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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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Viertel vor acht vor der Tür, lesen die Bild -Zeitung quer und machen jeden Morgen einen Sport daraus, wer es als Erster schafft, um Punkt acht Uhr die Nummer eins aus dem Kasten an der Wand zu ziehen.
    Heinz wird von allen gern gegrüßt, weil er der Mann mit den TÜV-Plaketten ist. Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen ist – und das ist in jedem deutschen Straßenverkehrsamt die Ausnahme –, kommt er ins Spiel und sorgt für grenzenlosen Freudentaumel, nicht bei seinen Stammkunden, nein, bei den ganz normalen Bürgern, die es auf eigene Faust versuchen, ihren Pkw umzumelden, und die auch nicht ihre Frau geschickt haben.
    Frauen wurden von Heinz früher immer bevorzugt behandelt, nur kamen so selten welche. Heute trauen sich viel mehr Frauen in ein Straßenverkehrsamt, es ist schon lange keine Männerdomäne mehr, aber Heinz hat mittlerweile eine eigene Frau, eben Birgit. Und mit Birgit wird er morgen früh in den wohlverdienten Urlaub fliegen. Also ist heute sein letzter Arbeitstag, und danach stehen ihm drei Wochen ohne TÜV-Plaketten bevor. Ein gutes Gefühl, der Gute-Laune-Früchtetee wäre da gar nicht mehr nötig gewesen. Wobei: Kollegin Schlotterbeck, fünfundvierzig Jahre alt, also eigentlich im besten Alter, aber vom vielen Sitzen in die Breite gegangen, muss seinen Geldbaum gießen und einen Blick auf die Ferrari-Sammlung haben. Drei Wochen ohne Wasser hält auch kein Geldbaum aus, und die Miniatur-Ferraris auf der Fensterbank hinter dem Schreibtisch von Heinz sind Objekte der Begierde, zumindest bei den Autohändlern. Für die Kollegin braucht Heinz aber nicht nur gute Laune, sondern supertolle Laune, weil Frau Schlotterbeck ihren Job hasst, ihre Kunden hasst, die Ferrarisammlung von Heinz hasst, den Geldbaum auch, weil er Staub anzieht, eigentlich auch ihren Mann, ganz sicher aber sich selbst, weil sie ihr Gewicht nicht in den Griff bekommt und immer in wallenden Gewändern durch die Gegend laufen muss. Eine Alternative zu Frau Schlotterbeck gibt es leider nicht, jede andere Sachbearbeiterin hatte schon mal die Ehre bei ihm gehabt, aber Sachen bearbeiten und Blumen gießen sind eben zwei Paar Schuhe – und jedes Jahr einen neuen Geldbaum kaufen ist Heinz zu teuer. Nein! Frau Schlotterbeck ist zwar immer mies drauf, aber sie ist verlässlich mies drauf – und denkt deshalb absolut zuverlässig an alles, was sie hasst. Also: Augen zu und durch, und Heinz schafft es mit seiner supertollen Laune auch, Frau Schlotterbeck die Worte: «Ich wünsche dir einen schönen Urlaub», abzuringen. Anhören tut sich das wie: «Ich bräuchte viel dringender Urlaub als du.»
    Um zwanzig nach vier klebt Heinz die letzte Plakette auf, Früchteteetasse ausspülen, Geldbaum noch mal gießen, damit Frau Schlotterbeck nicht sofort ran muss. Wobei Geldbäume in Büros mit geringer Luftfeuchte, weil oft überhitzt, schon so jeden dritten Tag gegossen werden sollten.
    Zu Hause spielt Ehefrau Birgit leider Frau Schlotterbeck, und zwar täuschend echt. Sie ist zwar überhaupt nicht dick, eher gutgebaut, aber genauso freudlos. Birgit hat einen krisensicheren Job als Busfahrerin, sie hat keine schreienden Kinder im Haus, sie kann die modischsten Klamotten tragen, und sie hat einen Mann, der sie auf Händen trägt. Wo liegt ihr Problem? Heinz weiß es nicht – und Birgit vermutlich auch nicht. Das Leben ist einfach so schwer. Urlaub ist ja ganz schön, aber weniger schön ist das Packen. Zwanzig Kilo Freigepäck sind für Birgit ein Witz.
    «Du weißt genau, dass ich mehr Sachen mitnehmen muss als du. Willst du jetzt, dass ich mich abends chic mache oder nicht?»
    «Klar», sagt Heinz, «aber soll ich nackt hinter dir herlaufen?»
    «Von nackt hat keiner geredet. Aber du brauchst auch nicht für jedes Outfit die passenden Schuhe. Abgesehen davon, dass du dann nicht so viel zu tragen hast.»
    «Als müsste ich deine Kleider nicht auch schleppen», nölt Heinz.
    Das hat Birgit aber überhört. Sie packt und wiegt und schafft es auf dreißig Kilo, wenn Heinz ihren schweren Kulturbeutel bei sich unterbringt. «Du kommst doch mit zehn Kilo hin, richtig?», fragt sie sicherheitshalber nach.
    Heinz weiß: Seine Frau ist nervlich ungemein belastet. In diesen letzten Stunden muss er jeglichen noch so kleinen Streit vermeiden, sonst wird das kein schöner Urlaub. Also nimmt er Birgits Kulturbeutel in seine Reisetasche und verzichtet schweren Herzens auf die Schwimmflossen.
    Nun muss eine nächste Entscheidung getroffen werden. Der

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