Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
Hafen einbog. Aber das war nicht geschehen. Sie musste mehrmals schlucken, bevor sie wieder sprechen konnte. „Ich bin auch für Sie wertlos, was heißt, dass Sie sich viel Ärger aufgeladen haben, aber im Gegenzug dafür nichts erhalten werden. Es war alles umsonst.“
Er nahm seine Brille ab und betrachtete Deborah einen langen Augenblick. „Ich würde nicht sagen, dass alles umsonst war.“
Etwas an der Art und Weise, wie er sie anschaute, ließ sie erröten. Sie plapperte weiter, nähte. „Alles, was mir beigebracht wurde, passt einfach nicht zu der Lage, in der ich mich gegenwärtig befinde. Vielleicht heißt das, dass ich eine tabula rasa bin. Das ist Latein für …“
„Leere Tafel“, sagte er und lachte über ihre Überraschung. Er setzte sich die Brille wieder auf. „Ein weiterer Beweis für die umfassende Bildung von Höhlenmenschen.“
„Sie werden niemals aufhören, darauf herumzureiten, oder?“ Sie schämte sich ein wenig dafür, dass sie angenommen hatte, er sei ungebildet, nur weil er nicht in eine normale Schule gegangen war. Ihr Zwangsaufenthalt in dieser Hütte war eine beeindruckende Lektion darin gewesen, besser genau hinzuschauen, bevor man ein Urteil fällte. Sie hatte einen Mann entdeckt, der so gerne las und hinzulernte, wie er die geheimnisvolle Schönheit der Insel liebte. Während der langen Winter hier im Norden hatte sich Tom eine so umfassende und gründliche Bildung angeeignet, dass er jedem Mann, der ein College besucht hatte, das Wasser reichen konnte.
„Und was wollen Sie jetzt anfangen, Miss Tabula Rasa? Werden Sie die Geschichte neu schreiben und jemand Neues werden?“
„Das würde mir gefallen.“ Sie fuhr mit den Händen über den Quilt auf ihrem Schoß. Wenn sie die Wahl hätte, wer würde sie werden? „Ich war immer Arthur Sinclairs Tochter, dann Philip Ascots Verlobte. Aber ich war nie wirklich ich selbst.“
„Vielleicht sollten Sie dann herausfinden, wer Sie tatsächlich sind.“
„Das tue ich“, antwortete sie leise, und das Muster des Quilts verrutschte unter ihren Fingern. „Das finde ich heraus.“
Es war eine Stunde nach dem Morgengrauen, und Tom hatte bereits eine Renke durch das Loch geangelt, das er in das Eis gehackt hatte. Seine Finger und Zehen bereiteten ihm immer noch Probleme, Nachwehen der Erfrierungen. Er stand jetzt vor dem Ofen und wärmte sich am Feuer, wartete auf Deborah, die nach draußen zum Abort gegangen war. Als sie wieder hereinkam, sah sie noch bleicher aus als sonst, als verblasste sie allmählich zu dem Weiß des Winters. Aus dem Umstand, dass sie sich die Lippen mit der Ecke ihrer Schürze abtupfte, schloss er, dass sie sich übergeben hatte. Sie setzte sich auf einen Stuhl am Tisch. Er wollte etwas sagen, wusste aber nicht, wie er sich nach ihrem Gesundheitszustand erkundigen sollte. Vermutlich würde sie es ihm ohnehin gar nicht sagen, selbst wenn sie krank wäre.
Aber das hier war nicht das erste Mal, dass ihr nach dem Frühstück schlecht geworden war. Er konnte nicht aufhören, an seine beunruhigende Unterhaltung mit Lightning Jack zu denken, am Abend nach der Überfahrt von der Insel. Lightning irrte sich selten, wenn es um Menschen ging, und er hatte bemerkt, dass Deborah um den Mund oft grün wurde.
Ein Eiszapfen berührte Tom am Rücken. Schwanger. Nicht Deborah. Wie sollte das möglich sein? Sie war so behütet aufgewachsen, so unschuldig, ja sogar unwissend. Und schreckhaft wie die Hölle. Sie konnte kaum eine flüchtige Berührung aushalten. Sie konnte doch unmöglich …
Aber sie war verlobt gewesen, und es wäre eindeutig keine Liebesheirat geworden. Als Sinclair sie in seinem Telegramm für nicht länger heiratsfähig erklärte, hatte sie sich selbst als „ruiniert“ bezeichnet. Konnte es das sein, was sie gemeint hatte?
Die Symptome waren verräterisch. Er zerbrach sich den Kopf, ob er irgendwelche Anzeichen ihrer monatlichen Unpässlichkeit bemerkt hatte. Aber er konnte sich an nichts dergleichen erinnern.
Verdammt. Wenn Deborah Sinclair schwanger wäre, dann wäre die Aussicht, mit ihr zusammen den Winter hier zu verbringen, ein Albtraum. Er rieb seine Hände aneinander, tat so, als wäre er vollauf mit dem Feuer beschäftigt. In Wahrheit sah er die Flammen gar nicht. Deborah, fragte er sich in Gedanken wieder und wieder. Schwanger?
„Ich muss Sie etwas fragen“, platzte er schließlich ohne große Vorrede heraus, drehte sich zu ihr um.
Sie blickte auf, und wegen seines barschen Tonfalls
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