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IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

Titel: IRRE SEELEN - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Bell aus.
    In der Dunkelheit erkannte Jack, dass ein riesengroßer sechszackiger Stern an der Wand prangte. Die bräunliche Farbe weckte bei ihm Assoziationen zu Brombeersaft, Blut oder Exkrementen.
    »Was ist denn das?«, erkundigte er sich mit einem angewiderten Gesichtsausdruck. »Ein Davidstern?«
    Pater Bell näherte sich der Wand. »Nicht ganz. Es ist Salomons Hexagramm, ohne Zweifel das mächtigste Symbol des Okkultismus, sogar noch mächtiger als das Kreuz. Im heidnischen Kult ist es von großer Bedeutung, genauso wie im Juden- und im Christentum. Es wirkt auf den ersten Blick wie ein Stern, doch eigentlich handelt es sich um zwei übereinandergelegte Dreiecke. Das erste zeigt nach oben – sehen Sie? – und steht für Feuer und Luft. Das zweite symbolisiert Erde und Wasser.
    Dort, wo sich die Dreiecke überlappen, verbinden sie sich zur Gesamtheit der uralten Macht, dem fünften Element, der sogenannten Quintessenz. Ich gehe davon aus, dass sich Quintus dieser Kräfte bediente, um in die Wand zu gelangen.«
    »Quintus? Quintessenz? Sie meinen, das ist kein Zufall?«, fragte Jack ihn.
    Pater Bell zuckte die Achseln. »Der fünfte Sohn und das fünfte Element? Sie könnten recht haben. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass sich mein Wissen über Erdmagie und ihre Möglichkeiten in Grenzen hält. Ich war schließlich römisch-katholischer Priester, kein Druide.«
    Pater Bell sah sich um. »Was für ein Höllenloch!«, bemerkte er. »Wie oft saß ich mit Quintus Miller hier und versuchte, vernünftig mit ihm zu reden und zu seinem gesunden Verstand durchzudringen. Doch daran scheiterte sogar Elmer Estergomy.«
    »Und trotzdem sollten wir ihn vielleicht rufen«, schlug Jack vor.
    Pater Bell erlaubte sich ein schwaches Lächeln. »Ich glaube nicht, dass wir ihn rufen müssen, Mr. Reed. Er weiß längst, dass wir hier sind, stimmt’s, Quintus?«
    Der Regen prasselte hinter dem mit Staub bedeckten, im Laufe der Jahre wackelig gewordenen Schutznetz aus Stahl gegen das Fenster. Die Zeit hatte das Gebäude genauso bestraft wie seine Bewohner. Doch Quintus Miller drang mehr als je zuvor auf Freiheit und Rache, während Pater Bell ausgemergelt und zerbrechlich wirkte. Er wollte nichts weiter als seine Ruhe, seine Thriller vom Buchclub und sein langweiliges Zimmer in grellem Orange mit den schlichten Möbeln aus Kiefernholz. Selbst 60 Jahre voller Enttäuschungen und Langeweile hielt er für verlockender als 60 Sekunden Höllenqualen.
    Es kam keine Antwort. Jack lauschte, doch diesmal rauschte kein Ssssschhhhh durch die Wand, kein verräterisches Schleppen menschlicher Körper durch Stein oder Zement.
    »Vielleicht sollten wir es besser im Keller versuchen«, schlug Jack vor, obwohl er am liebsten einen riesigen Bogen um diesen schrecklichen Ort gemacht hätte. »Dort haben sie versucht, mich in den Boden hineinzuziehen, und da unten habe ich auch Randys Spielzeug entdeckt.«
    Pater Bell bedeutete ihm mit einer Handbewegung, sich kurz zu gedulden. »Moment noch. Ich fühle etwas. Da bin ich mir absolut sicher.«
    Jack wartete und lauschte. »Ich weiß nicht recht, Pater. Ich höre nichts.«
    Einige Momente verstrichen in absoluter Stille. Nur ein leises Knistern war zu hören. So würde man es wohl auch auf einem verlassenen Platz mitten in der Nacht wahrnehmen, über den der Wind weggeworfene Zeitungen wehte. Der Regen und das nervenaufreibende Klappern einer Tür im Erdgeschoss komplettierten die Geräuschkulisse.
    Pater Bell näherte sich dem auf die Wand gekritzelten Hexagramm. »Das ist der Eingang zur Unterwelt«, erklärte er. »Ein Portal, wenn Sie verstehen, was ich meine. Das Hexagramm ist der Zugang zum Labyrinth, das einen an die Stelle führt, an der sich die Leylinien kreuzen. Von dort, mein Freund, können Sie überall hingelangen.«
    Er legte die Hand auf das Symbol und untersuchte es mit konzentrierter Miene. »Im 15. Jahrhundert waren Okkultisten ziemlich pragmatisch, was Reisen von einem Element zum anderen betraf. Sie betrachteten die Elemente lediglich als eine Art Leiter, über die man von der steinernen Unterwelt ganz unten bis zum Himmelreich ganz oben kletterte. Waren alle Bedingungen erfüllt, konnte die menschliche Seele in all diesen Elementen existieren, so wie Fische überall in den Weltmeeren herumschwimmen.«
    Jack sah ihn beunruhigt an. »Was mich interessiert, ist, wie Quintus Miller und der Rest der Patienten in die Wand gelangt sind. Sie behaupten, das wäre ein Portal. Aber wie

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