Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
Vom Netzwerk:
daß ein Besatzungsmitglied
fehlte? Nein. Es war nämlich Vorschrift, einen solchen Fall einem höheren
Offizier an Land zu melden, der alle Hände voll mit den auswärtigen Gästen zu
tun hatte und kaum erfreut sein würde, zusätzlich mit Trivialitäten behelligt
zu werden. Wahrscheinlich handelte der Schiffskapitän selbst sich einen Tadel
ein.
    »Weshalb, im Namen der Väter, könnt Ihr nicht
auf Eure Menschen aufpassen, mein Bester? Das Oberkommando wird Eure Ohren
fordern, wenn Ihr nach Paxaria zurückkehrt!«
    Nein, Hughs Verschwinden würde man nicht melden,
sondern allen Beteiligten Ärger ersparen und es vergessen.
    Der Sturm flaute ab, die ohrenbetäubenden Donnerschläge
verebbten zu einem leisen Grollen. Es war Zeit. Hugh raffte sich auf, nahm sein
Bündel und stolperte zum Bug. Die wenigen Elfen, die ihm begegneten, gönnten
ihm keinen zweiten Blick. Die meisten waren noch zu erschöpft, um auch nur die
Lider zu heben.
    Am Bug angelangt, produzierte er überzeugende
Würgegeräusche. Unter gelegentlichem Ächzen und Stöhnen zog er aus dem
Mantelsack ein Bündel, das ganz genau so aussah wie das Innere eines Mantelsacks.
Kaum hatte Hugh es jedoch zutage gefördert, veränderten sich sofort Farbe und
Beschaffenheit, bis der Stoff haargenau der hölzernen Schiffswand glich. Jeder,
der ihn beobachtete, mußte glauben, daß er sich äußerst merkwürdig benahm –
scheinbar Kleidung anlegte, die gar nicht vorhanden war, und dabei Stück für
Stück vor den Augen des Beobachters verschwand.
    Sehr gegen ihren Willen hatten die Kenkari ihn
mit dem magischen Tarngewand der Unsichtbaren ausgerüstet, aber ihnen war kaum
etwas anderes übriggeblieben, nachdem sie es waren, die verlangten, daß er
Haplo tötete. Die Kleidung hatte die Eigenschaft, sich der jeweiligen Umgebung
anzupassen, so daß ihr Träger sich ungesehen auch am hellen Tag und an belebten
Orten bewegen konnte. Hugh fragte sich, ob es derselbe Anzug war, den er in
jener verhängnisvollen Nacht getragen hatte, als Iridal und er im Imperanon in
Grams Falle tappten. Er konnte es nicht wissen, und die Kenkari schwiegen sich
aus. Aber es war auch nicht wichtig.
    Hugh zog seine Kleider aus – derb und einfach,
wie man es bei einem Seemann erwartete – und stieg in Tunika und Hose der
Unsichtbaren. Die beiden Teile, formlos, aus fließendem Stoff, waren für Elfen
zugeschnitten und ihm beinahe zu eng. Eine Haube bedeckte seinen Kopf, aber
die Hände blieben unbedeckt; Elfenhandschuhe für Menschenhände gab es nicht.
Doch er hatte sich beim letztenmal angewöhnt, seine Hände in den Falten der
Tunika zu verbergen, bis der Augenblick gekommen war, sie zu gebrauchen. Und
dann war es zu spät…
    Hugh nahm den Mantelsack auf, der noch eine
weitere Verkleidung enthielt nebst seiner Pfeife, die er leider nicht benutzen
durfte. Wenige Leute rauchten Stregno; sowohl Trian als auch Haplo würden
jemanden bemerken, der es tat, und sofort an Hugh Mordhand denken. Das
Unglücksmesser, sicher in einem Futteral untergebracht, trug er über der
Schulter, unter der Kleidung verborgen.
    Langsam, damit der magische Stoff Gelegenheit
hatte, sich dem Hintergrund anzupassen, schlich der Assassine an den
Elfenwachen vorbei, die während der Kalme an Deck gekommen waren, um einen
kurzen Augenblick lang Sonnenschein und frische Luft zu genießen. In eine
Unterhaltung vertieft, über die Wunder, die man bald erleben würde, wenn das
Allüberall zu arbeiten anfing, schauten sie geradewegs auf Hugh und sahen ihn
nicht. Er verschwand von dem , Schiff, wie vom auffrischenden Wind
hinweggeweht.
    Hugh Mordhand war früher schon einmal mit Alfred
und Gram auf Drevlin gewesen. 22 Er kannte sich aus, wie
überall, wo er einmal gewesen war, und auch an so manchen Orten, wo nicht. Die
neun gigantischen Arme aus Messing und Gold, die sich in den Himmel reckten,
waren die Hebenauffer. Das Elfenschiff war genau im Zentrum des von den Armen
gebildeten Kreises gelandet. Zum Rand hin sproß noch ein Arm aus dem Koralit,
kürzer als die übrigen, folglich bekannt als der Kurze Arm. In seinem Inneren
führte eine Wendeltreppe nach oben, zu der am Gelenk waagerecht abgeknickten
Hand in der Spitze. Hugh schlüpfte hinein und vergewisserte sich mit einem
raschen Blick in die Runde, daß er allein war. Er entledigte sich des Tarnanzugs
der Unsichtbaren und nahm einen letzten Kostümwechsel vor.
    Er hatte reichlich Zeit, Orkanböen fegten über

Weitere Kostenlose Bücher