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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht?«
    Lanny sah ihm endlich in die Augen. »Du bist inoffiziell zu mir gekommen. Zur Polizei bist du eigentlich nicht gegangen, sondern zu einem Freund, der zufällig Polizist ist.«
    »Aber zu dir gekommen bin ich trotzdem!«, protestierte Billy und schrak zusammen, als er hörte, wie leugnend und rechtfert i gend seine Stimme klang.
    Übelkeit kroch an seinen Magenwänden hoch, doch er biss die Zähne zusammen und gab sich alle Mühe, sich zu beherrschen.
    »Nichts daran hat echt gerochen«, sagte Lanny.
    »Woran?«
    »An der ersten Botschaft. Es war ein Scherz. Es war ein la h mer Scherz. Auf der ganzen Welt gibt’s keinen Cop, der den Instinkt hätte zu riechen, dass da was dran war.«
    »War sie verheiratet?«, fragte Billy.
    Ein Toyota bog auf den Parkplatz ein und suchte sich in etwa zwanzig Metern Entfernung einen Platz.
    Schweigend sahen die beiden zu, wie der Fahrer ausstieg und in die Kneipe ging. Auf diese Entfernung hätte man ihre Unterhaltung zwar sicher nicht hören können, aber sie waren trotzdem vorsichtig.
    Während die Tür offen stand, hörte man Countrymusic. In der Jukebox sang Alan Jackson über gebrochene Herzen.
    »War sie verheiratet?«, wiederholte Billy seine Frage.
    »Wer?«
    »Die Frau. Die Lehrerin. Giselle Winslow.«
    »Nein, ich glaube nicht. Zumindest war bisher von keinem Ehemann die Rede. Zeig mir den Zettel.«
    Statt zu gehorchen, fragte Billy: »Hatte sie vielleicht Kinder?«
    »Wieso ist das so wichtig?«
    »Es ist wichtig«, sagte Billy.
    Er merkte, dass seine leere Hand sich zur Faust geballt hatte. Vor ihm stand ein Freund, insofern er sich überhaupt erlaubte, Freunde zu haben. Dennoch konnte er seine Faust nur mit Mühe lockern.
    »Es ist mir wichtig, Lanny.«
    »Kinder? Keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht. Nach allem, was ich gehört hab, hat sie wohl allein gelebt.«
    Zwei Autos fuhren auf der Landstraße vorbei. Man hörte das Dröhnen der Motoren, das leise Sausen der verdrängten Luft.
    In der darauffolgenden Stille sagte Lanny in kläglichem Ton: »Hör mal, Billy, potenziell stecke ich jetzt ziemlich in der Patsche.«
    »Potenziell?« Diese Wortwahl entbehrte nicht des Humors. Der war allerdings nicht von der Sorte, die Billy zum Lachen brachte.
    »Keiner von meinen Kollegen hätte diese verfluchte Botschaft ernst genommen. Trotzdem werden sie sagen, das hätte ich tun sollen.«
    »Vielleicht hätte ich es tun sollen«, sagte Billy.
    »Hinterher ist man immer klüger«, widersprach Lanny erregt. »Das ist Schwachsinn. Sag bloß so was nicht. Wir brauchen eine gemeinsame Verteidigungsstrategie?«
    »Gegen was denn?«
    »Gegen alles Mögliche. Billy, hör mal, ich hab keine perfekte Zehnerkarte.«
    »Was ist denn eine Zehnerkarte?«
    »Die Akte, in der meine Leistungen notiert werden. Da stehen ein paar negative Berichte drin.«
    »Was hast du denn angestellt?«
    Lanny kniff die Augen zusammen, ein Zeichen dafür, dass er gekränkt war. »Ich bin keiner von diesen betrügerischen Polizisten.«
    »Das hab ich doch gar nicht behauptet.«
    »Ich bin jetzt sechsundvierzig, hab nie einen Penny Best e chungsgeld angenommen und werde das auch nie tun.«
    »Schon gut, schon gut!«
    »Ich habe überhaupt nichts angestellt.«
    Womöglich war Lannys Gekränktsein nur gespielt, denn es gelang ihm nicht, es beizubehalten. Vielleicht machte ihm auch irgendeine grausige Vorstellung Angst, denn seine zusamme n gekniffenen Augen weiteten sich. Er kaute auf der Unterlippe wie auf einem verstörenden Gedanken, den er zerbeißen und ausspucken wollte, um sich nie wieder damit zu beschäftigen.
    Billy warf einen Blick auf seine Armbanduhr, wartete jedoch eisern weiter ab.
    »Wahr ist allerdings, dass ich im Dienst manchmal ziemlich faul bin«, sagte Lanny. »Aus Langeweile, weißt du. Und vielleicht auch, weil … ich dieses Leben eigentlich nie gewollt hab.«
    »Du musst dich vor mir nicht rechtfertigen«, sagte Billy.
    »Ich weiß. Aber die Sache ist die – egal, ob ich dieses Leben wollte oder nicht, ich habe es jetzt. Es ist alles, was ich habe, und ich will eine Chance, es zu behalten. Deshalb muss ich diese neue Botschaft lesen, Billy. Bitte gib mir den Zettel!«
    Obwohl Billy Verständnis mit ihm hatte, war er nicht bereit, den Zettel, der inzwischen feucht von seinem Schweiß gewo r den war, aus der Hand zu geben. Er faltete ihn selber auseinander und las ihn:
    Wenn du nicht zur Polizei gehst, um sie einzuschalten, werde ich einen unverheirateten Mann umbringen, den die Welt

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