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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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der Luft der Scheune lag. Es war der Geruch von Eisen.
    Fünf Jahre zuvor hatte er diesen Geruch sogar geschmeckt, als er sich den mit Annas Blut durchtränkten Schnee in den Mund gesteckt hatte.
    Isenhart trat an das Bündel heran, das sich als das entpuppte, was er befürchtet hatte: ein menschlicher Körper. Er registrierte zwar Konrads Nähe schräg hinter sich, aber seine ganze Aufmerksamkeit galt der Leiche im Stroh. Das Surren, das wie der Eisengeruch in der Luft lag, stammte von einem feinen Teppich aus einer Unzahl feiner schwarzer Punkte, die die Tote dort bedeckten, wo sich die klaffende Wunde befand. Als Isenhart einen weiteren Schritt in Richtung des Leichnams tat, stieg ein dichter Fliegenschwarm auf und ermöglichte Konrad und ihm nun freie Sicht auf die Tote.
    Lilith mochte dreizehn oder vierzehn gewesen sein, recht jung jedenfalls. Sie lag rücklings auf dem Strohhaufen, ihre leeren Augen visierten einen Punkt an der Decke der Scheune an. Ihr Oberteil war voller Blut, auch Hals und Kinn waren von Blutspritzern übersät.
    Etwas lag in Höhe ihrer Schultern zwischen den Strohhalmen. Isenhart kniete sich neben sie und identifizierte den Körperteil als ihre linke Brust. Dann zwang er seinen Blick auf den Oberkörper der Toten, bereits ahnend, dass ihn ein Albtraum einholen würde. Und so kam es: Der Mörder hatte den Torso unterhalb der amputierten Brust geöffnet, ein Loch durch die Rippenbögen gebrochen oder geschnitten und ihr das Herz entnommen.

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14.

    n etwa dieser Haltung hatte Isenhart auch Anna vorgefunden. Die riesige Wunde hatte ihn bis in seine Grundfesten erschüttert und entsetzt, aber ihn nicht davon abgehalten, seine große Liebe zu berühren und in die Arme zu schließen. Nichts an Anna hätte ihn abstoßen können, ganz gleich, wie hoch der Grad der Entstellung gewesen wäre.
    Heute lagen die Dinge anders. Lilith war eine Fremde, er stand in keinerlei Beziehung zu ihr, sodass er von dem grässlichen Anblick weiche Knie bekam.
    Der Leichengeruch bewegte sich in einem erträglichen Rahmen, was zweifellos dem Stall geschuldet war, der den Leichnam vor der Hitze der Sonnenstrahlen schützte.
    Als er zur Burg Laurin zurückgekehrt war, um nach Henrick zu suchen, und die Körper der Erschlagenen den Burghof zu weiten Teilen bedeckt hatten, war ein intensiver Würgereiz sein ständiger Begleiter gewesen. Damals besann er sich, dass er zwar durch Mund und Nase Luft in sich aufnahm, der Geruchssinn aber in der Nase verankert war. Nur durch den Mund zu atmen, so hatte er damals festgestellt, mutete dem Magen merklich weniger Kapriolen zu.
    Er hörte ein Husten hinter sich. Es war Konrad.
    »Atme durch den Mund«, riet er ihm.
    Konrad wollte zu einer Frage ansetzen, unterließ es dann aber. Wenn Isenhart in diesem Tonfall das Wort an ihn richtete, handelte es sich um einen Ratschlag, dem man bedenkenlos folgen konnte. Und so war es auch dieses Mal. Nur wenige Atemzüge später rutschte das Frühstück aus Brot, Eiern und Trauben wieder die Speiseröhre hinab.
    »Erinnert dich das an irgendetwas?«, fragte Isenhart seinen Freund. Ein kaum wahrnehmbares Zittern hatte sich dabei in seine Stimme geschlichen.
    »Nein. Wieso?«
    »Nichts weiter.« Isenhart konnte im Augenblick nicht einordnen, ob der Anblick der toten Lilith bei Konrad nicht dieselben Erinnerungen auslöste oder ob er sie verleugnete. Und beschloss, dass es weder Zeit noch Ort war, um diese Frage näher zu erörtern.
    Der Vater der Toten fragte sich, was Isenhart da trieb, der allem Anschein nach nichts weiter tat, als seine tote Tochter zu begaffen. »Seid ihr nicht da, um den Mörder zu fassen?«
    »Natürlich«, bestätigte Konrad.
    »Was wartet ihr dann noch? Hier ist der Schurke ganz gewiss nicht.«
    »Ja«, fügte die Frau hinzu, »ihr müsst ihn suchen.«
    »Und wer ist der Mörder?«, fragte Konrad.
    »Woher sollen wir das wissen?«, antwortete der junge Mann, der sie zu Hilfe gerufen hatte.
    »Wisst ihr, wo er sich versteckt? Wie sein Name ist, sein Aussehen?«
    Die Umstehenden schüttelten die Köpfe, ganz so, wie Isenhart es vermutet hatte. Ob ihr unsinniges Gerede dem Schock entsprang oder einer allgemeinen Tumbheit, konnte Isenhart nicht beurteilen.
    »Wo sollen wir ihn also suchen?«, brachte Konrad es auf den Punkt.
    Betretenes Schweigen.
    Isenharts erster Blick galt nicht der unübersehbaren Wunde, die die Öffnung des Oberkörpers hervorgerufen hatte, sondern Liliths Hals. Bis auf einige Blutstropfen war er

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