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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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indem nunmehr der Papst der Ordensherrschaft in ganz Preußen zustimmte. Das ging aber nur, weil nunmehr der Bischof, der das Vorgehen des Ordens sehr misstrauisch begleitet hatte, zur Untätigkeit gezwungen war und nicht einschreiten konnte – und weil der Orden behauptete, ein entsprechender Vertrag mit dem masowischen Herzog existiere bereits: Denn für die römische Kurie war von Bedeutung, dass keine anderen Ansprüche auf das Land bestanden, also solche Herzog Konrads. Damit war der Weg für den Papst frei, sich das Gebiet der zu unterwerfenden Prußen nominell anzueignen und sowohl den bereits eroberten als auch den noch zu erobernden Teil zum Zwecke der Herrschaftsausübung dem Orden zu übergeben.
    Man kann aber mit einiger Berechtigung den Standpunkt einnehmen, die Frage der Echtheit des Kruschwitzer Vertrages sei letztlich irrelevant. Denn zum einen hatte der Kaiser den Orden zur Herrschaftsnahme ja bereits autorisiert, zum anderen waren die Kreuzritter im weißen Gewand vom masowischen Herzog ja gerufen worden, um der Bedrohung durch die Prußen Herr zu werden. Ob echt oder gefälscht, der Vertrag spiegelt die Herrschaftsverhältnisse wider, an denen Konrad nicht mehr vorbeikam. Entweder er wurde gezwungen, in den Vertrag einzuwilligen, oder man überging ihn geradewegs und verfasste eine Fälschung, um sie in Rom vorzulegen und so auch päpstlicherseits autorisiert zu sein. Auch kann man befinden, der Betrogene sei im Fall dieser Fälschung nicht der polnische Herzog Konrad, sondern Bischof Christian gewesen, dessen Herrschaftsrechte über das Land der Prußen übergangen wurden. Das eigentlich wichtige Dokument für die Gründung des Ordensstaates war nicht der (gefälschte) Kruschwitzer Vertrag, sondern die päpstliche Bulle von 1234, die der Historiker Labuda daher als »Magna Charta des kreuzritterlichen Ordensstaates in Preußen« bezeichnet hat. Denn darin verfügt das Kirchenoberhaupt, der Deutsche Orden als Herrscher über Preußen stehe unter keiner Oberherrschaft, sei es eines polnischen Fürsten oder des Kaisers, als allein der des Papstes.
    Die Christianisierung Preußens mit militärischen Mitteln zog sich noch eine ganze Weile hin – erst 1283 kann sie als abgeschlossen gelten. Der Ordensstaat bestand bis 1525, als im Laufe der Reformation der letzte Hochmeister ein Herzogtum daraus machte und sich selbst zum Herzog von Preußen. Dieser Albrecht aber war ein Hohenzoller, weswegen später ein Teil des Landes an Brandenburg fiel (der westliche wurde polnisch) und schließlich 1701 als Grundlage der preußischen Königswürde diente.

Marco Polo war nie in China – IRRTUM!

    Im 21. Jahrhundert scheint es auf der Erde keine unbekannten Flecken mehr zu geben. Abgesehen von den stockdunklen Tiefen der Weltmeere mit Lebewesen, die noch nie ein Mensch gesehen hat, wurde fast jeder Winkel der Welt ausgeleuchtet und kartographiert. Das Zeitalter der Entdeckungen ist lange vorbei, und mittels Pauschaltourismus reist die Menschheit selbst in entlegenste Regionen. Insofern fällt es uns schwer, die Unwissenheit der Menschen des Mittelalters nachzuvollziehen, aber auch die Vorbehalte gegenüber unbekannter Ferne. Als Mitte des 13. Jahrhunderts in Venedig Marco Polo geboren wurde, der bis heute als Inbegriff des Globetrotters gilt, wusste man von der Welt weniger als noch in der Antike – viel von dem zuvor gesammelten Wissen war infolge der Turbulenzen nach dem Ende des Römischen Reiches verloren gegangen. Die Welt stellte man sich gemeinhin als kreisrunde Scheibe vor: Die untere Hälfte teilten sich die Kontinente Europa und Afrika, getrennt vom Mittelmeer. Die obere Hälfte aber beanspruchte allein Asien, von dessen immenser Größe man zumindest eine vage Vorstellung hatte. Immerhin kannte man Berichte antiker Reisender und von den Eroberungen Alexanders des Großen, eine im Mittelalter äußerst populäre Figur. Alexander war bis zum Indus vorgestoßen, aber längst beherrschte das Dahinter die Fantasie der Menschen: vor allem das exotische Indien und das unendlich weit entfernte, unermesslich reiche China. Man vermutete Einhörner und Amazonen, jede Menge Gold, merkwürdig anzusehende Menschen mit Hundeköpfen oder Hufen als Beine – und irgendwo ganz hinten den Garten Eden.
    Im 13. Jahrhundert wurden Reisen nach Fernost zunehmend sicherer, weil die Mongolen als beherrschende Macht Reisenden Schutz gewährten. Zur Zeit der Geburt Marco Polos machte sich ein flämischer Franziskaner

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