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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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denken müssen, dass ich an seiner Stelle die Entscheidung getroffen habe.«
    »Eine Stunde«, versprach Lanny, »dann gehe ich zu Sheriff Palmer. Ich muss mir bloß ausdenken, wie ich die Sache vorbringe, um meinen Arsch zu retten.«
    Ein vertrauter Schrei, den man in dieser Gegend allerdings nur selten hörte, ließ Billy aufblicken.
    Weiß auf saphirblau segelten drei Möwen durch den östlichen Himmel. So weit nach Norden stießen sie von der San Pablo Bay aus nur selten vor.
    »Billy, ich brauche diese Zettel für Sheriff Palmer.«
    Ohne den Blick von den Möwen abzuwenden, murmelte Billy: »Ich möchte sie lieber behalten.«
    »Die Zettel sind Beweismaterial«, sagte Lanny in kläglichem Ton. »Palmer, dieser Bastard, zerreißt mich in der Luft, wenn ich so was nicht an mich nehme, um es zu sichern.«
    Da der Sommerabend allmählich in die Dämmerung überging, in der alle Möwen zu ihrem Schlafplatz am Meer flogen, waren die Vögel da oben so fehl am Platz, dass sie Billy wie ein Omen vorkamen. Bei ihren schrillen Schreien lief es ihm eiskalt den Rücken hinunter.
    »Ich hab jetzt nur den Zettel dabei, den ich gerade gefunden habe«, sagte er.
    »Wo ist der erste?«, fragte Lanny.
    »Den hab ich zu Hause in der Küche liegen lassen, neben dem Telefon.«
    Billy überlegte, ob er in die Kneipe zurückgehen sollte, um Ivy Elgin zu fragen, was die Möwen wohl zu bedeuten hatten.
    »Na schön«, sagte Lanny, »dann gib mir eben bloß den einen. Palmer wird ohnehin zu dir kommen wollen, um mit dir zu sprechen. Dann können wir den ersten Zettel immer noch an uns nehmen.«
    Das Problem war, dass Ivy behauptete, nur anhand von toten Tieren Weissagungen machen zu können.
    Als Billy zögerte, wurde Lanny wieder aufdringlich. »Her r gott, jetzt schau mir doch endlich mal ins Gesicht! Was ist denn an den Vögeln da oben so besonders?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Was weißt du nicht?«
    »Ich weiß nicht, was an den Vögeln so besonders ist.« Wide r strebend zog Billy den Zettel aus der Tasche und händigte ihn Lanny aus. »Eine Stunde.«
    »Mehr brauche ich gar nicht. Ich rufe dich an.«
    Als Lanny sich abwandte, legte Billy ihm die Hand auf die Schulter, um ihn aufzuhalten. »Was heißt das, du rufst an? Du hast doch gesagt, du kommst mit Palmer zu mir.«
    »Zuerst rufe ich dich an, sobald mir eingefallen ist, wie ich die Geschichte so hinbiege, dass ich den Kopf aus der Schlinge ziehen kann.«
    » Hinbiege « , wiederholte Billy, der den Ausdruck verabsche u te.
    Die Schreie der Möwen verstummten. Schweigend flogen die kreisenden Vögel auf die untergehende Sonne zu.
    »Wenn ich dich anrufe«, sagte Lanny, »erkläre ich dir, was ich Palmer sagen werde, damit wir uns nicht widersprechen. Erst dann gehe ich zu ihm.«
    Billy war es gar nicht recht, dass er den Zettel aus der Hand gegeben hatte. Aber der war tatsächlich ein Beweismittel, und logischerweise musste Lanny so etwas an sich nehmen.
    »Wo bist du denn in einer Stunde – im Pflegeheim?«, fragte Lanny.
    Billy schüttelte den Kopf. »Ich schaue da vorbei, aber nur für eine Viertelstunde. Dann fahre ich nach Hause. Ruf mich dort an. Aber ich hab noch eine Frage.«
    »Mitternacht, Billy«, sagte Lanny ungeduldig. »Denk dran!«
    »Wie erfährt dieser Irre, welche Wahl ich getroffen habe?
    Woher hat er gewusst, dass ich zu dir gekommen bin, statt offiziell zur Polizei zu gehen? Und woher weiß er, was ich in den kommenden viereinhalb Stunden tue?«
    Statt einer Antwort runzelte Lanny nur die Stirn.
    »Es sei denn«, sagte Billy, »er beobachtet mich.«
    Lanny ließ den Blick über die Autos auf dem Parkplatz, die Kneipe und die Bäume ringsum schweifen. »Alles ist so glatt gegangen.«
    »Tatsächlich?«
    »Wie ein dahinströmender Fluss. Und jetzt kommt dieser Felsen.«
    »Es gibt immer irgendeinen Felsen.«
    »Wohl wahr«, sagte Lanny und ging auf seinen Streifenwagen zu.
    Der einzige Sohn von Mutter Olsen sah regelrecht vernichtet aus, wie er da mit gebeugten Schultern und schlaff über den Hintern hängender Hose dahintrottete.
    Billy hätte gern gefragt, ob zwischen ihnen noch alles in Ordnung war, aber das wäre zu direkt gewesen. Eine andere Möglichkeit, die Frage zu formulieren, fiel ihm nicht ein.
    Da hörte er sich sagen: »Es gibt etwas, das ich dir nie gesagt hab, obwohl ich es hätte tun sollen.«
    Lanny blieb stehen, drehte sich zu ihm um und betrachtete ihn mit erschöpftem Blick.
    »Die ganzen Jahre, als deine Mutter krank war und du dich um

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