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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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begleiten.
     
    oooo
     
    »Er möchte, dass ich seine Tochter adoptiere?« Schepenupet war überzeugt, sich verhört zu haben. »Ausgerechnet Nitokris soll einmal >Gottesgemahlin des Amun< werden? Er muss den Verstand verloren haben!«
    »Genau das schlägt er vor«, wiederholte Montemhet geduldig. »Ich finde, dass die Argumente des Fürsten von Sai's durchdacht und sinnvoll sind. Willst du sie dir nicht erst einmal in Ruhe anhören?«
    »Weshalb? Du weißt doch ebenso gut wie ich, dass es vollkommen ausgeschlossen ist!«, sagte sie aufgebracht. »Amenardis ist seit Jahren meine älteste Tochter, so steht es in der feierlichen Adoptionsurkunde. Das rückgängig zu machen - falls man sich auf diese wahnwitzige Idee überhaupt einlassen möchte —, würde einer offenen Kriegserklärung an das Land Tanub gleichkommen. Und zudem eine junge Frau tief verletzen, die ich nicht nur als meine leibliche Nichte lieb gewonnen habe. Meine Antwort lautet: nein. Das kannst du deinem Assyrerfreund gern bestellen!«
    »Aber das verlangt doch keiner von dir!«, sagte Montemhet.
    »Du sollst keine Tochter verlieren, sondern noch eine zweite dazu bekommen.«
    »So weit hat er dich schon gebracht? Gratuliere!« Sie schob ihr Doppelkinn angriffslustig nach vorn. »Wo ist der stolze junge Löwe geblieben, der einst in Wüstennächten so machtvoll seine Stimme erhoben hat? Ich sehe nur noch eine dressierte Maus.« Sie geriet immer mehr in Rage. »Was habt ihr als Nächstes vor? Eine Würfelrunde mit dem Herrscher von Ninive? Und der Gewinner erhält als Preis die Köpfe unserer Geiseln?« Wutentbrannt wandte sie sich ab.
    Es war lange her, dass er sie so gesehen hatte. Doch war es nicht wie früher in Napata, wo sie abends am Feuer hitzige Diskussionen geführt hatten. Damals hatten sie sich oft wegen Nichtigkeiten gestritten, heute dagegen ging es um die Zukunft Kemets.
    Er streckte ihr ein Schreiben entgegen. »Von Psammetich«, sagte er. »Lies selbst! Ich könnte es mit meinen eigenen Worten nicht besser ausdrücken.«
    »Ach, Papyrus ist doch geduldig!«, sagte sie, nahm ihm den Brief aber aus der Hand und begann laut zu lesen:
    »Ich werde Amun meine Tochter als >Gottesgemahlin< geben und verspreche, sie besser auszustatten, als dies jemals zuvor geschehen ist ...
    Du willst dich kaufen lassen?«, sagte sie. »Ich hätte nie gedacht, dass du so tief sinken könntest.«
    »Weiter!«, bat er. »Das Wichtigste kommt erst.«
    »So habe ich also gehört, dort sei die Tochter Taharkas namens Amenardis als nächste >Gottesgemahlin< bestimmt.
    Ich werde nicht die Erbin von ihrem Thron vertreiben, da ich ein König bin, der die Wahrheit liebt — meine besondere Abscheu gilt der Lüge —, ein Sohn dessen, der seinen Vater verteidigt hat. Daher soll Nitokris einmal Amenardis, der Tochter Taharkas, nachfolgen so wie Schepenupet bereits ihre Nichte Amenardis zu ihrer Nachfolgerin ausersehen hat .«
    »Sie soll erst Amenardis nachfolgen, nicht mir?«
    »So ist es«, sagte Montemhet. Er war froh um die Morgenbrise, die durch die offenen Fenster zog. Gleich nach seiner Ankunft in Waset war er zu Schepenupet geritten, erleichtert, dass sie ihn trotz ihrer Verstimmung zu dieser ungewöhnlichen Zeit sofort empfing. »Das ist es, was Psammetich vorschlägt.«
    »Lass es mich in meinen eigenen Worten zusammenfassen«, sagte die »Gottesgemahlin«, »damit ich nichts Wichtiges übersehe. Der Tempel bekäme bei dieser Gelegenheit schier unermessliche Schenkungen zugesprochen, richtig?«
    »Das hat der Fürst von Sai's zugesagt. Und ich habe bislang keinen Anlass, seinem Wort zu misstrauen. Der Hohepriester versucht übrigens seit Jahren, gegen uns zu intrigieren.
    Psammetich hat mir seine gesammelten Pamphlete gezeigt.
    Nichts als ein Haufen Lügen und gemeiner Verleumdungen - Horachbit und seine Genossen schrecken vor nichts zurück.«
    »Ein raffinierter Schachzug, nein, es sind gleich mehrere Züge auf einmal! Nitokris löst als >Gottesgemahlin< die kuschitischen Prinzessinnen ab, während ihr Vater die hiesige Priesterschaft im Zaum hält und gleichzeitig seine Hand nach der Doppelkrone ausstreckt, um sie vom Haupt des schwarzen Pharaos zu reißen - und was hast eigentlich du davon, mein untreuer Geliebter?«
    »Ich möchte meine Würde zurück«, sagte er. »Den Irrtum kann ich nicht ungeschehen machen, aber ich kann alles tun, damit er sich niemals wiederholt.«
    »Und was ist mit Tanutamun? Und der Treue, die du ihm mehrfach geschworen

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