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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sein. Und hab keine Angst, mein Liebling.« Sie streichelte Merets Wange.
    »Ich habe Philae nicht mehr verlassen, seit ich zehn war. Du wirst mich also hier vorfinden, wenn du wieder zurückkommst. Das verspreche ich dir!«
    »Aber wie soll ich das anstellen?« Meret setzte sich auf. Im ersten Tageslicht sah sie so jung und verzweifelt aus, dass Sanna sie am liebsten sofort wieder in die Arme genommen hätte. »Jedes Mal, wenn ich versuche, meine Vergangenheit zu beschwören, wird alles ganz schwarz. Der Strom der Bilder fließt offenbar nur, wenn es sich um andere handelt. Mir selber gegenüber bin ich blind.«
    »Und dein Tempelschlaf? Hat er dir nichts gezeigt?«
    »Doch, aber ich kann so wenig damit anfangen. Feuer und Rauch, Soldaten, ein dunkler Fluss und glitzerndes Gold ...«
    Sie schlang die Arme um ihren Körper. »Mir wird ganz schwindelig, wenn ich nur daran denke. Es ist, als würde ich versuchen, eine verbotene Tür aufzustoßen.«
    »Dann quäl dich nicht weiter! Vielleicht kommt eines Tages alles wie von selbst. Es könnte helfen, die Orte deiner Kindheit aufzusuchen«, schlug Sanna vor. »Möglicherweise kehrt dann auch die Erinnerung zurück. Ich weiß jedenfalls, dass Ruza mit dir aus Sunu gekommen ist.«
    »Pacher«, sagte Meret nachdenklich. »Sie hat immer wieder >Pacher< gemurmelt, bevor sie das Bewusstsein verloren hat. Und noch etwas anderes. Was war es noch einmal? >Mein Bruder in Sunu. Er schuldet dir alles< — oder ähnlich.« Fast flehentlich sah sie Sanna an. »Weißt du, was das bedeuten könnte?«
    »Mir gegenüber hat sie niemals einen Bruder erwähnt.
    Aber Ruza konnte, wie wir beide wissen, sehr verschlossen sein.«
    »Kamele«, sagte Meret plötzlich. »Es hatte irgendetwas mit Kamelen zu tun. Flirrende Luft, überall Staub, Dunggeruch und lautes Tiergeblök...«
    »Hört sich ganz nach dem Kamelmarkt in Sunu an«, sagte Sanna, »dem Treffpunkt für die großen Karawanen aus dem Süden. Vielleicht solltest du genau dort mit deiner Suche beginnen.«
     
    oooo
     
    Wohin Nezem auch schaute, überall glitzerten Edelsteine, überall funkelte Gold. Es war lange her, dass er in Iuchas Räuberhöhle gewesen war, die tief in einem alten verlassenen Stollen lag. In der Zwischenzeit mussten sich die gestohlenen Grabschätze mindestens vervierfacht haben, wie er schnell überschlug.
    »Ja, inzwischen haben wir eine hübsche kleine Sammlung«, sagte der Kahle zufrieden. »Und obwohl der Bedarf ständig steigt, wird sie dank unserer Emsigkeit von Mond zu Mond größer. Ich habe übrigens meinen Beteiligungssatz bei den anderen Grabungstrupps drastisch erhöht. Du kannst dir vorstellen, wie sie zunächst gemurrt haben.« Er lachte schnarrend. »Aber was bleibt ihnen schon anderes übrig, als weiterhin brav bei mir abzuliefern?«
    »Wieso haben sie dich eigentlich nicht längst davongejagt?«, sagte der Steinmetz. »Sie wissen doch längst, wo sie graben müssen.«
    »Jetzt unterschätzt du mich aber. Sie bekommen die Pläne natürlich nur stückchenweise zugeteilt. Für jeden neuen Abschnitt müssen sie erneut Abgaben liefern.« Er lächelte selbstgefällig. »Und ich habe dafür gesorgt, dass die Pläne in sehr kleine Parzellen unterteilt sind!« Emphatisch breitete er die Arme aus. »Komm schon, bedien dich! Nur nicht so schüchtern, Nezem! Was immer du haben möchtest, es ist dein.«
    »Ich habe, was ich brauche. Ich kann mit diesem ganzen Kram nichts anfangen«, sagte der Steinmetz düster.
    »Und die Frau, die diese Juwelen hätten schmücken können, lebt schon lange nicht mehr.«
    Es ging Iucha nichts an, was er in dem dunklen Stollen empfand, dem einzigen Ort, wo er Selene ohne Bitternis nahe sein konnte. In diesem Vorhof des Totenreiches fühlte er sich mit ihr verbunden, es war ein Ort, wo niemand sie ihm jemals wegnehmen konnte.
    »Dann nimm für deine Tochter!« Der Kahle streckte ihm einen Stirnreif mit goldenen Gazellenköpfen entgegen. »Sieh doch mal, welch exzellente Arbeit! Sie muss einmal einer Ahhotep gehört haben. Jedenfalls stand der Name in einer Kartusche. Deine Kleine ist inzwischen ja so schön und anmutig wie ein junger Baum geworden. Sie könnte .«
    »Lass gefälligst Isis aus dem Spiel! Sie darf niemals etwas hiervon erfahren.« Scheinbar gekränkt wandte Nezem sich ab.
    »Du musst nicht gleich verschnupft sein, nur weil unser hübscher Plan nicht auf Anhieb funktioniert hat. Dabei lief alles gut an. Die Flusspolizei hätte ihn beinahe gehabt. Wer konnte schon

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