Isegrim
Schwarz? So wenig Fehler sind fast ein Wunder.«
Ich spüre, wie ich rot anlaufe, aber Herr Neudert lacht. »Schon gut â ist ja kein Verbrechen. Richten Sie ihr aus, meine Tochter liebt ihre Bücher.«
Uta â sie muss jetzt Mitte zwanzig sein und sieht aus wie Mitte dreiÃig mit ihrer Prinz-Eisenherz-Frisur â sagt gar nichts. Ich wette, den Punktabzug haben wir ihr zu verdanken, so finster, wie sie guckt. Vermutlich kann sie Jugendliche nicht leiden und ich frage mich, warum solche Leute ausgerechnet den Lehrerberuf ergreifen müssen und nicht lieber Bäcker werden und Teig formen statt Kinderhirne.
Wieder drauÃen auf dem Gang, reckt Tilman die rechte Faust in die Luft. »Ja!«
Saskia und ich fallen uns um den Hals. »Cool, oder?«
Und auch Kai grinst erleichtert. »Na, wenigstens hat sich der ganze Aufwand gelohnt.«
Nach Schulschluss feiern wir unsere gute Punktzahl mit einem Eisbecher im »La Gondola« auf dem Arnstädter Markt, wo es laut Tilman das beste Eis der ganzen Stadt gibt. Wir sind aufgekratzt und einfach nur froh, dass es so gut gelaufen ist mit unserem Projekt.
»Mann, bin ich happy, dass es endlich vorbei ist«, meint Tilman. »Ich hasse Prüfungen.«
»Jeder hasst Prüfungen.« Saskia verdreht die Augen. »Und das war erst der Vorgeschmack, Til, die richtigen Prüfungen kommen erst noch.«
Kai klopft seinem Kumpel auf die Schulter. »Du schaffst das schon.«
Tilman tippt auf seinem Smartphone herum und brummt. Wem simst er die gute Punktzahl? Hat er etwa eine Freundin, von der ich nichts weiÃ?
»He Jola.« Saskia stupst mich an und holt mich aus meinen Gedanken. »WeiÃt du schon, was du willst?«
»Klar. Einen Riesenschokoladeneisbecher.«
Als sich die Bedienung über die klebrige Tischplatte beugt, um sie abzuwischen, wird mir klar, warum Tilman unbedingt hierher wollte. Die Kellnerin ist langbeinig, vollbusig und platinblond. Ich grinse in mich hinein, als er mit rotem Kopf seine Bestellung stottert. Offensichtlich sind nicht nur Prüfungen für Tilman ein Problem, obwohl er ein groÃer Kerl ist und ganz passabel aussieht mit seinem sinnlichen Mund und den dunklen Augen.
Also doch keine Freundin. Wahrscheinlich hat er seiner Mutter die Punktzahl gesimst.
Als die Eisbecher gebracht werden, herrscht ein paar Minuten Stille. Genüsslich lasse ich einen Löffel Schokoladeneis auf meiner Zunge zergehen. Belohnungen sind etwas Wunderbares.
»Kommt ihr eigentlich zum Open Air am Wochenende?« Kai beiÃt in seine Eiswaffel und schaut uns einen nach dem anderen fragend an.
»Hmm«, brummt Tilman mit vollem Mund, was wohl eine zustimmende Antwort sein soll.
»Ich bin dabei.« Saskia hebt ihre Hand mit dem Eislöffel in die Höhe. »Wenn auÃer dem nervtötenden Geballer auf dem Ãbungsplatz und dem Geblöke der Schafe mal andere Klänge über unsere Hügel schallen, will ich mir das nicht entgehen lassen.« Sie grinst in Kais Richtung und er zeigt ihr den Mittelfinger.
»Was ist mit dir, Jo?« Fragend schaut mich Saskia an. »Carpe Noctem sind wieder dabei, Crayfish auch.«
»Ich gehe nur am Samstag hin, das reicht mir. Die Musik wird eh überall zu hören sein.«
Schon seit einigen Jahren veranstalten ein paar Leute aus Eulenbach zu Beginn des Sommers ein kleines Open Air mit verschiedenen Bands. Auf dem bewaldeten Hügel zwischen unseren beiden Dörfern gibt es ein Fleckchen Wiese mit einer Bühne, die allerdings die meiste Zeit des Jahres von Jugendlichen als Stelldichein genutzt wird. Während des Open-Air-Wochenendes können die Leute am Fuà des Hügels kostenlos zelten und drei Tage lang einem illustren Mix aus Folk und Ska, Indie, Metal, Blues und Rock lauschen. Für Saskia das Superhighlight des Jahres.
»Jola, wenn du magst, dann komm doch vorher bei mir vorbei!« Sie kratzt ihren Becher aus. »Ich habe schon wieder ein Klamottenpaket von meiner Cousine aus London bekommen, da ist Allerhand dabei, was mir nicht passt.« Sie macht ein übertrieben tragisches Gesicht.
»Oh ja«, Tilman nickt begeistert, »mach endlich mal ein Mädchen aus Jola. Das wird Kai sicher gefallen.« Er wirft seinem FuÃballkumpel einen auffordernden Blick zu.
»Ich mag, was Jola anhat«, bemerkt Kai ritterlich. »Es kommt schlieÃlich nicht auf die Verpackung, sondern auf den Inhalt an.« Er
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