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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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Red-Bull-Dosen auf Ex austrinken, die Ehefrau darf ihre Nagelfeile in die Spendenbox werfen, und der Senior selbst bekommt den Gürtel nicht aus seiner Funktionshose.
    Endlich am Gate. Der Flieger nach Teneriffa-Süd ist auch schon da. Puls und Blutdruck kommen aus den roten Zahlen. Das erste Rudel Urlauber hat sich aber schon in der Pole-Position eingefunden. Erneute Unruhe bei Heinz und Birgit. Auch anstellen oder cool bleiben wie die Typen mit den gelben, umgehängten V-Ausschnitt-Pullovern, den rosafarbenen Hemden, den Hosen in Ecru und den weinroten College-Schuhen, deren Begleiterinnen bis auf die Frisur genauso aussehen? Aber die sitzen vielleicht in der Komfortklasse und können deshalb so entspannt sein.
    Birgit ist es zu anstrengend, cool zu bleiben. Sie gibt auf und will an die Front. «Heinz, komm, los!»
    Betont lässig hängt die Eincheckerin von eben an dem Schalter ab, an dem die Bordkarten abgerissen werden. An ihr müssen alle vorbei, und das weiß sie auch. Sie telefoniert, hat eine Liste in der Hand, öffnet die Glastür, macht sie wieder zu. Sie schaut keinem in die Augen, obwohl sie weiß, dass etwa achtzig Augenpaare auf sie gerichtet sind, die mit waidwunden Blicken fragen: «Wann dürfen wir endlich?» Birgit müsste auf die Toilette, aber dann hätte sich der ganze Anstellstress nicht gelohnt, also anhalten. Da hat sie Übung. Birgit ist schließlich Busfahrerin, da kann man auch nicht so eben mal den Schwenkbus an den Bordstein fahren, ihn kommentarlos verlassen und in die nächste Kneipe rennen. Und mit Kommentar wäre das noch peinlicher.
    Es geht los. Mütter mit Kindern und Rollstuhlfahrer zuerst. Aber die müssen erst einmal durch die Schlange durch. Wenn man zur Seite tritt, ist jedoch der schöne Standplatz weg, also heißt es: drängeln und dabei so tun, als hätte man nichts gegen Kinder oder Rollstuhlfahrer. Diese Übung beherrschen aber nur erfahrene Vielflieger perfekt.
    Dann erstes Vorrücken auch für Birgit und Heinz. Ausweis nochmals vorzeigen, Bordkarte abreißen lassen und durch die Glastür. An einigen Terminals gibt es moderne Fahrgastbrücken, die aber sind bei Flügen nach Teneriffa-Süd anscheinend unbeliebt, denn es kommen nun Busse zum Einsatz. Und wieder geht ein Kampf los. Birgit und Heinz versuchen es mit der Flucht nach vorne. Mit Händen und Armen vollführen sie wilde Schwimmbewegungen. Taktik und Technik funktionieren, sie kommen als Erste in den Bus.
    Seit zwanzig Jahren fährt Birgt für die Stadtwerke Bonn, unfallfrei, auf den unterschiedlichsten Routen. Sie hat ihren Beruf gelernt, das kann man von den meisten Flughafenbusfahrern aber keineswegs behaupten. Sie müssen im Grunde nur geradeaus fahren können, dabei ein paar Mal nach rechts oder nach links abbiegen, immer auf genau festgelegten Routen, die genauestens markiert sind. Doch selbst diesen geringfügigen Herausforderungen sind die Fahrer höchst selten gewachsen. Sie ruckeln mit ihren Schwenkbussen vor und zurück, geben Gas und bremsen abrupt ab, verreißen das Lenkrad und wundern sich dann, dass hinten Handys aus den Händen fliegen, Passagiere mit den Köpfen aneinanderstoßen und sich Handgepäckstücke selbständig machen.
    Zurück zu Birgit und Heinz. Die sind zwar als Erste in den Bus gestiegen, kommen aber als Letzte wieder raus. Das hat fatale Folgen. Im Flugzeug ist das Fach mit den Zeitschriften leer, die Handgepäckfächer sind voll und die Mittelarmlehnen mit Panzerfäusten gesichert. Birgit hat Glück. Ihre Nachbarn halten zwar die Armlehnen besetzt, sind aber von Statur aus eher schmächtig. Da besteht mit Siegeswillen, Disziplin und Durchhaltevermögen noch Hoffnung, entsprechendes Terrain zu erobern. Bei Heinz sieht es jedoch düster aus. Bei ihm hängen von beiden Seiten nicht gut riechende, gewaltige Fettpolster in seinen Sitzbereich hinein. Und die bleiben da auch, selbst, als er sich in den Sitz und das Handgepäck zwischen die Füße klemmt. Gar nicht schlimm, dass es keine Illustrierte mehr gibt. Wie hätte er sie auch in den Händen halten sollen. Und auch nicht schlimm, dass er sich nicht zu Birgit umdrehen kann, dass die nervige Kindergartenkröte vor ihm in ihrem Sitz herumtanzt und mit ihrer Rückenlehne seine Kniescheiben traktiert, und auch nicht, dass die Maschine noch immer keine Startfreigabe erhalten hat. Und dass der für diese Uhrzeit verdächtig gutgelaunte Kapitän verkündet, dass «wir noch auf die letzten beiden Fluggäste warten, aber dann kann es gleich

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