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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Empfangsraum hinunterstieg, in grünes, steifes Leinen gekleidet, das ihren dunklen Elfenbeinteint betonte, Hals, Arme und Fußgelenke mit schweren Goldreifen geschmückt.
    »>Mit hohem Wuchs und schimmernder Brust I hat sie echtes Lapislazuli zum Haar; I ihre Arme übertreffen das Gold I ihre Finger sind wie Lotoskelche<«, zitierte Hochrachbit galante
    Liebesverse, obwohl seine Miene verriet, wie ärgerlich er eigentlich war. »Es ist, als würde mir Hathor selbst erscheinen!«
    »Deine Schmeicheleien waren früher einfallsreicher.« Sie musterte ihn kühl. »Weshalb bist du gekommen?«
    »Wollen wir nicht kurz Platz nehmen? Im Sitzen redet es sich besser.«
    Nach unmerklichem Zögern führte sie ihn zur überdachten Veranda, wo Sitzkissen lagen und eine kühle Ostbrise wehte.
    Vielleicht bedauerte sie inzwischen ihre allzu schroffe Begrüßung, vielleicht war es auch Neugierde, die sie zu einem Umschwenken bewogen hatte. Auf jeden Fall ließ Udjarenes schließlich von einer Dienerin Früchte, Konfekt und Getränke bringen, wie es die Gastfreundschaft gebot. Horachbit nahm reichlich von allem. Dann fasste er sie scharf ins Auge.
    »Ich will ganz offen sein«, sagte er. »Es ist eine heikle Mission, die mich zu dir führt. Aber dir, geschätzte Udjarenes, vertraue ich mehr als jeder anderen. So sehr, dass ich sogar unser künftiges Schicksal in deine schönen Hände lege.«
    »Komm zur Sache!«, sagte sie ungeduldig. »Worum geht es?«
    Er begann und Udjarenes hörte ihm scheinbar unbewegt zu.
    Der Wind spielte in ihrer hoch aufgetürmten Perücke, die ihr schmales Gesicht beinahe erdrückte.
    »Ihr habt also beschlossen, euch der >Gottesgemahlin< zu entledigen«, sagte sie schließlich und starrte die Dattel in ihrer Hand an, als sei sie ein lästiges Insekt. »Und nun sucht ihr jemanden, der euch die schmutzige Arbeit abnimmt. Dabei seid ihr auf mich verfallen.« Ihre dunkelgrün umrahmten Augen glitzerten. »Soll ich jetzt gekränkt darüber sein oder mich geschmeichelt fühlen?«
    »Du hasst sie ebenso wie wir.« Horachbit entschloss sich, aufs Ganze zu gehen. »Was uns zusammenschmiedet. Außerdem liegen deine wie meine Wurzeln im Goldland Tanub, eine weitere Gemeinsamkeit, die uns verbindet.«
    »Und wenn schon!«, unterbrach sie ihn. »Für mich spielt es keine Rolle, dass unsere Haut vielleicht ein paar Nuancen dunkler ist als die anderer! Da brauchst du schon bessere Argumente.«
    »Auf die wollte ich eben zu sprechen kommen«, fuhr er äußerlich ruhig fort, obwohl ihre Schroffheit ihn erboste.
    »Persönliche Beweggründe müssen bei dem Vorhaben hintan stehen. Es geht schließlich um Waset, Udjarenes, und um Kernet! Wir sind überzeugt, dass der neue Pharao Psammetich hoch zufrieden sein wird, wenn seine Tochter nicht noch jahrelang auf ihr Amt warten muss.«
    »Vor allem geht es doch um eure Macht im Tempel.« Er hatte vergessen, wie direkt sie sein konnte. »Dort wäre euch ein ahnungsloses Delta-Mädchen als >Gottesgemahlin< weitaus genehmer als jene fette schwarze Prinzessin, die trotz des Ablebens ihres Bruders noch immer keiner in die Knie zu zwingen vermag. Habe ich Recht?«
    »Schepenupet ist .«
    Mit einer Handbewegung schnitt sie ihm das Wort ab. »Ich kenne sie«, sagte sie. »Was soll übrigens mit Amenardis geschehen? Denn Schepenupets Tod löst doch nur einen Teil eures Problems.«
    Horachbit schwieg beharrlich.
    »Verstehe«, sagte Udjarenes. »Ihr seid entschlossen, das Übel gleich an der Wurzel auszureißen. Seht euch vor! Es wird Gerede in der Stadt geben. Die einfachen Leute mögen das schwarze Nilpferd und seine biedere Nichte. Wenn beide plötzlich tot sind, könnte sich die Stimmung rasch gegen euch wenden.«
    »Idealerweise müsste es während des Besuchs Psammetichs passieren. Dann könnte er gleich auf die veränderte Situation reagieren.« Der Hohepriester musterte sie argwöhnisch. Es war viel, was er ihr zumutete. Wie würde sie seinen Vorschlag aufnehmen? »Und am besten in eurem Haus.«
    »Damit man Montemhet und mich als feige Mörder anprangert?« Empört schoss sie empor. »Du musst den Verstand verloren haben, Horachbit! Unsere Unterredung ist hiermit beendet. Du hast meine Schwelle niemals überschritten. Geh!«
    »Gemach, gemach! Niemand wird euch verdächtigen«, sagte er, ohne sich von der Stelle zu rühren. »Wir haben alles bis ins Detail geplant. Allerdings ist der Einsatz nicht unerheblich. Aber hat nicht alles einen hohen Preis?«
    »Wer ist >wir