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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schwierig zu entziffern, zeugte aber noch immer von Herrschsucht und Anmaßung.
    Es waren hingeworfene Zeichen, aus denen die Verbitterung sprach, dass die Hand dem Gehirn nicht mehr recht gehorchte. Das seid ihr mir schuldig.
    Am liebsten hätte Horachbit sie aus dem Tempel gewiesen.
    Aber was blieb ihm anderes übrig, als die Frau des Fürsten schließlich doch zu empfangen? Er kam der verhängten Sänfte ein Stück entgegen, und nachdem die Diener sie im Tempelhof abgestellt und sich zurückgezogen hatten, um jenseits der Mauer zu warten, erschrak er, als die Vorhänge aufgerissen wurden.
    Ein abgezehrtes, faltiges Gesicht, Zerrbild der einstigen Schönheit. Nur die Augen erinnerten noch an die Frau, die er früher gekannt hatte: zwei dunkle Spiegel, in denen Rachsucht brannte. Schwer atmend lehnte Udjarenes sich zurück, während ihre Rechte ungelenk auf ein Wachstäfelchen kritzelte.
    Worauf wartet ihr noch? Ich will endlich ihren Tod erleben.
    »Du magst ja Recht haben mit deinen Forderungen«, sagte der Hohepriester unverbindlich, dem nicht gefiel, dass sie saß, während er wie ein Sklave vor ihr stehen musste. »Aber ich fürchte, du stellst dir alles viel zu einfach vor.«
    Mit einer tragischen Geste deutete Udjarenes auf ihre eingefallene Brust.
    »Dein Schicksal tut uns Leid, das musst du mir glauben«, versicherte er. »Keiner wollte, das es so kommen musste.«
    Psammetich, drückte ihr Stift in das Wachs. Ihm habe ich zu verdanken, dass ich zum Krüppel geworden bin.
    »Der Pharao? Weshalb?«
    Er hat mich gezwungen, ihren Becher auszutrinken. Sonst wäre alles noch in jener Nacht aufgeflogen — und damit auch ihr. Beeilt euch! Sonst werde ich handeln.
    »Beruhige dich!«, versuchte der Hohepriester sie zu besänftigen, obwohl sein Gefühl ihm sagte, dass nichts und niemand diese Augen jemals würde besänftigen können. »Wir sind alles andere als untätig. Schepenupet wird sterben. Aber wir müssen jedes Risiko ausschließen. Ein weiterer Fehler wäre tödlich.«
    Meine Zeit geht zu Ende. Aber ich will nicht sterben, ohne zuvor ihre Leiche verhöhnt zu haben.
    Plötzlich hasste er sie, diese launische, anspruchsvolle Frau, die nicht nur Montemhet schon seit Jahren das Leben zur Hölle machte. Was bildete sie sich ein, ihm Vorschriften machen zu wollen? Schließlich hatten damals ihre Hände das Gift in die Becher geträufelt. Ein Wort nur von ihm — und Udjarenes wäre einen Kopf kürzer.
    »Es liegt nicht an uns, dass du jetzt leiden musst«, sagte er scharf. »Denn unser Plan war perfekt. Du solltest nur eine geringe Giftdosis zu dir nehmen, um jeden Verdacht von dir abzulenken. Und hättest du dich daran gehalten, wäre dir nichts Schlimmes zugestoßen. Das kannst du an Schepenupet sehen. Sie mag kurzfristig ihren Appetit verloren haben, aber sie hat es überstanden.«
    Wenn ihr weiterhin zaudert, werde ich dem Pharao alles sagen.
    »Das würdest du niemals tun!«
    Ich habe nichts zu verlieren. Wenn ich mein Schweigen breche, müsst auch ihr sterben. Also - wann? Er konnte sie nicht länger hinhalten. In Gedanken überschlug Horachbit, was noch vorzubereiten war, und rechnete eine großzügige Extrafrist dazu. »Sagen wir, spätestens während des Opet-Festes.« Er lächelte dünn. »Welch hübscher Zufall, dass Schepenupet ausgerechnet dann ihr Leben aushauchen wird, während fröhlich die Erneuerung ihres göttlichen Gemahls zelebriert wird!«
    Zu lange!
    »Etwas Spielraum musst du uns schon lassen! Außerdem wird das allgemeine Getöse unser Vorhaben nur begünstigen.«
    Danach ist sie wirklich tot? Gebieterisch klopften die ausgezehrten Finger auf das Täfelchen.
    »Die >Gottesgemahlin< wird für immer in Osiris’ Armen ruhen. Du kannst ganz sicher sein.«
    Wie wird sie sterben?
    Horachbit graute regelrecht vor den feuchten Lippen und den aufgerissenen Augen. Udjarenes erinnerte ihn schon jetzt an die Mumie, die sie sicherlich schon bald sein würde. Kurz durchzuckte ihn der Gedanke, sie noch vor der »Gottesgemahlin« zu beseitigen, um endlich Ruhe zu haben. Dann jedoch sagte er sich, dass sie sich diesen Aufwand ebenso gut sparen konnten. Udjarenes war schon jetzt eine lebende Tote. Es war vernünftiger, sich um ihr wirkliches Problem zu kümmern: Schepenupet.
    »Besser, wenn du nicht zu viel weißt.« Er vermied, sie anzusehen. »Aber niemand sehnt ihren Tod mehr herbei als ich.«
    Horachbit weigerte sich, ihr letztes Gekritzel anzusehen, sondern winkte die Diener herbei, die die Sänfte

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