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Isis

Isis

Titel: Isis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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saß sie inzwischen wieder.
    »Kann ich das erfahren? Und hör endlich auf, in Rätseln zu sprechen, sonst kannst du dich wirklich verabschieden!«
    »Die gesamte Priesterschaft des Unsichtbaren«, sagte er.
    »Wir sind der hochmütigen Schwarzen überdrüssig — mit Ausnahme von Montemhet. Natürlich weiß er von nichts.
    Und so sieht unser Plan aus ...«
    Er beugte sich zu ihr und begann ihr ins Ohr zu flüstern.
    Udjarenes musste sich beherrschen, um nicht vor seiner säuerlichen Ausdünstung zurückzuschrecken, aber was er sagte, fesselte sie mehr und mehr.
    »Es ist viel, was du da von mir verlangst«, sagte sie schließlich. »Wer garantiert mir, dass ich es unbeschadet überstehe?«
    »Dir wird nichts geschehen«, versicherte Horachbit. »Vorausgesetzt, du hältst dich genau an alles, was wir vereinbaren. Es wird wie ein perfekt geschmiedetes Komplott aussehen, an dem keinem von uns Hiesigen eine Schuld zuzuweisen ist — schon gar nicht dir.«
    Ungeduldig wie ein junges Mädchen erhob sie sich. Es bereitete ihm heimliches Vergnügen, dass ihre Knie dabei knirschten.
    »Ich muss erst einmal in aller Ruhe darüber nachdenken«, sagte sie. »Außerdem sollte man Rache stets mit kaltem Herzen und ruhiger Hand genießen. Auch warte ich schon so lange darauf, dass ich mich von niemandem mehr drängen lasse.«
    Es blieb ihm nichts anders übrig, als ebenfalls aufzustehen.
    »Vergiss aber darüber nicht, dass die Zeit knapp wird!«, sagte er. »Es gibt noch eine Menge vorzubereiten, wenn unser Vorhaben gelingen will. Wir dürfen uns keine Fehler leisten, sonst sind wir verloren, und alles bleibt, wie es ist — womit keinem von uns gedient wäre!«
    Sie zog einen der Reifen von ihrem dünnen Arm und reichte ihn Horachbit. »Ich muss ihn irgendwann im Tempelhof verloren haben«, sagte sie. »Falls ich einverstanden bin mit dem, was du mir dargelegt hast, schicke ich in zwei Tagen meine Dienerin zu dir, um den Reifen holen zu lassen. Dann weißt du, dass du auf mich zählen kannst. Alles Weitere danach.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann wirf ihn einfach in den Nil«, sagte sie mit rätselhaftem Lächeln, »und weide dich daran, wie wütend die Krokodile ihre Mäuler aufsperren, wenn sie merken, wie wenig er ihnen schmeckt.«
    »Weshalb?«, fragte Horachbit verwundert.
    »Nun, ganz einfach, um dich schon mal daran zu gewöhnen, wie die schreckliche Totenfresserin mit uns Mördern im Jenseits umspringen wird.«
     
    oooo
     
    »Du bekommst Brüste«, sagte Ruza leise. Meret errötete so sehr, dass Ruza ihre Hitze spürte. Sie atmete den Geruch des frischen Schweißes ein, den Duft der Haare und der jungen Schultern, die ganz schwach nach dem Fluss rochen. Dieses Kind ist das Einzige in meinem Leben, das mir wirklich Freude bereitet, dachte sie. Am liebsten hätte sie Meret auf der Stelle erzählt, wer sie wirklich war und woher sie kam: dass sie, Ruza, ihre Nährmutter war und sie von Anfang an gestillt hatte, wenngleich nicht geboren.
    Aber zwischen ihnen war das Schweigen schon viel zu lange zur Gewohnheit geworden.
    »Es sind nicht nur die Brüste«, sagte Meret und starrte auf ihre Füße, die schon groß waren und trotzdem nicht zu wachsen aufhören wollten. »Alles wird anders.«
    Ruza wandte sich ab. Es war der vorletzte Abend vor dem Tempelschlaf, zu dem sie ihr Kind verdammt hatten, und sie spürte, wie die Angst in ihr unaufhaltsam wuchs. Weiß Meret es?, fragte sie sich schon seit quälenden Wochen.
    Hasst sie mich deshalb?
    Manchmal war sie überzeugt, dass Meret ihr seit langem bewusst aus dem Weg ging. Sogar wenn sie allein in ihrem kleinen Haus waren, blickte sie oft weg oder konzentrierte sich auf unverfängliche Themen wie Vasen und bunte Tonfiguren. Beim Essen kaute sie unermüdlich, weil Ruza ihr eingeschärft hatte, nicht mit vollem Mund zu sprechen. Und abends schlief sie so schnell ein, dass keine Zeit für einen Plausch blieb.
    »Wann erwarten sie dich?«, fragte Ruza schließlich.
    »Übermorgen. Vor Sonnenaufgang.« Merets Blick wanderte gierig zu dem Suppentopf, der noch halb voll auf dem Tisch stand. »Ich bin so hungrig, dass ich einen ganzen Elefanten aufessen könnte! Es ist wirklich schwer, tagelang zu fasten. Ich fühle mich innen schon ganz hohl.«
    »Ich weiß«, sagte Ruza besorgt. »Aber du wirst es schaffen - so, wie du bisher alles geschafft hast.«
    Die Antwort war ein ungeduldiges Schulterzucken. Am liebsten hätte Ruza Meret an sich gerissen, in ihren Armen gewiegt wie damals als

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