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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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aus konnte man einen Blick in den Schlund werfen und an seinen Innenseiten hässliche graue Pusteln erkennen. Weshalb unterschied sich die Beschaffenheit der Steilwände über und unter dem Niveau des Betrachters derart voneinander? Yonathan wusste es nicht. Ebensowenig konnte er sich erklären, warum dieses Tor des Verborgenen Landes so leicht zu erreichen gewesen war. Der Pfad führte einfach auf das Loch zu. Kein Klettern, kein Suchen. Nichts.
    Der Durchmesser des Schlundes betrug etwa eine Meile und übertraf damit die gesamte Breite des Gebirges, allerdings nur wenig. Im Osten wie im Westen ergab sich daher ein schmaler, nur etwa vierhundert Fuß messender Spalt, durch den man den Schauplatz betreten und wieder verlassen konnte – vorausgesetzt, es gelang einen der schmalen Pfade unbeschadet hinter sich zu bringen.
    Darin bestand wohl das eigentliche Problem, vermutete Yonathan. Jeder der beiden Wege war zwar nur etwa drei Ellen breit, an manchen Stellen auch sanft an- oder absteigend, aber ansonsten verliefen sie eben und schienen völlig ungefährlich zu sein. Viel zu ungefährlich!
    »Wir nehmen den rechten«, entschied Yonathan.
    »Wieso gerade den?«, wollte Yomi wissen.
    Yonathan hob die Schultern. »Ich hätte ebenso gut den linken wählen können; es ist völlig egal.«
    »Wäre es nicht besser uns zu trennen? Wenn einer der beiden Pfade eine Falle ist, dann kommen wenigstens zwei von uns durch.«
    »Nach deinem Vorschlag, Yo, wären zwei von uns schon tot, ehe wir uns überhaupt richtig in Bewegung gesetzt hätten. Glaubst du, ich würde einem solchen Plan zustimmen? Außerdem sagt die Tränenland-Prophezeiung, dass nur der siebte Verwalter – also der Richter – dem bösen Fürsten das Handwerk legen kann. Es würde uns also wenig nützen, wenn ausgerechnet ich zu der Gruppe gehörte, die nicht die andere Seite dieses Abgrunds erreicht.«
    »Trotzdem finde ich die ganze Sache ziemlich verdächtig: nur loslaufen, links oder rechts – ich werde das Gefühl nicht los, dass wir in eine unheimliche Falle tappen.«
    »Yomi hat Recht«, schaltete sich jetzt Gimbar wieder ein. »Wir sollten zunächst versuchen hinter das Geheimnis dieses Wächters zu kommen.«
    Yonathan seufzte. »Meint ihr, ich würde euer Leben einfach aufs Spiel setzen? Habt ihr so wenig Vertrauen zu mir?«
    Yomi und Gimbar waren verlegen geworden.
    Din-Mikkith dagegen zischte wie ein siedender Wasserkessel. Ihn schien Yonathans Reaktion zu amüsieren.
    »Hältst du mich etwa auch für leichtsinnig?«
    »Das trifft es nicht ganz«, antwortete der Behmisch schmunzelnd, »ungeduldig würde besser passen.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Vermutlich wolltest du, nachdem wir uns für einen der beiden Pfade entschieden haben, Haschevet zu Hilfe nehmen, um unseren Weg genauer zu erkunden.«
    »Genau das hatte ich vor.«
    »Warum schickst du dann nicht einen von uns allein ein Stück vor? Oder gehst selbst? So blieben die anderen außer Gefahr.«
    Yonathan starrte den Behmisch entgeistert an. Dann lockerten sich seine Gesichtszüge. »Mir scheint, bei irgendeinem dieser Augenkämpfe habe ich meinen Verstand verloren, ohne es zu merken. Du hast natürlich Recht, Din.«
    »Wir helfen dir ihn wiederzufinden«, tröstete ihn der Behmisch. »Wer geht also vor?«
    »Selbstverständlich ich«, sagte Yonathan. »Ihr bleibt hier und behaltet mich im Auge.« Der Griff um Haschevets Schaft wurde fester.
    »Es würde mich unheimlich beruhigen, wenn du dir vorher ein Seil umbinden würdest«, bat Yomi.
    »Eine gute Idee, Yo.«
    Yonathan schlang sich die Leine um den Leib und ging langsam auf den rechten Pfad hinaus. Vorsichtig setzte er Fuß vor Fuß, den Oberkörper leicht vorgebeugt, um den schmalen Weg besser im Blick zu haben. Gleichzeitig benutzte er die Kraft der Bewegung, um die nähere Umgebung zu ertasten. Auf diese Weise arbeitete er sich etwa eine Viertelmeile weit vor, aber er konnte nichts finden, das auch nur im Entferntesten verdächtig schien. Schließlich wandte er sich um, weil er Entwarnung geben wollte. Kaum hatte er seinen Arm zu einer entsprechenden Geste gehoben, erstarrte er.
    Die Freunde am Ostende des Loches erschraken. Gimbar glaubte schon, Yonathan wäre zu Stein erstarrt, aber dann kam wieder Leben in den Stabträger.
    »Edelsteine!«, schrie Yonathan und deutete in das Loch hinab; seine Stimme hallte unerwartet laut in der gewaltigen Rotunde.
    Die Freunde schauten sich verwundert an.
    »Verstehst du, was er meint?«, wandte

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