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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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in wellenförmigen Kreisen um ihre Hände rhythmisch auf und ab, wie Pferde … Pferde … immer rundherum drehten sie sich.
    Pferde. In Herden galoppierten sie über ihren Bauch, die Läufe hoben sich und fielen sanft, Pferde, mit eleganter Anmut sprangen sie über die Zehen, fuhren wieder herum, winzige, glitzernde, vergoldete Pferde, Glaspferde mit goldenen, in ihren Herzen leuchtenden Feuern, sich hebend, senkend, helle Funken, die ihre kräftigen Rümpfe erhellten, Blasenpferde, so durchsichtig wie feines Glas, tänzelnd, springend – in perfekt aufeinander eingespielten Gespannen galoppierten sie um ihren Körper herum. Sie lachte vor Freude über diesen schönen Anblick und sah dann verwundert zu, wie die winzigen Pferde wieder zu Blasen schmolzen, die ziellos um sie her flossen.
    Ihr entspanntes, weiches Gesicht zog sich unter einem Stirnrunzeln zusammen, als sie ihren widerwilligen Geist dazu zwang, über dieses Phänomen nachzudenken.
    Eine Ewigkeit verging.
    Sie öffnete die Augen. Blasen schwebten um sie her, aber ihr schien, als wären die tanzenden Lichter schwächer, die dahintreibenden Funken weniger geworden. Sie zwang sie in eine über den Brüsten schwebende Kugel. Die Lichter wurden heller, festigten sich. Das Zentrum der Kugel ruhte über dem Herzen. Sie betrachtete sie. Formte sie mit ihrem Willen zu einer Pfeilspitze. Sah die Spitze ruhig über den Brüsten stehen. Ließ die Pfeilspitze herunterstürzen und wie ein gut dressiertes Pferd, das auf ihren Willen reagierte, um ihren Körper jagen, ließ sie wie eine Verlängerung des Körpers handeln, wie eine weitere Hand. Sie hatte sie jetzt, ließ sie kommen und gehen; sie formte ein Bild in ihrem Kopf, und die schimmernden Goldblasen tanzten zu ihrer Melodie. Sie wünschte sich die winzigen Pferde zurück und lachte vor Freude, als sie über die Ebenen und Hügel ihres nackten Körpers galoppierten.
    Eine Ewigkeit verging.
    Während sie in die bezaubernden Kapriolen der leicht beeinflußbaren Blasen vertieft dalag, wirbelte das Wasser um ihren Körper, wechselte von warm zu kalt und von kalt zu warm.
    Plötzliche Empfindung von Geschwindigkeit. Die Strömungen warfen sie herum, tauchten sie hierhin, dorthin, wechselten unerwartet … eisig und blutwarm … in die kalte Masse tauchen: Ansporn/Schock/Zentralität … in die warme Masse tauchen: Entspannung/Zerstreuung/Hinaustasten … aufs Geratewohl herumwirbelnd, munter und träge, bis ihr Geist vom Schock des Wechselns krank war.
    Kälte schoß durch ihren Körper. Die Füße schlugen hart auf kühle Keramikfliesen, schwach beleuchtet. Ein Korridor, verwirrend vertraut, entfernte sich in einer langen, glatten Kurve vor ihren blinzelnden Augen. Grüne Fliesen unter den Füßen … den stillen Korridor entlanggehen, einen zögernden Geist nach dem Grund für das Gefühl der Vertrautheit durchforschen. Keine Antwort. Sie war eine Fassade, eine phantomhafte Gestalt, von Pseudoleben erfüllt …
    Eine massive, wuchtig geformte Bronzetür. Zögernd hielt sie davor an und starrte ausdruckslos auf ein kompliziertes Schloß, das wie ein Nest von Würmern über deren Mitte kroch. Nach einer langen, leeren Zeit hob sie eine Hand und drückte sie gegen die Tür, die Finger als blasser Seestern gegen das dunkle, rauhe Metall gepreßt, das sich auf der Haut kalt und beständig anfühlte, während die Vorderseite der Tür durchsichtig wurde, wie Glas, auf ihren Willen reagierte, wie es die Blasen getan hatten. Sie sah walzenförmige Riegel, gedrungene Trolle, in ihren engen Nischen sitzen.
    Eine Ewigkeit verging.
    Sie stand steif und unbeweglich, den Arm ausgestreckt, die Hand gegen das Metall gepreßt, bis in ihrem trägen Geist endlich langsam eine Idee erwachte. Sie wünschte, die Riegel möchten zurückweichen … einer nach dem anderen … wie die Blasenpferde … Einer nach dem anderen bewegten sie sich; sie konnte das schwere Rums-Bums durch und durch die Knochen spüren, dann drückte sie gegen die Tür. Langsam, gewichtig, glitt sie auf, und sie schwebte zögernd hinein, hineingelockt, ohne zu wissen, warum.
    Sie glitt an steifen, schweigenden Nayidwächterinnen vorbei, stumm wie Statuen waren sie, kein Schlagen der achtknotigen Herzen, kein Heben und Senken des Brustkorbs, kein zischelndes Ein- und Ausfahren von Atem. Sie trieb dahin, der schwere, unbeholfene Körper vorangetrieben, seltsam schwebend. Sie blickte nach unten.
    Die Füße hingen als Rauchfetzen eine Handspanne über dem Boden,

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