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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Schubladen und Schränken gab es mehr als genug Möglichkeiten, einen so kleinen Gegenstand zu verbergen. Die Suche danach hätte Stunden dauern können.
    Wenn der Mörder ohnehin vorgehabt hatte, seinen Besuch kundzutun, indem er den Schlüssel in der Küche liegen ließ, hätte er sich eigentlich auch die Zeit und Mühe sparen können, überhaupt danach zu suchen. Wieso hatte er dann nicht einfach eine der vier Glasscheiben der Hintertür eingeschlagen?
    Während Billy über dieses Rätsel nachgrübelte, fiel ihm plötzlich auf, dass der Schlüssel genau dort auf der schwarzen Granitplatte lag, wo er die erste Botschaft des Mörders hingelegt hatte. Sie war fort.
    Langsam drehte er sich um die eigene Achse, sah den Zettel jedoch weder auf dem Boden noch auf einer anderen Arbeitsfl ä che liegen. Er zog die Schubladen in der Nähe auf, doch der Zettel war weder in dieser, noch in jener, und …
    Mit einem Mal wurde ihm klar, dass es sich bei dem Eindrin g ling gar nicht um den Mörder von Giselle Winslow gehandelt hatte. Lanny Olsen war da gewesen.
    Lanny wusste, wo sich der Zweitschlüssel befand. Und als er verlangt hatte, die Zettel als Beweismaterial an sich zu nehmen, hatte Billy ihm gesagt, wo die erste Botschaft sich befand.
    Außerdem hatte Lanny gefragt, wo Billy in einer Stunde sein würde, im Pflegeheim oder zu Hause.
    Eine böse Ahnung überkam Billy, ein allgemeines Gefühl von Beklommenheit und Zweifel, dass sein Vertrauen zu erodieren begann.
    Wenn Lanny von Anfang an vorgehabt hatte, nicht erst später zusammen mit Sheriff Palmer herzukommen, sondern sofort, um den Zettel als Beweisstück zu sichern, dann hätte er das sagen sollen. Sein verstohlenes Verhalten wies darauf hin, dass er nicht vorhatte, die Öffentlichkeit vor einem Mörder zu beschü t zen oder einem Freund zu helfen, sondern dass er in erster Linie darauf bedacht war, die eigene Haut zu retten.
    So etwas wollte Billy eigentlich gar nicht glauben. Er suchte nach Entschuldigungen für das, was Lanny getan hatte.
    Vielleicht war Lanny auf dem Weg zu seiner Dienststelle zu dem Schluss gekommen, dass er beide Zettel dabeihaben musste, wenn er mit Sheriff Palmer sprach. Und vielleicht hatte er nicht im Pflegeheim anrufen wollen, um Billy das mitzute i len, weil er wusste, wie wichtig die Besuche dort für diesen waren.
    In diesem Fall hätte er allerdings eine kurze Erklärung schre i ben und sie anstelle des Zettels hinlegen können.
    Falls … ja, falls er nicht die Absicht gehabt hatte, beide Zettel zu vernichten, statt mit Palmer zu sprechen, um später behau p ten zu können, dass Billy sich vor dem Mord an der Lehrerin gar nicht an ihn gewandt hatte. Dann wäre eine solche Erklärung natürlich kontraproduktiv gewesen.
    Bisher hatte Billy Lanny Olsen immer für einen guten Kerl gehalten, der zwar nicht frei von Fehlern, aber im Grunde doch fair und anständig war. Schließlich hatte er seine Träume geopfert, um viele Jahre lang seiner kranken Mutter beizustehen.
    Billy steckte den Zweitschlüssel in die Hosentasche. Unter der Farbdose in der Garage würde er ihn bestimmt nicht wieder deponieren.
    Er fragte sich, wie viele negative Berichte sich wohl auf Lannys Zehnerkarte befanden und wie faul dieser tatsächlich gewesen war.
    Im Rückblick hörte Billy eine deutlich größere Verzweiflung in der Stimme seines Freundes als vorher auf dem Parkplatz:
    Eigentlich hab ich dieses Leben nie gewollt … aber die Sache ist die … egal, ob ich es wollte oder nicht, ich habe es jetzt. Es ist alles, was ich habe, und ich will eine Chance, es zu behalten.
    Selbst die meisten anständigen Menschen hatten einen Punkt, an dem sie auf der Kippe standen. Womöglich war Lanny näher an diesem Punkt gewesen, als Billy hatte ahnen können.
    Die Wanduhr stand auf neun Minuten nach acht.
    In weniger als vier Stunden würde jemand sterben, egal, welche Wahl Billy traf. Diese Verantwortung wollte er dringend loswerden.
    Lanny hatte ihn um halb neun anrufen wollen.
    Billy hatte nicht die Absicht zu warten. Er griff nach dem Telefon und wählte Lannys private Handynummer.
    Nach fünfmaligem Läuten wurde er auf die Mailbox umgele i tet. »Hier spricht Billy«, sagte er. »Ich bin zu Hause. Sag mal, was soll der Mist? Was hast du getan? Ruf mich zurück, aber sofort!«
    Der Instinkt sagte ihm, dass er nicht versuchen durfte, Lanny über die Einsatzzentrale seiner Dienststelle zu erreichen. Dann wäre nämlich eine Spur mit Folgen entstanden, die er nicht

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