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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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wichtiges Puzzlestück des sich verändernden Umgangs mit Sexualität, aber nicht der Auslöser der Sexuellen Revolution.

General Pinochet ließ den chilenischen Präsidenten Allende ermorden – IRRTUM!
    Im 20. Jahrhundert machte Lateinamerika schwierige Zeiten durch. Spätestens seit der Weltwirtschaftskrise 1929, die für die Länder Süd- und Mittelamerikas einschneidender war als der Zweite Weltkrieg, wirkten sich die enormen wirtschaftlichen Probleme direkt auf das politische Klima aus, wurden zu ihrer Behebung doch verschiedenste Strategien zwischen den Extremen autoritäre Diktatur oder Sozialismus angepriesen. Mit der Kubanischen Revolution 1959 geriet die Region ins Zentrum des Kalten Krieges zwischen den Supermächten Sowjetunion und Vereinigte Staaten. Washington wollte dem Rivalen Moskau in seinem »Hinterhof« keinen Einfluss zugestehen, andererseits versuchten lateinamerikanische Politiker immer wieder, sich der mitunter erdrückenden wirtschaftlichen wie politischen Einflussnahme der USA zu entziehen. Gewaltige soziale Probleme und wirtschaftliche Schwierigkeiten ließen in vielen Ländern immer wieder neue Politiker auf den Plan treten, die Großes versprachen, aber meist nicht einzuhalten verstanden. In schwierigen Zeiten und mit dem Modell eines revolutionären Staates vor der Haustür wurden politische Fragen vornehmlich ideologisch beantwortet. Die daraus folgende Radikalisierung war einer geruhsamen Entwicklung nicht eben förderlich.
    In Chile wurde seit Ende der Fünfzigerjahre politisch experimentiert, mit wechselnden Rezepten sollte das Land modernisiert und auf Erfolgskurs gebracht werden: eine liberale Wirtschaftspolitik mit Blick auf den Weltmarkt unter dem unabhängigen Konservativen Jorge Alessandri, sodann engagierte Wachstumspolitik nebst Armutsbekämpfung unter dem Christdemokraten Frei. Man war sich einig über die Notwendigkeit von Reformen, aber leidenschaftlich zerstritten über deren Charakter, auch innerhalb der Parteien.
    Unter dem Eindruck der Kubanischen Revolution neigte die chilenische Linke immer stärker radikalen Veränderungen zu, im Volk wuchs die Unzufriedenheit, vor den Wahlen 1970 stieg die Nervosität. Zu der trat zum vierten Mal Salvador Allende als Kandidat der Sozialisten an. Es wurde ein schmutziger Wahlkampf, in dem die einen die Gefahr eines zweiten Kuba als Bedrohung an die Wand malten, während die anderen den drohenden übermächtigen Einfluss der USA geißelten.
    Allende, der aus Kuba und Moskau Unterstützung erfuhr, gewann knapp, aber eindeutig. Dass es aber politisch schwierig werden würde, deutete sich sogleich an, als Allendes Gegner seine Wahl zum Präsidenten durch das Parlament noch zu verhindern suchten. Als das misslang, verlangten die Christdemokraten von Allende vorab Garantien. Dann kam es zu einem Putschversuch der äußeren Rechten, unterstützt vom US-Geheimdienst CIA, bei dem der verfassungstreue Armeechef Schneider zu Tode kam. In den USA drängten Firmen mit chilenischen Interessen die Regierung zum Eingreifen, und Washington befürchtete, nach Chile könnten weitere südamerikanische Staaten sozialistisch werden, mit Ansteckungsgefahren gar für das westliche Europa. Und schließlich zogen Gegner der neuen Regierung in einer massiven Kapitalflucht ihr Geld aus dem Land ab. Die Ausgangsbedingungen der ersten sozialistischen Regierung, die in freien Wahlen an die Macht gekommen war, standen also denkbar schlecht.
    Allendes Regierung war ein Bündnis zwischen Sozialisten und Kommunisten unter Regierungsbeteiligung vier weiterer Parteien, das sich nichts weniger zum Ziel setzte, als den Weg zum Sozialismus einzuschlagen. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sowie die Kupferbergwerke, die achtzig Prozent des Exportaufkommens ausmachten, und die Banken sollten verstaatlicht, die Macht der Großgrundbesitzer gebrochen und zugunsten der armen Schichten die Einkommen gerechter verteilt werden. Die Arbeiter sollten an Entscheidungen ihrer Betriebe und der Politik direkt beteiligt werden, gleichzeitig wollte man nach dem Prinzip der Kybernetik mit Hilfe von Computern eine objektive und effektive Wirtschaftssteuerung ermöglichen. Vor allem aber sollte es eine Art sozialistischer Revolution mit rechtsstaatlichen Methoden werden: stets auf gesetzlicher Grundlage.
    In Europa hätte man Allende zur Toskanafraktion oder der Kaviarlinken gezählt, denn er war ein bürgerlicher Bonvivant und auch unter den Linken nicht unumstritten. Politisch folgte

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