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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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schlaff, aber in der zähen, sirupartigen Bewegung ihres Denkens registrierte sie dies kühl, desinteressiert, die ganze Erfahrung seltsam fern … alles so fremd, daß Fremdheit Normalität wurde.
    Waffen säumten die Wände des geheimnisvollen Raumes. Sie sah ruhig zu, wie sich ihre Hand ausstreckte und eine kleine Waffe vom Haken zog. Sie fühlte sich unglaublich schwer in den überanstrengten Händen an, kalt und …
    Sie konnte es nicht ertragen, noch länger an diesem Ort zu bleiben. Der Gestank des Todes zerfraß ihre Seele, und sie floh dorthin zurück, woher sie gekommen war.
    Sie stand in dem Korridor, die Waffe gegen die Brust gepreßt, die Füße fest, kalt auf den glatten, grünen Fliesen. Sie streckte die Hand aus und zog die Tür zu. Als die Finger über das rauhe Metall glitten, wurde es durchsichtig, und ohne wirklich zu wissen, warum, von einer tief begrabenen, wilden Furcht dazu gedrängt, schob sie die Walzenriegel in ihre Verschlußnischen zurück, floh dann den Korridor entlang, wobei die nackten Füße über die Fliesen klatschten, die Waffe hielt sie gegen das hämmernde Herz gepreßt …
    Die Fliesen wurden blaugrün. Der Sabutim-Wachtrupp, steif und wachsam in den blaugrünen Jacken, stand ihr vor dem durch einen schweren, blaugrünen Gobelin verschlossenen Türbogen im Weg. Mit wild pochendem Herzen, bis ihr Körper unter diesem Schmerz wehtat, schlich sie sich an sie heran, dann atmete sie weiter, als – warum auch immer – ihre Augen durch sie hindurchstarrten.
    Nachdem sie sich vorsichtig zwischen ihnen hindurchgewunden hatte, zögerte sie vor dem Gobelin, glitt dann durch die schmalste Öffnung, durch die sie sich zwängen konnte, und zog den Gobelin nervös wieder glatt. Vo n einer wachsenden Besorgnis getrieben, einem Dringlichkeitsgefühl, das abwechselnd heiß und kalt durch sie hindurch jagte, floh sie zum Bett.
    In dem schwachen Licht, das durch das Wandfenster sickerte, von dem der abschirmende Gobelin zurückgezogen war, konnte sie die dunkle Masse des Bettes mit den hauchdünnen Vorhängen – wie Nebel – sehen. Sie bewegte sich immer langsamer, mit eigenartigem Zögern, kam näher und stand da, die Augen geweitet, erschrocken, und starrte auf die beiden Gestalten, die in tiefem Schlaf dicht aneinandergekuschelt lagen.
    Das rotgoldene Haar der Frau war über die nackten Schultern ausgefächert, eine Brust entblößt, die seidige, blaugrüne Decke gegen den zusammengerollten Körper gepreßt. Neben ihr lag die starke, hagere Gestalt Burashs, sein Gesicht selbst im Schlaf angespannt und müde. Seine Fühler zuckten unregelmäßig, seine Finger öffneten und schlossen sich krampfartig, sein unruhiger, gestörter Schlaf diente dazu, die Tiefe und den Frieden von Aleytys’ Ruhe zu unterstreichen. Sie streckte die Hand aus und berührte die Schulter der Schläferin.
    Aleytys setzte sich blinzelnd auf. Burash murmelte etwas und zuckte neben ihr. Sie beugte sich über ihn, ließ die Finger über sein Gesicht, seinen Hals gleiten, streichelte ihn, das Gefühl seines festen Fleisches war warm und gut in ihren Fingerspitzen, floß wie Feuerschein im Winter durch ihren Körper und überlagerte für einen Augenblick alle Anspannungen und Ängste ihres Lebens. „Ruh dich aus, mein Lieber“, murmelte sie.
    Burashs Gesicht entkrampfte sich, seine Hände lockerten sich, und er sank tiefer in einen heilenden, erholsamen Schlaf.
    Sie seufzte und streckte sich. „Was für ein seltsamer Traum.“ Sie starrte zu dem Spalt im Gobelin hinüber. „Ich wüßte gern, wie spät es ist.“ Gähnend streckte sie sich, dann legte sie sich wieder zurück. Ihre Hand stieß gegen einen kalten, harten Gegenstand. „Ahai, Madar“, keuchte sie. Sie zerrte das Ding unter der Decke hervor und hielt es in beiden Händen, das Gewicht des Dings legte von seiner Realität Zeugnis ab.
    Es war die Waffe aus ihrem Traum.

 
17
     
    Aleytys trat mit den Füßen aus und sah zu, wie sich der hellgelbe Chiffon in der kühlen, feuchten Morgenluft aufbauschte und flatterte. Die gelbe Sonne, die sie noch immer ein wenig verwirrend fand, war ein Halbkreis über dem grauen Gestein der Mauer; die patrouillierenden Sabutim schritten auf der Mauerkrone auf und ab, und – so kam es ihr vor – ihre langen, schmalen Schatten blockten wie Gefängnisstäbe etwas von dem ohnehin zu schwachen Licht und der Hitze ab.
    Die Schatten im Garten schrieben lange, dünne Hieroglyphen auf das glatt gemähte Grün des Rasens.
    Aleytys

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