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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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ist gut für Sie, weil der Hotelier sich dann besonders liebevoll um seine wenigen Gäste kümmert.
    Bevor Sie zum Dinner schreiten, schauen Sie zuerst in die Küche hinein, und begrüßen Sie den Chef de Cuisine. Fragen Sie ihn, was er heute Abend empfiehlt. Dann liegen Sie bei der Bestellung zumindest halbwegs richtig. Entweder rät er nämlich zu dem, was dringend wegmuss oder was er gut kann und selbst gern isst.
    Ein Candle-Light-Dinner zu zweit können Sie sich in einem abgelegenen Landhotel abschminken, auch wenn das der Grund war, warum Sie sich für die idyllische Einsamkeit entschieden haben. Die Vorspeise werden Sie vielleicht noch als Paar ungestört genießen können, aber spätestens zum Hauptgang wird der Hotelinhaber an Ihren Tisch treten. Er wird Sie fragen, ob es Ihnen mundet, und sich dann ganz beiläufig mit einem Glas Rotwein an Ihren Tisch setzen. Später werden der Koch und der Kellner dazustoßen. Zu dritt werden sie Ihnen sicher tolle Hotelgeschichten erzählen. Vor allem, welche Prominente ihr Haupt schon bei ihnen auf die weichen Kissen gebettet haben. Brad Pitt und Angelina Jolie mit all ihren Kindern sollten schon dabei sein. Lassen Sie sich nicht mit Barack Obama oder Cameron Diaz abspeisen.
    Irgendwann wird ein guter Cognac auf dem Tisch stehen. Ob Sie die Flasche ordern oder der Hotelbesitzer, das spielt keine Rolle. Sie wird so oder so auf Ihrer Rechnung erscheinen. Das sollte Sie aber nicht erzürnen, bedenken Sie: Sie hatten nette Gesprächspartner und ein individuelles Ambiente. Sie hätten auch All Inclusive buchen können.
    Und nun stellen Sie sich vor, Sie sind nicht als Tourist in einem exotischen und fremden Land, sondern weil sie dort kurzfristig einen Job übernommen haben. In einer solchen Situation ist es sinnvoll, schnell Kontakte zur einheimischen Bevölkerung zu knüpfen. Für uns alltägliche Dinge können dort extrem kompliziert sein. Versuchen Sie mal in Kalkutta ein Bahnticket zu kaufen, in Kathmandu Ihr Auto zu betanken, in Karachi einen vernünftigen Zahnarzt zu finden oder in Kota Kinabalu ein kaltes Bier. Da ist es gut, wenn einem ein neugewonnener Freund zur Seite steht. Und nicht nur das, noch besser ist es, wenn man von ihm eine Einladung in sein Haus erhält, zum Dinner. Da hat man dann endlich den ersehnten hautnahen Kontakt zu Menschen vor Ort. Lernt deren Sitten und Gebräuche kennen und die Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben und die ja auch für Sie von Belang sein können.
    Aber zuerst müssen Sie das richtige Gastgeschenk besorgen. Gut dran ist da jeder, der eine Kuckucksuhr mitbringen kann. Die löst beim Gastgeber allergrößtes Entzücken aus. Da freut sich der Inder genauso wie der Chilene oder Mongole. Gerngenommen werden auch CDs mit klassischer Musik, Bildbände über deutsche Schlösser oder Messersets aus Solingen. Zur Not wird auch ein Gartenzwerg akzeptiert.
    Wenn die Einladung für acht Uhr ausgesprochen war, vergessen Sie Ihren deutschen Pünktlichkeitswahn, und erscheinen Sie nicht vor neun. Dies gilt vor allem für Einladungen in Asien. Und auch um neun werden Sie erst einmal höflich vom Gastgeber begrüßt, umgehend ins Wohnzimmer geschoben und dort mit einem Whisky und der TV-Fernbedienung geparkt. Das hat drei Gründe:
     
Man hat keine Zeit für Sie, weil die Essensvorbereitungen noch in ihren Anfängen stecken.
Man glaubt, dass wir in Deutschland kein Fernsehen haben, und will Ihnen etwas Gutes tun.
Man will Ihnen beweisen, dass das Wohnzimmer keine deutsche Erfindung ist und dass in indischen Wohnzimmern mindestens genauso viel Krimskrams steht.
    Damit Sie sich nicht einsam fühlen, setzt Ihnen Ihr Freund seinen zweijährigen Sohn Krishna zu Füßen. Der trägt ein weißes Hemd, eine schwarze Hose und schwarze Lackschuhe. Im Abstand von dreißig Minuten betritt der Hausherr das Wohnzimmer und wird sagen: «Wir sind gleich so weit.» Und weil Sie bislang die Fernbedienung nicht in Gebrauch genommen haben, fügt er hinzu: «Ich mach dir mal den Fernseher an, das Bild ist nicht so scharf, aber da läuft Rocky 11. » Und er wird Ihnen das Glas mit Whisky wieder voll machen.
    Sie und Krishna können Rocky 11 nicht so richtig genießen, weil alle paar Minuten der Strom ausfällt. Das ist dann so, als ob bei uns ein Film im Fernsehen fast im Minutentakt von Werbung unterbrochen würde, aber dann könnten Sie wenigstens auf die Toilette gehen oder ein paar Snacks in der Küche besorgen. Aber hier sitzen Sie jetzt komplett

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