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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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ausgeglichene EWU-Bilanz Deutschland vor einer Aufwertung, wie sie seiner unterdurchschnittlichen Geldentwertung entspräche und wie sie im Fall einer eigenständigen Währung längst stattgefunden hätte.
    Denn das lehrt die Entwicklung der 1980er Jahre: Die Devisenmärkte tolerieren hohe Leistungsbilanzungleichgewichte nicht grenzenlos. In der ersten Hälfte der 1980er Jahre profitierte der deutsche Außenhandel von einer massiven Abwertung der D-Mark gegenüber dem US-Dollar (vgl. Abbildung 18). Doch inder zweiten Hälfte, als die nominale Stabilisierung in Deutschland durch eine restriktive Geldpolitik viel stringenter umgesetzt wurde als andernorts und daher die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse weit über der Zwei-Prozent-Marke verharrten, reagierten die Devisenmärkte mit einer deutlichen Aufwertung der D-Mark. Gegenüber den Währungen der EU-Handelspartner nahm die D-Mark zwischen 1980 und 1990 um fast ein Viertel an Wert zu, gegenüber 23 Industrieländern sogar um ein Drittel. Und selbst der US-Dollar hatte seine starke Position gegenüber der D-Mark wieder vollständig eingebüßt.
    Abbildung 18: Deutscher Außenhandel und Wechselkurse

    Quelle: AMECO Datenbank (Stand Mai 2012); Werte 2012: Prognose der EU-Kommission
    Was ist an Deutschlands Methode, sich durch extreme nominale Stabilisierung Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, aus Sicht seiner europäischen Handelspartner zu kritisieren? Wenn man eine Währungsunion eingeht, müssen sich alle Mitgliedsländer an das vereinbarte Inflationsziel halten. Frankreich hat das – übrigens als einziges EWU-Land – von Beginn der EWU an getan, wie an der Übereinstimmung seiner Lohnstückkostenkurve mitder der EZB-Zielrate ablesbar ist. Südeuropa hingegen überreizte mit seiner Lohnentwicklung seine Produktivitätszuwächse und verlor auf diese Weise an Wettbewerbsfähigkeit. Doch Deutschland, an dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei, hat gegen die Zielrate der EZB durch jahrelanges systematisches Unterschreiten der Zwei-Prozent-Marke am eklatantesten verstoßen. Und damit ist Deutschland zweifellos der Hauptverursacher der Euro-Krise.
    Das wird auch an folgender Konstellation deutlich: Obwohl zum Beispiel Spanien inzwischen den für seine Binnenwirtschaft katastrophalen deflationären Rückwärtsgang bei den Lohnstückkosten eingelegt hat und sich dieses Jahr dem Niveau der französischen Lohnstückkosten und damit der Zielvorgabe der EZB annähern dürfte, hat Deutschland noch immer einen Kostenvorteil von rund einem Fünftel. Kein Wunder, dass die Kapitalmärkte unter diesen Umständen der spanischen Wirtschaft nicht zutrauen, in absehbarer Zeit zur Bedienung ihrer Auslandsschulden in der Lage zu sein. Das derzeitige Bild für Italien stellt sich noch düsterer dar, zeichnet sich doch dort anhand der verfügbaren Daten noch keine spürbare Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit wenigstens gegenüber Frankreich ab. Aber, und das ist vielleicht das Schlimmste an der Euro-Krise, das zweitgrößte EWU-Mitglied, Frankreich, hat von seiner Vertragstreue in Sachen Preissteigerung nur Nachteile. Es hat im Außenhandel keine faire Chance gegenüber dem Konkurrenten Deutschland und verliert auf diese Weise zusehends seine industrielle Basis. Solange die deutsche Lohnzurückhaltung von Seiten der verantwortlichen Wirtschaftspolitiker nicht als wesentliche Ursache der Eurokrise erkannt und dagegen vorgegangen wird, ist die EWU zum Scheitern verurteilt.
    Dass sich Deutschland mit seiner Lohnstrategie obendrein selbst schädigt, wird auch an folgendem Vergleich deutlich. Hätten in Deutschland die Lohnverhandlungen der letzten zwölf Jahre im Durchschnitt zu einer Nominallohnsteigerung von 3,4 Prozent jährlich geführt (also Produktivitätszuwachs plus Zielinflationsrate),dann hätte sich, wie Abbildung 19 zeigt, der private Verbrauch hierzulande genauso entwickeln können wie in Frankreich.
    Abbildung 19: Privater Verbrauch in Deutschland und Frankreich

    Quelle: AMECO Datenbank (Stand: Mai 2012); »tatsächliche« Werte 2012: Prognose der EU-Kommission; eigene Berechnungen
    Dass es dann nicht zu so hohen Nettoexportüberschüssen gekommen wäre, steht außer Frage. Trotzdem wäre die gesamte deutsche Wirtschaftsleistung zunächst nicht deutlich schlechter ausgefallen und ab dem Krisenjahr 2009 sogar vermutlich besser (Abbildung 20), als geschehen. Die Grafik veranschaulicht den fiktiven Fall einer Wirtschaftsentwicklung in Deutschland bei komplett

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