Isis
zurückgelassen, um ihnen den Mund wässrig zu machen.«
»Für wann ist eigentlich die Umbettung geplant?«, fragte der Erste.
»Der Oberst wird uns noch Bescheid geben. Und kein Wort darüber - zu niemandem! Sonst riskierst du deinen Kopf.«
Allmählich wurde es Khay unbequem, denn die Stelle, an der er stand, war sehr abschüssig. Außerdem hatte er genug gehört. Wenn er nicht bald das Weite suchte, würden sie ihn noch entdecken. Vorsichtig verlagerte er sein Gewicht, trat dabei aber Geröll los. Eine kleine Steinlawine prasselte nach unten.
»Da oben ist jemand!«, schrie eine Männerstimme.
»Hilf lieber mir!«, jammerte der andere. »Mein Kopf! Es hat mich ganz schön erwischt.«
Khay zögerte keinen Augenblick mehr. Er packte seinen Sack und rannte los, so schnell er nur konnte.
Atemlos erreichte er die Stelle, wo er sein kleines Boot vertaut hatte. Er schob den Nachen ins Wasser und ruderte los. Es schien ihm sicherer, ein ganzes Stück weiter stromabwärts anzulegen als gewöhnlich, auch wenn der Rückmarsch dann um einiges weiter war. Alles war dunkel, als er das Ostufer erreicht hatte. Von der Flusspolizei, die ebenfalls ihre Kontrollen verstärkt hatte, war niemand zu sehen. Künftig brauchte er kein Tau mehr und kein neues Versteck. Er gab dem leichten Papyrusboot einen Stoß und sah zu, wie es langsam in Richtung der Strömung dahintrieb.
Seltsamerweise fiel es ihm schwer, sich loszureißen, obwohl er sich sagte, dass es vernünftig war zu gehen, solange es noch ganz dunkel war. Die Stadt schlief, die Straßen waren leer.
Nicht einmal eine streunende Katze begegnete ihm.
In den engen Gassen, die zum Hafen führten, roch es nach Abfällen und Fisch. Khay hatte sich längst daran gewöhnt, auch wenn ihn der Schmutz und der Gestank manchmal noch störten. Von einem alten Fischer, der früher mit seinem Boot Elfenbein aus Tanub transportiert hatte, hatte er sich einen Schuppen als Unterschlupf gemietet. Und er war froh, diesen endlich zu erreichen. Als er die Tür aufstoßen wollte, löste sich ein Schatten von der Wand gegenüber.
»Du kommst spät.« Iucha lächelte breit. »Oder sollte ich lieber sagen, früh?«
Voller Misstrauen musterte Khay den Vertrauten seines Vaters. »Hat er dich etwa geschickt? Wieso weißt du überhaupt, wo ich zu finden bin?«
»Ich weiß so allerhand«, sagte der Kahle. »Und du kannst beruhigt sein: Dein Vater hat keine Ahnung, dass ich hier bin.«
»Was willst du?«
»Ich könnte dir eine Menge Schwierigkeiten abnehmen. Natürlich nur, falls du einverstanden bist.« Iuchas Blick ging zu dem Sack, den Khay unwillkürlich fester umklammerte.
»Kein Bedarf!« Khay wollte an ihm vorbei.
»Ich glaube, da täuscht du dich, mein junger Freund«, sagte der Glatzkopf langsam. »Wenngleich ich es dir nicht übel nehme, dass du mich unterschätzt - was Nezem übrigens auch lange Zeit getan hat. Und es ist ihm, wie wir beide wissen, nicht gut bekommen.«
»Nezem?« Khay starrte ihn an. »Was hattest du mit Nezem zu schaffen?«
»Dies und das«, sagte der Kahle. »Leider ist er zum Schluss ziemlich unvernünftig geworden. Aber wollen wir nicht hinein gehen und alles in Ruhe besprechen?«
Widerstrebend ließ Khay ihn eintreten. Iucha musterte das zerwühlte Bett und den nackten Lehmboden. Er setzte sich auf den einzigen Schemel.
»Was war mit Nezem?«, fragte Khay. »Hast du ihn getötet?«
»Ich?«, erwiderte der Kahle mit gespielter Empörung. »Sehe ich vielleicht aus wie einer, der sich gern die Hände schmutzig macht? Dafür gibt es andere.«
»Aber warum?«, sagte Khay. »Nezem war ...«
»Hast du eigentlich nicht ganz andere Sorgen?«, unterbrach Iucha ihn. »Das Pharaonengold brennt dir doch unter den Nägeln. Du musst es loswerden, so schnell wie möglich. Ich könnte dir dabei behilflich sein.«
»Du? Ausgerechnet du? Außerdem - ich weiß gar nicht, wovon du überhaupt sprichst.«
»Lass deine Faxen!« Die Stimme des Kahlen war scharf geworden. »Und heb dir deinen Hochmut für andere auf.
Ohne mich wäret ihr schon längst aufgeflogen. Oder wer glaubst du, hat damals dafür gesorgt, dass der kleine Idiot am Fluss so rasch zum Schweigen gebracht wurde? Ich weiß genau, was du in deinen Nächten machst, Khay. Ich weiß sogar, wo du das Zeug versteckt hast. Ein Teil ist hier in diesem unscheinbaren Sack.« Er versetzte dem Sack einen leichten Tritt. »Den Rest hast du vorsichtshalber aus der Wand geholt. Kluges Kerlchen! Ich wette, er ist jetzt
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