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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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aber in diesem Fall muss es sie einfach geben!«
    Als Billy aufgelegt hatte, schaffte er es eine kleine Weile nicht, von der Bettkante aufzustehen. Er saß da und starrte Lanny an, und der schien den Blick zu erwidern.
    Ramsey Ozgard nahm voll und ganz am Leben teil. Er schwamm in der reißenden Strömung, statt vorsichtig am Ufer entlangzuplatschen. Er war ins Leben seiner Umgebung eing e bunden, und er fühlte sich ihr verpflichtet.
    Dieses Gefühl der Verpflichtung hatte Billy selbst durchs Telefon hindurch gehört, so deutlich, als wäre Ozgard mit ihm im selben Raum gewesen. Dabei war ihm siedend heiß klar geworden, wie vollständig er sich selbst zurückgezogen hatte und wie gefährlich das gewesen war.
    Barbara hatte ihn damals allmählich aus diesem Trott herau s gerissen, doch dann hatte sie die falsche Suppendose aufgemacht. Das Leben verfügte über eine äußerst clevere Schlagkombination: Grausamkeit und Absurdität.
    Nun schwamm auch Billy in der Strömung, allerdings nicht freiwillig. Die Ereignisse hatten ihn in tiefes, rasch dahinschi e ßendes Wasser geworfen.
    Das Gewicht von zwanzig Jahren, in denen er seine Gefühle beherrscht, sich bewusst abseits gehalten und defensiv zurüc k gezogen hatte – dieses Gewicht behinderte ihn immens. Nun versuchte er zwar, wieder schwimmen zu lernen, doch eine tückische Strömung schien ihn noch weiter von der menschl i chen Gemeinschaft wegzureißen als bisher, einer noch stärkeren Isolation entgegen.
     

50

    Lanny sperrte sich dagegen, eingewickelt zu werden, als wüsste er, dass er unzeremoniell im Vulkanschlot ve r schwinden sollte, ohne Trauergäste und ohne Gedenkstein.
    Da er nicht im Schlafzimmer erschossen worden war, gab es keinerlei Blutflecken auf den Wänden und Möbelstücken. Billy hoffte, ebenfalls keinerlei Spuren zu hinterlassen, denn Lanny sollte so verschwinden, dass möglichst viel Ungewissheit über seinen Verbleib herrschte und es dadurch nicht sofort zu intensiven Ermittlungen wegen Mordes kam.
    Aus dem Wäscheschrank nahm er einen Arm voll Frotteehan d tücher. Lanny benutzte immer noch denselben Weichspüler wie seine Mutter. Billy erkannte den vertrauten, frischen Duft.
    Die Handtücher legte er sorgfältig über die Armstützen und die Rückenlehne des Sessels, in dem die Leiche saß. Wenn doch noch etwas Flüssigkeit an der Stelle austrat, an der das Projektil hinten den Schädel verlassen hatte, dann würden die Handtücher sie auffangen.
    Von zu Hause hatte er einen der Müllbeutel mitgebracht, die er für den kleinen Abfalleimer im Bad verwendete. Ohne die glasigen, hervorstehenden Augen zu berühren, zog er dem Toten den Beutel über den Kopf und befestigte ihn am Hals mit Klebeband, so gut es ging. Nun konnte wirklich kaum mehr etwas auslaufen.
    Er wusste, dass man von derart schaurigen Tätigkeiten nicht in den Wahnsinn getrieben werden konnte, weil das wahre Grauen erst nach dem Wahnsinn kam. Dennoch fragte er sich, wie lange er sich noch mit Leichen befassen konnte, bevor in seinem Hirn bei jedem Traum und vielleicht auch bei hellem Tageslicht ein Tollhaus herrschte.
    Aus dem Sessel auf die Plane kam Lanny bereitwillig, doch dann wurde er unkooperativ. Er lag in der Position eines sitzenden Mannes auf dem Boden und wehrte sich dagegen, dass man ihm die Beine langzog.
    Totenstarre. Die Leiche war steif und würde es auch bleiben, bis die Verwesung so weit fortgeschritten war, dass sie die erstarrten Gewebe aufweichte.
    Billy hatte keine Ahnung, wie lange so etwas dauerte. Sechs Stunden oder zwölf? Abwarten konnte er es jedenfalls nicht.
    Lanny in die Plane einzuwickeln, war äußerst mühevoll. Gelegentlich schien der Tote ebenso bewusst wie hartnäckig Widerstand zu leisten.
    Das Paket, das schließlich zustande kam, sah zwar äußerst merkwürdig aus, war aber ausreichend verschlossen. Hoffentlich hielt die als Handgriff dienende Seilschlinge.
    Die Handtücher waren völlig sauber geblieben. Billy faltete sie zusammen und legte sie in den Wäscheschrank zurück. So gut wie vorher schienen sie freilich nicht mehr zu riechen.
    Lanny zum Anfang der Treppe zu schleifen, war einfach, aber ihn bis zum mittleren Absatz hinunterzubringen, war keine schöne Sache. Der in seiner halben Embryonalhaltung gefang e ne Körper schlug auf jeder Stufe auf, wobei es ihm gelang, gleichzeitig knochig und gallertartig zu klingen.
    Auf dem Absatz rief Billy sich ins Gedächtnis, dass Lanny ihn hintergangen hatte, um seinen Posten und seine

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