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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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die Weitergabe der Kostenentlastung an die Verbraucher.
    Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene stellen die Lohn stückkosten den zentralen Kostenfaktor der Produkte dar. Zwar gibt es importierte Vorleistungen in der Produktionskette, deren Preise in die Kosten der Endprodukte einfließen und auf deren Entwicklung das Inland keinen Einfluss hat. Doch der Anteil importierter Vorleistungen ist, über alle inländischen Unternehmen hinweg betrachtet, eher klein. 57 Alle übrigen nicht-importierten Vorleistungen der einen Unternehmen stellen Endprodukte anderer inländischer Unternehmen dar, die dort mit Hilfe des Faktors Arbeit und anderer Produktionsmittel hergestellt wurden. Diese anderen Produktionsmittel sind, sofern nicht importiert, wiederumEndprodukte weiterer inländischer Firmen. Dazu gehören etwa auch Maschinen, die unter Einsatz von Arbeit gebaut wurden. Kosten für dieses Sachkapital, die zum Beispiel in Form von Abschreibungen rechnerisch in den Stückkosten von Endprodukten landen, beinhalten daher ihrerseits Löhne, möglicherweise eine ganze Lohngeschichte – sozusagen vom Ingenieur bis zum Werkzeugmacher, die zur Konstruktion der Maschine beigetragen haben. Zusammengefasst handelt es sich also bei den gesamtwirtschaftlichen Kosten immer um Lohnkosten (zuzüglich der Kosten für importierte Vorleistungen), genauer gesagt, um Lohnstückkosten.
    Daher müssen im Laufe der Zeit die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus und der gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten mehr oder weniger eng übereinstimmen. Empirisch trifft dies eindeutig zu, wie Abbildung 16 zeigt. Dort ist einerseits der Verlauf der Inflationsrate, gemessen an der Veränderung des Preisniveaus des Bruttoinlandsprodukts, dargestellt, andererseits die Veränderung der Lohnstückkosten auf Stundenbasis. 58
    Abbildung 16: Lohnstückkosten und Preise in Deutschland

    Quellen: OECD; Statistisches Bundesamt; DIW; AMECO Datenbank (Stand: Mai 2012); Werte für 2012: Prognose der EU-Kommission; eigene Berechnungen
    Über die Jahrzehnte hinweg lässt sich ein fallender Trend feststellen: Die Inflationsrate, die sich aufgrund der ersten Ölpreiskrise und der darauffolgenden Lohnabschlüsse ungefähr sechs Jahre lang oberhalb von fünf Prozent bewegte, wurde in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre unter die Fünf-Prozent-Marke gedrückt, die sie im Gefolge der zweiten Ölpreiskrise nur knapp und für kurze Zeit noch einmal überschritt. Im Laufe der 1980er Jahre wurde dann die nominale Stabilität der Wirtschaft wieder vollkommen und stärker hergestellt als je zuvor. Zwischen 1983 und 1989 lag die Inflation im Durchschnitt bei 2,3 Prozent jährlich. Der Wiedervereinigungsboom unterbrach diese »Stabilitätskultur« nur kurz. Doch was dann folgte, war völlig neu in der deutschen Wirtschaftsgeschichte: Von 1994 bis zum Beginn der Währungsunion 1999 lag die Inflationsrate im Schnitt bei nur 1,2 Prozent jährlich, im Jahr 2000 wurde sie sogar zum ersten Mal negativ und verharrte dann zehn Jahre lang mit durchschnittlich 0,9 Prozent klar unterhalb der Zielrate der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent.
    Die treibende Kraft für diese Entwicklung waren die Lohnstückkosten, also jene Größe, die die nominale Lohnentwicklung ins Verhältnis zur realen Produktivitätsentwicklung setzt. Und damit schließt sich der Kreis: Wir gelangen wieder zum Thema Löhne und Lohnzurückhaltung. Bei Lohnverhandlungen wird immer über nominale Löhne entschieden, nie über reale. Die realen Lohnsteigerungen errechnen sich ex post aus den nominalen abzüglich der Inflationsrate. Steigen die Nominallöhne gemäß der Forderung »Produktivität für Beschäftigung reservieren« schwächer als die Produktivität plus die Zielinflationsrate, dann macht sich das entweder in einer entsprechend schwächeren Inflationsrate (unterhalb der Zielrate) oder in entsprechend niedrigerem Reallohnwachstum (unterhalb des Produktivitätswachstums, eben der Lohnzurückhaltung) oder in einer Kombination von beidem bemerkbar.
    Nominallöhne, Produktivität und Preise
    Von der Rezession 1982 an bis zur Wiedervereinigung wurden jährliche Lohnsteigerungen von gut 4,6 Prozent vereinbart. Bei einer durchschnittlichen Produktivitätszunahme von 2,7 Prozent hätten die Unternehmer eigentlich nur 1,9 Prozent Preissteigerungen erreichen dürfen, sie konnten aber 2,5 Prozent durchsetzen, also 0,6 Prozentpunkte jährlich mehr, als ihre Lohnstückkosten gestiegen waren. 59 Entsprechend

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