte ich ihn.
    »Das würde niemand überleben«, bestätigte auch Watson. »Selbst wenn Sie einen Magneten mit genügend Kraft hätten …«
    »Den brauche ich gar nicht.«
    »… würde es sie einfach in Stücke reißen«, schloss Watson. Er wich Allisons Blick immer noch aus.
    »Nicht unbedingt«, widersprach Nikola. »Reichen Sie mir das Glas, Quinn?«
    Ich brauchte ein paar Sekunden, um in dem Durcheinander auf dem Tisch zu entdecken, was Nikola meinte: das Glas mit dem Schraubdeckel, das er aus der Polizeiwache mitgebracht hatte. Die Messingkakerlake befand sich noch immer darin, und kaum hatte ich es berührt, da erwachte sie aus ihrer vermeintlichen Totenstarre und rannte wie besessen immer wieder gegen die unsichtbare Barriere an. Allison machte ein zugleich angewidertes wie neugieriges Gesicht, während Watson nur die Stirn runzelte.
    Nikola nahm das Glas mit ebenso spitzen Fingern entgegen und stellte es auf einen freien Platz auf dem Tisch, von dem ich nahezu sicher war, dass es ihn gerade noch nicht gegeben hatte. Daneben ragten zwei handspannenlange … nun ja: Dinge … in die Höhe, die vornehmlich aus Kupfer, Messing und Glas bestanden. Nikola platzierte das Glas genau zwischen diesen Stäben und trat nicht nur zurück, sondern vollführte eine dramatische Geste. Er kam mir wie ein Zauberkünstler vor, der die Bühne betrat und sich der Aufmerksamkeit seines Publikums versicherte.
    »Und?«, fragte Allison.
    »Nur einen Moment Geduld«, bat Nikola, trat wieder an den Tisch heran und drehte an einem Stellrad aus braunrotem Bakelit. Ein Summen erklang und nahm rasch an Lautstärke zu, und mit der Messingkakerlake geschah etwas höchst Bizarres: Sie begann zu zittern – und dann sah es aus, als würden sie zwei unsichtbare Hände packen, um sie auseinanderzuzerren.
    »Ein Elektromagnet?«, vermutete Watson. Nikola nickte nur und

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