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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Holzwand stand Isis erhitzt vor ihren Töpfen. Sie lächelte, als sie die Seherin erblickte.
    Sie mochten sich, auch wenn sie kaum etwas voneinander wussten.
    »Du strahlst heute ja noch mehr als sonst«, sagte Meret.
    »Verrätst du mir den Grund?«
    »Ich werde heiraten«, antwortete Isis. »Endlich weiß ich, zu wem ich gehöre.«
    »Heiraten — wie schön! Und wen? Kenne ich ihn?«
    »Anu ist Schreiber beim Stadtfürsten. Und sehr viel mit dessen jüngerem Sohn unterwegs.« Isis Miene wurde ernster.
    »Aber bitte, sag vorerst noch niemandem etwas davon!«
    »Wollt ihr es geheim halten?«
    »Nein, aber ich muss erst den richtigen Moment abpassen, um mit meinem Vater zu reden.«
    »Weil er nur noch dich hat«, sagte Meret voller Mitgefühl. »Ich weiß, dass du deine Mutter früh verloren hast. Ein Schicksal, das uns beide verbindet.«
    Isis schien plötzlich ganz verändert.
    »Manche Geschichten sind zu traurig«, sagte sie. »Sie liegen in der Hand wie schwere Steine. Erzählt man sie, dann ist es, als würde man sie losschleudern, ohne die Richtung zu kennen, die sie nehmen werden. Aber man darf niemals vergessen, dass sie dabei möglicherweise einen Schaden anrichten, den keiner wieder gutmachen kann.« Mittlerweile rührte sie so heftig, dass die Suppe überschwappte.
    »Was hast du, Isis?«, fragte Meret.
    Sie erhielt nur ein Kopfschütteln als Antwort.
    »Ja, du hast Recht, Geschichten können verletzen«, fuhr sie fort. »Aber manchmal ist es auch sehr erleichternd, sie mit jemandem zu teilen.« Ganz sanft berührte Meret Isis an der Schulter. »Wenn dir irgendwann danach zumute sein sollte — ich kann sehr gut zuhören.«
    »Aber ich kann nicht«, sagte Isis und wandte sich jäh ab.
     
    oooo
     
    Nachdem Khay zwei Nächte nicht nach Hause gekommen war, überfiel Basa fiebrige Unruhe. Es kostete ihn Überwindung, am Morgen das leere Zimmer seines Erstgeborenen zu betreten, aber ihm blieb nichts anderes übrig. Schnell erkannte er, dass einige Sachen fehlten. Aber ihm fiel auch auf, dass Khay nur das Allernötigste mitgenommen hatte.
    Basa atmete tief aus, bevor er das Bett wegschob und begann, die Wand zu untersuchen. Nach dem ersten Klopfen stutzte er, legte das Ohr an die Wand und pochte weiter. Ein gleichmäßiges Geräusch, wohin seine Knöchel auch trafen. Alle Fugen waren dicht. Wenn es jemals einen Hohlraum hinter den Lehmziegeln gegeben hatte, dann war er inzwischen sorgfältig verschlossen worden.
    Basa wusste sofort, was das hieß: Der geraubte Grabschatz war aus seinem Haus verschwunden. Entweder hatte Khay bemerkt, dass sein Vater ihn entdeckt hatte, oder aber er hatte die gefährliche Beute aus anderen Gründen weggebracht. Was immer Basa unternahm — ihn zur Rede stellen, ihn niederschlagen oder sogar totprügeln —, er würde niemals die Wahrheit erfahren. Als kleiner Junge hatte Khay gejubelt, wenn Basa ihn durch die Luft geworfen hatte, aber er hatte sich auch schon früh vor ihm unter dem Tisch versteckt, die dünnen Arme schützend über dem Kopf erhoben.
    Und dennoch war da immer etwas gewesen, was sie beide verbunden hatte.
    Jene Nacht jedoch, in der Anu geboren wurde, hatte alles verändert. Ruza war verschwunden und mit ihr dieses seltsame Wesen, das Basa niemals als sein Kind hatte anerkennen können. Sarit war unaufhaltsam dem Wahnsinn entgegengetrieben, und er hatte Selene verloren. Und Waset, nicht zu vergessen, war grausam von den Assyrern eingenommen worden und hatte sich nie mehr ganz davon erholt.
    Den von Basa angelegten unterirdischen Gang, den Weg des Maulwurfs, hatte Montemhet damals benutzt, um die Stadt zu verraten. Jetzt grub sich sein Sohn wie ein Maulwurf durch dunkle Stollen, auf der Suche nach verbotenen Schätzen ...
    Ein Gedanke begann in Basa Gestalt anzunehmen, und ihm würde glühend heiß dabei. Aber was ihm da durch den Kopf schoss, war so wahnwitzig, so vermessen, dass er es sofort wieder verwarf. Die Idee jedoch ließ ihn nicht mehr los. Kurz erwog er sogar, mit Anu zu reden, der in letzter Zeit so auffallend gut gelaunt war, aber dann entschied er sich, es bleiben zu lassen. Jeder Mitwisser würde unweigerlich mit in den Strudel des Verbrechens gerissen, das wie ein riesiger Krake seine Tentakel bereits nach ihnen ausgestreckt hatte.
    Sein Gehirn arbeitete fieberhaft, aber dennoch wollte ihm keine Lösung einfallen, die das Schlimmste hätte abwenden können. Es gab kein Delikt, das verabscheuungswürdiger war als Grabraub, keines, das härter

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