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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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nun Kaffee oder Klopapier?»
    Augenblicklich lasse ich ihn stehen und gehe auf mein Zimmer, um meine Sachen zu packen. Ich habe nichts gegen eine schöne lange Unterhose aus Angora, aber ganz viel gegen das Hotel Angora in Side. Zehn Minuten später stehe ich stocksauer an der Rezeption. Ich zähle alle Mangel auf und werde laut, als der Chef zu mir sagt: «Wie soll ich denn alle Matratzen in meinem Hotel kennen?»
    «Einfach nicht in einem Fachgeschäft für Fakire einkaufen, dann lägen auch Matratzen in Ihren Betten und keine Eisengestänge», brülle ich. Brüllen mag er nicht, und für den asthmakranken Muezzin kann er nichts. Also suche ich an der Infotafel des Hotels die Telefonnummer meines verantwortlichen Reiseleiters heraus, rufe ihn an und bestelle ihn zum Rapport.
    Der Türke mittleren Alters ist sehr höflich und hört sich meine Geschichte an. Danach zeige ich ihm mein Zimmer, das gerade für den nächsten Gast wieder fertig gemacht wird.
    «Das sind doch drei Sterne», sagt er fast entrüstet.
    «Wie meinen Sie das?», frage ich.
    «Also, das ist ein Zimmer mit einem Fenster und einem separaten Badezimmer, also klar drei Sterne.» Ich zeige ihm den Spiegel vor dem Fenster und die Klobürste, dazu mache ich die Klimaanlage an und lasse ihn Probe liegen. «Okay, ich telefoniere», ist seine nächste Ansage.
    Er telefoniert ziemlich genau vier Stunden, ununterbrochen. Dann hat er ein neues Zimmer für mich gefunden. Er fährt mich auch gleich dorthin, es liegt irgendwo im Nirgendwo, wie ich nach einer endlosen Fahrt registriere.
    Im Hotelprospekt, den ich an der Rezeption finde, lese ich: «Anzahl Zimmer 65, davon zimmer 2,3,4 betten, mit balkon in der 1 und 2 etage, Alle Raume sind mit klimaanlage ausgestattet, sewie telefon mit satelliten TV, in bad befindet sich ein Fön.» Es gibt doch so viele Deutsch sprechende Türken, warum hat keiner mal über den Prospekt geschaut, das hätte geholfen, denke ich. In und um das Hotel ist alles rosafarben gestrichen, sogar die Zimmermädchen. Nur nicht die Klobürste. Das Bett ist phantastisch. Ich danke meinem Retter, der sich auch selbst hineinlegt, um den Unterschied zu spüren. So liegen wir beide auf meinem neuen Bett. Ihm ist das ein wenig peinlich, ich würde am liebsten liegen bleiben.
    Als der Mann wieder weg ist, ziehe ich die rosafarbenen Vorhänge zu, stelle die Klimaanlage auf 14 Grad, hänge das «Bitte-nicht-stören»-Schild an die Tür und tauche unters Betttuch. Ruhe und Wohlsein umgeben mich. Ich träume von Vier-Sterne-Strandhotels mit endlosen Zimmerfluchten und noch endloseren Büfetttischen, natürlich mit Schüsseln, die immer nachgefüllt werden. Überall stehen Bedienstete, die mir ständig Kaffee in die Tasse nachschütten, dort ein Croissant hineintauchen und es mir zum Hineinbeißen direkt vor den Mund halten. Und dann schütten sie auch noch Raki in den Kaffee, mehr und mehr. Ich trinke um mein Leben, verschlucke mich und schrecke hoch, um gleich in den nächsten Albtraum zu gleiten. Ich liege in einem riesigen Zimmer auf einer Matratze, die so dick ist, dass sie bis unter die Decke reicht. Es ist bitterkalt, am Fenster sind Eisblumen, die ständig nachwachsen. Ich will mir eine Decke holen und die Klimaanlage ausschalten, aber ich komme von dieser gewaltigen Matratze nicht herunter. Das Zimmer hat eine hohe Decke, und ich traue mich nicht zu springen. Mir wird immer kälter, mein Zittern ist viel lauter als die Klimaanlage. Aber dann heult der Muezzin und übertönt alles. Schweißgebadet wache ich in meinem rosafarbenen Hotel in der türkischen Einöde auf.

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    H einz ist fünfundvierzig und nicht übergewichtig, für sein Alter hat er sich gut gehalten. Im Job sieht man ihn in Jeans, Lederweste und Hawaiihemd. Auch bei den Schuhen bevorzugt er die bequeme Variante: Sportsandalen der Marke Ecco. Sein Arbeitsplatz ist das Straßenverkehrsamt in einer westdeutschen Kleinstadt. Es ist Dienstag, exakt eine Minute nach acht. Heinz hat seine große Früchteteetasse in der rechten Hand, «I love Birgit» steht da drauf. Im Publikumsraum sitzen schon die, die wissen, wie’s geht, Stammkunden von Heinz eben. Sie handeln mit Gebrauchtwagen und müssen täglich zu ihm, um Autos umzumelden, anzumelden und abzumelden. Sie stehen mit ihren billigen Kunstledermappen, in denen sie die Kraftfahrzeugscheine, -briefe und -kennzeichen stecken haben, schon um

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