Irrweg Grundeinkommen
Arbeitgeberwird der größte Teil der Ausgaben der BA finanziert. Von den Ausgaben in Höhe von 37,1 Milliarden Euro im Jahr 2010 wurden 45 Prozent, das heißt 16,7 Milliarden Euro, als Geldleistungen für das Arbeitslosen- und Insolvenzgeld aufgewendet. 20,4 Milliarden Euro, das heißt mehr als die Hälfte des Haushalts der BA, wurden für allgemeine gesellschaftliche Aufgaben wie die Arbeitsförderung etc. ausgegeben. Auch hier liegt eine Fehlfinanzierung durch die Beiträge der abhängig Beschäftigten vor. Besonders deutlich wird diese Fehlfinanzierung an der Erhöhung des Beitragssatzes infolge der deutschen Vereinigung um 2,5 Prozentpunkte auf über sechs Prozent; dieses Niveau wurde bis 2007 durchgehalten. Aber auch hier gilt: Die Finanzierung der Arbeitsmarktprobleme infolge der deutschen Vereinigung ist keine Aufgabe der Pflichtversicherten in der BA.
5 Das Ende der großen Umverteilung
Die globale Stagnation ist Folge der Umverteilung
Die große Umverteilung, die wir in diesem Buch als deutsches Phänomen beschrieben haben, war in der Tat eine globale Umverteilung. In fast allen Teilen der Welt, insbesondere in den industrialisierten Ländern, folgte man seit Mitte der 1970er Jahre dem Dogma, nur mehr Macht und Geld auf Seiten der »Investoren« könne die Wirtschaft zum Laufen bringen und zukunftsfähig machen. 71 Das war ein Irrtum. Die große Umverteilung hat die Welt in eine Stagnationsfalle gelotst, aus der es kaum ein Entrinnen gibt.
Ende des Jahres 2012 breitet sich Verzweiflung unter den kompetenten Wirtschaftspolitikern aus, weil die Stagnation der Wirtschaft, die nach einem kurzen, vom Staat befeuerten Aufschwung im Gefolge der Krise 2008 immer mehr um sich greift, mit den normalen Mitteln der Wirtschaftspolitik offenbar nicht mehr zu bekämpfen ist. Besonders deutlich wird das an der Geldpolitik. Von Monat zu Monat werden die Maßnahmen, die die großen Zentralbanken ergreifen, unorthodoxer und verzweifelter. Die amerikanische Zentralbank hat jetzt den kurzfristigen Zins auf drei Jahre im Voraus auf null festgelegt und interveniert jeden Monat am Hypothekenmarkt, um dort eine gewisse Entlastung zu schaffen in der Hoffnung, dieser Markt ließe sich vielleicht mit niedrigen Zinsen beleben. Auch die Europäische Zentralbank und die Bank von Japan haben zu mehr als außergewöhnlichen Mitteln gegriffen, um einer Deflation zu begegnen.
Was ist nur geschehen? Für jeden, der nicht die weitverbreitete Verteilungsscheuklappe trägt, ist das relativ offensichtlich. In den Jahren 2008 und 2009 ist die Arbeitslosigkeit weltweit nach oben geschossen, weil Finanzspekulationen zusammenbrachen und viele Banken und Unternehmen mit extrem hohen Spielschulden belastet waren. Deren Versuch, durch Ausgabekürzungen die Schulden in Grenzen zu halten, löste eine Spirale von Kürzungen aus, die sich zu der »großen Rezession« kumulierten und viele Menschen den Job kosteten. Hohe Arbeitslosigkeit aber drückt natürlich den Preis am Markt für Arbeit, weil sich die Machtverhältnisse zugunsten der Arbeitgeber verschieben. Nur, und hier kommt der entscheidende Haken an der Geschichte, die Löhne der Arbeitnehmer gerieten unter Druck, obwohl es in den Jahrzehnten zuvor die »große Umverteilung« zu ihren Lasten gegeben hatte. Wenn aber an einem Markt der Preis unter Druck gerät, obwohl dieser Preis gar nicht zu hoch, sondern eher zu niedrig ist, gibt es eine gigantische Fehlsteuerung. Die Arbeitnehmer konsumieren nicht zusätzlich, weil ihre Einkommen nicht steigen. Die Einkommen steigen nicht, weil die Arbeitslosigkeit hoch ist. Folglich bleibt die Arbeitslosigkeit hoch, weil die Nachfrage nicht steigt.
Dieser Teufelskreis ist, wie das Beispiel Japan in den letzten 20 Jahren gezeigt hat, kaum zu durchbrechen. Die Geldpolitik hat bei Zinsen von null ihre Grenzen erreicht, und der Staat müsste mit mehr staatlichen Ausgaben und höherer Verschuldung dagegenhalten. Der tut das aber nicht, weil er schon im Zuge der Bekämpfung der »großen Rezession« seine Schulden hochfahren musste und nun glaubt, die öffentlichen Haushalte durch strikte Sparversuche sanieren zu müssen und zu können. Also verharrt die entwickelte Welt in einer Situation, die sich durch einen größeren Schock jederzeit und extrem schnell erneut in eine große Krise verwandeln kann.
Das alles ist Folge der großen Umverteilung. Weil man den Arbeitnehmern im Zuge der »Flexibilisierung« der Arbeitsmärkte ihren fairen Anteil am
Weitere Kostenlose Bücher