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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Wellen wie flüssiges Gold glänzen. Er musste sich räuspern, bevor er weitersprechen konnte.
    »D-d-du wirst auf mich warten. Schließlich werde ich ja von Tag zu Tag älter. Und irgendwann bin ich erwachsen und wohlhabend genug, um dein Mann zu werden.«
    »Das verspreche ich dir gern«, sagte Isis. »Ich heirate keinen anderen. Nur dich — falls ich überhaupt jemals heirate.«
    Erregung lag in der Luft, Schweißgeruch und das Aroma getrockneter Gewürze, die er nicht genau unterscheiden konnte. Im Licht der untergehenden Sonne schien die Wüste am anderen Flussufer bis zum Horizont zu wachsen. Nach den anstrengenden Tagen in den südlichen Steinbrüchen verspürte Khay auf dem Kamelmarkt von Sunu ein fast betäubendes Freiheitsgefühl.
    Links von ihm wurden Rennkamele mit einem Spezialgemisch aus Datteln, Eiern und Getreide gefüttert. Eines von ihnen, eine schwarze Stute, trat nach ihrem Besitzer, der sie dennoch geduldig weiterfütterte, als habe sie jedes Recht, nach ihm auszuschlagen. Es waren hochbeinige, unberechenbare Geschöpfe, die Khay an launische Frauen erinnerten.
    Er war ihrer so überdrüssig!
    Es tat gut, unter Männern zu sein, die ihr Hirsebrot kauten und ihm alle wie Krieger vorkamen. Einige trugen Ziernarben als Stammeszeichen auf der unterschiedlich dunklen Haut, andere hatten ihre Arme und Beine mit Ocker gefärbt, im gleichen Farbton, den auch ihre Tiere hatten, weil die rötliche Farbe angeblich böse Geister abhielt. Auf manchen Stuten prangte zudem ein gemaltes Udjat-Auge, Zeichen ihres hohen Wertes.
    Am Ende des Marktes lag der neu angelegte Rennplatz, auf dem er nun schon zwei Läufe verfolgt hatte, nach deren Ende die besten Stuten den Besitzer gewechselt hatten. Das dritte Rennen schien sich zu verzögern, weil eine der Favoritinnen aus unerfindlichen Gründen plötzlich lahmte. Khay benutzte die Gelegenheit, zwischen den Bretterbuden herumzuschlendern.
    An einem Stand kaufte er sich einen Fladen, gefüllt mit einer roten Füllung, die so scharf war, dass sie ihm beinahe den Gaumen verbrannte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als schnell einige Becher Bier hinterher zu trinken, das würziger schmeckte und um einiges stärker war als das seiner Heimatstadt. Er merkte es an der leichten Benommenheit, die seine Schritte unsicher machte.
    Khay hatte nichts dagegen.
    Zum ersten Mal seit langem fühlte er sich ruhig, beinahe ausgelassen. Die Schwere der vergangenen Wochen schien ebenso von ihm abzufallen wie die quälende Sehnsucht nach Isis, die ihm unerreichbarer schien als jemals zuvor.
    Gleiches galt für seinen Ärger über Nezem. Natürlich hatte er ihn zur Rede gestellt, nach jener Nacht am Ufer, als ihn nur sein beherzter Sprung in den Fluss vor einer Festnahme gerettet hatte. Der Bildhauer jedoch ließ sich nicht fassen wie ein perfekt eingeölter Ringer. Er habe sich plötzlich nicht gut gefühlt, lautete die wenig zufriedenstellende Antwort, und versucht, Khay rechtzeitig Bescheid zu sagen, ihn jedoch zu Hause nicht angetroffen. Was Iucha, bei dem Khay später unter einem Vorwand nachfragte, bestätigte. Plötzlich war Khay sich wie ein dummes Kind vorgekommen, das mit dem Kopf gegen unsichtbare Wände rannte. Alles, was sie sagten, klang so logisch, so einleuchtend.
    Warum hielt sich dann trotzdem in ihm das hartnäckige Gefühl, betrogen und verraten worden zu sein?
    Die schwere Arbeit in den südlichen Steinbrüchen hatte geholfen, das Chaos in seinem Schädel zu lichten. Es war die richtige Entscheidung gewesen, sich freiwillig zu dem Trupp zu melden, der südöstlich von Sunu den passenden Granit für Montemhets Grabmalausstattung brechen sollte. Natürlich bedeutete das, dass Khay für die Dauer der Reise seine Besuche auf dem Westufer einstellen musste. Aber war es nicht ohnehin besser, zunächst einmal Gras über die ganze Angelegenheit wachsen zu lassen?
    Wenn er wieder in Waset zurück war, musste sich allerdings einiges ändern. Künftig würde er sich nicht mehr von Nezem herumscheuchen lassen, das stand inzwischen für ihn fest. Er war entschlossen, eine Art Partnerschaft von ihm zu verlangen, was die Grabschätze anbetraf. Nach allem, was er inzwischen wusste, konnte der Erste Bildhauer ihm diese Forderung kaum abschlagen.
    Langsam kehrte Khay zum Rennplatz zurück. Ein paar Kaufleute hatten sich inzwischen am Rand versammelt, Karawanenbesitzer, wie Khay vermutete, denn sie trugen kostbare Perücken und schwere goldene Ringe. Einer von ihnen unterhielt sich

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