Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
Sachen verwendet werden sollten. Dort, wo er herkam, nähten sich die Frauen ihre Unterwäsche selbst, ebenso wie sie ihre Seife und Sonstiges selbst herstellten, und die Männer hatten nichts damit zu tun. Aber Deborah Sinclair war anders. Überspannt, stur und schreckhaft – lauter Eigenschaften, die er an einer Frau nicht ausstehen konnte.
Am Morgen des Tages, nachdem sie die Schleusen passiert hatten, schlug der Kutter Kurs nach Westen ein. Deborah spürte, dass die Maschinen unter voller Kraft liefen. Durch eine kleine Belüftungsluke konnte sie eine leichte Veränderung im Wind und in der Strömung wahrnehmen. Das Wasser roch seltsamerweise auch anders. Frischer vielleicht, mit dem grünen Duft der großen Kieferwälder in der Brise. Sie war nie nördlich der Schleusen gewesen, und sie war sich sicher, dass dies der merkwürdigste und wildeste Teil der Reise für sie werden würde, der sie noch weiter von zu Hause fortbrachte.
Gedanken an Seltsames und Wildes schienen Tom Silver heraufzubeschwören. Der Hund knurrte den Eindringling böse an, dann flitzte er aus dem Raum. Sie hörte schwere Schritte. Sie verspannte sich, kam sich entsetzlich verwundbar vor. Sie blieb im Bett liegen, entschlossen, ihm weiterhin den Rücken zuzukehren. Ihr Herz fühlte sich wie betäubt an von der Anstrengung ihn zu hassen. Sie konnte ihn umhergehen hören, und die Neugier verzehrte sie schier, aber sie weigerte sich, ihm die Befriedigung zu gewähren, dass sie sich umdrehte. Sie machte ein Spiel daraus, allein anhand der Geräusche herauszufinden, was er da trieb.
Ein dumpf-metallischer Schlag. Das Rauschen von Wasser, das in einen Behälter gegossen wurde, das Knistern von Papier, als ob ein Päckchen ausgewickelt wurde. Mehr Wasser, das irgendwo eingegossen wurde, und der warme Geruch von Dampf. Machte er Tee?
Er berührte sie unpersönlich an der Schulter. Sie zwang sich, nicht zurückzuzucken. „Wir sind wieder unterwegs“, war alles, was er ihr sagte. Dann verließ er die Kabine, zog die schmale Tür hinter sich zu.
Langsam und vorsichtig rollte sich Deborah herum. Auf dem Boden stand eine ovale Hüftbadewanne mit dampfendem Wasser. Daneben lagen ein Seeschwamm, ein rechteckiges Stückchen überraschend wohlriechender Seife und ein Handtuch. Verwundert hob sie ein zusammengelegtes Stück Stoff an und stellte fest, dass es sich um ein Set frischer Bettbezüge handelte. Darunter lag ein riesiges neu wirkendes Federbett. In einem weiteren Päckchen entdeckte sie ein Unterhemd, ein Unterkleid und ein blaues Wollkleid. Sie fand auch dicke warme Wollstrümpfe, ein Nachthemd und Unterwäsche aus Wolle. Dinge, die man im Winter trug. Himmel! War es möglich, dass sie vorhatten, sie noch länger gefangen zu halten?
Ein kalter Schauer erfasste sie. Sie fragte sich, ob er einen bestimmten Zweck damit verfolgte, sie ordentlich herauszuputzen. Vielleicht hatte er vor, sie zu verkaufen, vielleicht an Seepiraten oder Hinterwäldler. Ihre Fantasie ging mit ihr durch, und beinahe hätte sie den Entschluss gefasst, ungekämmt und schmutzig zu bleiben, einfach ihm zum Trotz.
Aber nur beinahe.
Das heiße Bad lockte sie mit kleinen Dampfschwaden. Sie stieß einen leisen Laut der Dankbarkeit aus, streifte sich ihre Kleider ab und ließ sich in den kleinen Behälter sinken. Die Wanne ließ ihr keinerlei Bewegungsfreiheit, aber indem sie sich geschickt duckte und vorbeugte, gelang es ihr, sich die Haare zu waschen und jeden Zoll ihrer Haut zu säubern. Nie zuvor hatte sich ein Bad besser angefühlt. Nicht einmal in der riesigen Marmorwanne im Hause ihres Vaters. Nicht einmal, wenn ihr drei Zofen geholfen hätten, hätte es besser sein können. Hier, ganz allein in dieser engen Kabine legte sie den Kopf nach hinten und ließ sich das warme seifige Wasser genüsslich über den Hals rinnen. Alle Asche und aller Schmutz des Feuers flossen weg, und sie hätte beinahe vor Freude, endlich wieder sauber zu sein, laut aufgelacht.
Sie blieb in der Wanne sitzen, bis das Wasser lauwarm geworden war und Smokey ungeduldig an der Tür kratzte. Sie wickelte sich in ein Handtuch, nahm die Kleider und betrachtete jedes einzelne Stück von allen Seiten. Die Sachen waren von der Stange, nicht eigens für sie geschneidert, und wirkten formlos und ohne erkennbaren Stil gearbeitet, aber sie waren sauber und ordentlich. Sie waren aus Baumwolle oder Wolle gefertigt statt aus Seide und Samt, aber sie wirkten praktisch. Guter Stimmung probierte Deborah die
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