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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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geahndet wurde. Er stand auf, ging ans Fenster und schaute hinaus.
    All die Jahre hatte er versucht, dem Grauen zu entgehen, das seine ersten Lebensjahre überschattet hatte. Dazu hatte er gelogen, betrogen, sogar getötet. Alles sinnlos, wie er inzwischen wusste. Denn seine Glückssträhne war vorüber. Er war schon längst kein Sieger mehr, sondern dabei, unaufhaltsam zu verlieren. Seitdem die Isis-Statue aus seinem Haus verschwunden war, schien ihm endgültig alles aus den Händen zu gleiten.
    Selene wird dir nie verzeihen. Ebenso wenig wie ich dir verzeihe.
    Da war sie wieder, die Stimme seiner Mutter, hämisch, voller Bosheit. Den ganzen Raum schien sie ausfüllen. Basa versuchte, sich klein zu machen, wie er es schon als Kind getan hatte, aber er konnte ihr trotzdem nicht entrinnen. Du hast sie in den Tod getrieben. Du hast Sarit erwürgt. Und mich hast du auch auf dem Gewissen. Nicht einmal eine gekaufte Mutter hat es bei dir ausgehalten. Du bist ein Scheusal, Basa, ein Ungeheuer in Menschengestalt. Ich hätte dich sofort bei der Geburt töten sollen, anstatt dir das Leben zu schenken. Aber du wirst sterben ... ihr alle werdet sterben ... Ein irres Lachen, das er nicht länger ertragen konnte. Und, was das Schlimmste daran war, er trug es tief in sich. Der Baumeister presste die Hände auf die Ohren. Aber er wurde es nicht mehr los.
     
    oooo
     
    »Ich werde heiraten, Papa.« Isis ließ den Becher sinken und stützte sich auf den Tisch. An Nezems Miene erkannte sie, dass sie festen Grund brauchen konnte.
    »Bist du endlich vernünftig geworden?« Die ersten Worte hatten beinahe noch heiter geklungen. »Und wen, wenn ich fragen darf?« Jetzt war sein Tonfall schon anders.
    »Es gibt nur einen für mich. Du kennst ihn ebenso lange wie ich — Anu.«
    »Anu.« Er wiederholte den Namen, als höre er ihn zum ersten Mal. Dann erhob er sich schwerfällig. »Das wirst du nicht tun, Mädchen!«
    Zunächst glaubte Isis, sich verhört zu haben.
    »Anu«, wiederholte sie. »Anu, mein allerbester Freund.
    Mama hat uns schon als Kinder in die gleiche Wiege gelegt, und wir ...«
    »Sei still!« Nezems Gesicht hatte sich auf gefährliche Weise verändert. Der Mund war erschlafft, die Augen traten hervor. »Nicht Anu!«
    »Und weshalb nicht? Alle mögen ihn. Und er macht seine Arbeit als Schreiber ausgezeichnet. Was hast du gegen ihn?«
    Isis war ebenfalls aufgesprungen. Ihre Augen funkelten aufgebracht. Genauso hatte Selene immer ausgesehen, wenn sie gestritten hatten, und ihn meistens zum Nachgeben gebracht.
    Heute aber durfte er sich keine Schwäche leisten. Nezem wandte sich halb ab, bevor die Erinnerung an die Tote übermächtig wurde.
    »Gegen ihn persönlich - nichts«, sagte er. »Aber eine ganze Menge gegen seinen Bruder. Und noch mehr gegen den Vater. Sie sind alle miteinander nichts wert.«
    »Aber ich will doch weder Khay noch Basa«, sagte Isis. »Mit Anu möchte ich Kinder haben und alt werden.«
    »Ich lasse nicht zu, dass du in diese Sippe kommst - niemals!« Polternd fuhr er zu ihr herum.
    »Du wirst mich nicht davon abhalten«, sagte sie mit zitternder Unterlippe. »Ich habe mir deinen Segen so sehr gewünscht. Aber ich werde auch ohne ihn an meiner Entscheidung festhalten. Willst du deine Tochter verlieren?«
    Sie sahen einander an, ohne dass einer nachgab.
    »Komm endlich zur Vernunft, Isis!«, versuchte Nezem schließlich einzulenken. »Ich habe meine Gründe, das kannst du mir glauben! Wahrhaft triftige Gründe.«
    »Dann sag sie mir!«, verlangte sie.
    »Das kann ich nicht.«
    »Weshalb?« Isis suchte seinen Blick, Nezem aber sah an ihr vorbei. »Du warst es doch, der mir von klein auf beigebracht hat, sich nicht mit Ausreden zufrieden zu geben! Bitte, Papa, rede! Mir zuliebe.«
    »Ich kann nicht.« Sein Gesicht verriet die große innere Qual.
    »Das muss dir genügen.«
    »Ist das dein letztes Wort?«
    »Du wirst Anu nicht heiraten!«
    Isis ging langsam zur Tür, verschwand kurz im Nebenraum und kam mit einem verhüllten Gegenstand zurück. Sie zögerte, bevor sie ihn auf den Tisch stellte. Dann zog sie das Tuch weg. »Deswegen?«, fragte sie. »Ist das vielleicht der Grund?«
    Ein Gurgeln war alles, was Nezem zustande brachte. Er streckte die Hand nach der Isis-Statue aus, seine Tochter jedoch zog die Figur schnell zurück.
    »Woher?«, fragte er dumpf.
    »Sag du es mir!«, verlangte sie. »Und den Rest dazu, den ich bis heute nicht verstanden habe. Du hattest alle Statuen zerschlagen, als ich nach

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