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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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eingeleitet zu haben.
    Gerne hätte Walther ihn von dieser Last erlöst, denn er sah und spürte, wie sehr der junge Laurin darunter litt, aber er konnte Konrad nicht ins Gesicht lügen. Diese Bitterkeit würde Konrad bis zum letzten Atemzug begleiten. »Hat er«, pflichtete von Ascisberg ihm bei, »ja, das hat er. Trotzdem ist die Fehde von Krone und Kirche gedeckt. Wenn du jetzt gegen ihn zu Felde ziehst, setzt du dich selbst ins Unrecht. Du wirst den Bischof von Spira gegen dich haben, die Landesfürsten und auch Kaiser Heinrich selbst. Anders gesagt: Du wirst alleine auf weiter Flur stehen.«
    Eine Brise drückte Konrad die leicht gelockten Haare in die Stirn.
    »Dann will ich wenigstens kämpfen, bis mir das Fleisch von den Knochen gehackt worden ist.«
    Walther von Ascisberg stieß einen Seufzer aus. »Und was hast du dann erreicht?«
    Konrad schluckte, er wich dem Blick seines Lehrers aus, weil er keine Antwort fand.
    »Nichts«, setzte Walther nach, »du würdest Sophia und Marie sich selbst überlassen. Und auch Isenhart.«
    »Isenhart braucht mich nicht.« Dieses Mal waren die Worte frei von jeder Bitterkeit, sie waren eher Ausdruck des Stolzes, den er für den Freund empfand.
    »Isenhart braucht dich mehr, als du glaubst, aber das ist nicht der springende Punkt.«
    »Ich will Wilbrand von Mulenbrunnen töten.«
    Walther gab es auf. Er erhob sich. »Gut. Ich gebe dir ein gutes Pferd und das Silber, das ich entbehren kann. Dann kannst du nach Mulenbrunnen reiten und dein Glück versuchen.«
    Konrad von Laurin fühlte sich von der Plötzlichkeit des Angebots überrumpelt. Er prüfte Walthers Miene, denn wie er ihn kannte, konnte es sich bei seinen Worten auch um eine geschickte Finte handeln. Zuzustimmen, um das Gegenteil zu erreichen. Aber danach sah es nicht aus, der alte Mann war einfach des Disputs überdrüssig. Und tief in seinem Herzen wusste Konrad auch um die Erfolglosigkeit seines Vorhabens.
    Als hätte von Ascisberg seine in Widerstreit geratenen Gedanken lesen können, eröffnete er ihm einen Weg aus seinem Dilemma. »Dein Tod wäre Wilbrand von Mulenbrunnen die größte Befriedigung. Also schenke sie ihm nicht. Er weiß, dass du nach dem besten Mann kommst, dem ich in meinem Leben begegnet bin. Er ist deiner Rache gewiss, Konrad. Es gibt nur eines, was er nicht weiß: wann. Wenn du jetzt nichts überstürzt, kannst du zu der größten Geißel seines Lebens werden. Jeden Abend, wenn er aufs Lager sinkt, kann er sich nicht sicher sein, von dir im Schlaf erstochen zu werden. Und am Tag muss er seine Augen überall haben. Wer sagt ihm, dass sich unter der Kutte einer seiner Zisterzienser nicht Konrad von Laurin verbirgt? Verstehst du? Wilbrand muss nun in jedem Augenblick seines Lebens auf der Hut sein. In jedem neuen Tag steckt ein Stachel, der es ihm unmöglich macht, seine Zeit unbeschwert zu genießen, und dieser Stachel trägt deinen Namen.«
    Langsam nur sickerten die Worte und im Anschluss ihre Bedeutung in Konrads Verstand. Aber schließlich zog ein fast boshaftes Lächeln über sein Gesicht. »Ihr meint, es wäre eine größere Strafe, als ihn einfach zu töten?«
    Walther nickte: »Ich denke, er hat es verdient zu leiden, bevor eure Wege sich kreuzen. Und das werden sie, Konrad. Das werden sie. Mein Wort darauf.«
    Isenhart erfuhr erst später, worüber die beiden sich im Schatten der Trauerweide unterhalten hatten, er nahm damals nur wahr, dass Konrad gelöst und fast ein wenig heiter zu den Gebäuden zurückgekehrt war, denen sie nun, rund fünf Jahre später, wieder einmal den Rücken kehrten.
    Konrad trabte vor ihm und hatte die Anhöhe bereits überquert, sodass ihm der Blick zurück verwehrt war. Isenhart dagegen sah sich noch einmal über die Schulter, eine Geste, die er sich im Laufe der Zeit angewöhnt hatte. Ein Haselnussstrauch am Rand des Trampelpfads markierte die letzte Gelegenheit dazu.
    Heiligster erstreckte sich hinter ihm. Isenhart konnte nur eine einzige Gestalt ausmachen, die einsam im Hof stand und ihnen nachschaute. Ihr rotes Haar schimmerte in der Sonne. Und jetzt hob sie die Hand zu einem Gruß.
    Möglicherweise war seine Abweisung am Flussufer zu harsch gewesen, schoss es Isenhart durch den Kopf. Also hob auch er den Arm, um Sophia mit einer versöhnlichen Geste in Heiligster zurückzulassen.
    Gweg zog noch eine tiefe Kurve über ihren Köpfen, dann kehrte auch er zurück. Er war ihnen noch nie bis nach Spira gefolgt und sollte es auch zeit seines Lebens nie

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