Irrwege
häßliche Schädel genau über
ihr war, dann rammte sie die scharfgeschliffene Klinge – die Runen flammten
blau und rot – in das Schlangenhaupt.
Tief drang die Klinge ein, Blut spritzte. Das
Scheusal bäumte sich auf, Kari wurde das Schwert entrissen. Geblendet von dem
rauchenden Blut, das auf sie niederregnete, halb betäubt von dem ekligen,
giftigen Gestank, fiel Kari zu Boden. Der gewaltige Leib, der sich in
Todesqualen wälzte, drohte sie zu zerquetschen, aber ihre Gefährten zogen sie
rechtzeitig darunter hervor. Der wild schlagende Schwanz des Ungeheuers hätte
sie zerschmettert, aber die Kraft erlahmte. Das Reptilhaupt stürzte wie ein
gefällter Baum herab, verfehlte nur knapp die Mauer – und lag still.
Die Patryn jubelten, ihre Feinde fluchten. Die
anderen Schlangen, gewarnt durch den Tod eines der ihren, betrachteten die
Widersacher mit größerem Respekt, wodurch deren Vorhaben erheblich
gefährlicher wurde.
Der Schädel der einäugigen Schlange wiegte sich
züngelnd über Haplo.
»Dies ist unser letztes Zusammentreffen,
Sang-drax!« rief er laut.
»Allerdings, Patryn. Du bist mir nicht mehr von
Nutzen.«
»Weil ich nicht länger Angst vor dir habe!«
»Oh, aber das solltest du.« Sang-drax drehte den
Kopf hin und her, um Marit und Hugh zu sehen, die sich auf seiner blinden Seite
befanden. »Während wir plaudern, eilen meine Vasallen zum Letzten Tor, mit dem
Befehl, es zu verriegeln. Ihr werdet für alle Ewigkeit hier eingekerkert sein!«
»Unsere Freunde im Nexus werden es nicht
kampflos geschehen lassen!«
»Aber sie können nicht siegen. Du kannst
nicht siegen. Wie viele Male hast du mich schon vertrieben, und immer bin ich
wiedergekommen!«
Sang-drax’ Kopf stieß nach Haplo, aber der
Angriff war nur eine Finte – der peitschende Schwanz riß ihm die Beine unter
dem Leib weg. Das Schwert flog aus seiner Hand. Seine magische Aura schützte
ihn, sonst hätte der Schlag ihm das Rückgrat gebrochen.
Der Hund stand mit gesträubtem Nackenfell über
seinem Herrn und fletschte knurrend die Zähne, aber Sang-drax beachtete Haplo
nicht weiter – er lag am Boden und war keine Bedrohung mehr. Das rote Auge
suchte und fand Marit. Sang-drax’ Rachen öffnete sich weit. Marit stand da,
offenbar starr vor Entsetzen, und machte keine Anstalten, sich zu verteidigen.
Die Kiefer wollten sich über ihr schließen, als etwas Schweres die Schlange von
der blinden Seite traf.
Hugh Mordhand hatte sich gegen den Reptilschädel
geworfen. Mit einem runenbedeckten Patryndolch versuchte er die graue
Schuppenhaut zu durchbohren, aber die Klinge zerbrach. Der Assassine ließ nicht
los, seine Finger krallten sich in die leere Augenhöhle. Er hatte damit
gerechnet, der Todesdolch würde erwachen und ihn verteidigen, aber vielleicht
waren die Drachen-schlangen tatsächlich imstande, die Waffe zu beeinflussen,
wie Haplo es schon lange vermutete. Hugh konnte nichts anderes tun, als sich
festhalten und hoffen, daß er Marit und Haplo genug Zeit verschaffte, um das
Scheusal zu töten.
Sang-drax warf den Kopf von einer Seite zur
anderen, um den Nichtigen abzuschütteln, aber Hugh Mordhand war stark und
klammerte sich verbissen fest. Feurige Blitze liefen über die graue Haut der
Schlange. Der Assassine brüllte vor Schmerzen auf. Ein elektrischer Schlag
durchfuhr seinen Körper und zwang ihn loszulassen.
Er fiel zu Boden, doch hatte er Marit eine
ausreichende Frist verschafft. Sie rammte ihr Schwert in Sangdrax’ pendelnden
Schädel. Die Klinge drang durch den Unterkiefer in den Rachen – eine schmerzhafte
Verletzung, die aber nicht tödlich war.
Marit wollte das Schwert zurückreißen, Sang-drax
jedoch bäumte sich auf und entwand den Griff ihren blutigen Händen.
Haplo war aufgesprungen und hatte auch sein
Schwert wieder, doch er schwankte noch benommen. Marit lief auf ihn zu, um
seine Waffe zu nehmen – er hielt ihre Hand fest.
»Hinter mich!« raunte er drängend.
Marit verstand seinen Plan. Sie schob sich
hinter ihn, wobei sie darauf achtete, seinen Schwertarm nicht zu behindern, der
kraftlos an seiner Seite hing. Der Hund tanzte vor ihnen herum, vollführte
Luftsprünge und kläffte schrill.
Sang-drax, gepeinigt von gräßlichen Schmerzen,
entdeckte seinen Widersacher, der ebenfalls verletzt und schwach war. Zu spät
bemerkte er die blitzende Klinge, die ihm entgegengehoben wurde, eingehüllt in
eine gleißende magische Aura, die sein einziges Auge
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